Jahresberichte

Während die Medien und die internationale Gemeinschaft 2022 besonders den Konflikt in der Ukraine im Blick hatten, versuchten wir den Fokus auch auf die Bedürfnisse von Menschen in anderen krisengebeutelten Ländern weltweit zu lenken. So reagierten wir im vergangenen Jahr auf die Flutkatastrophen in Pakistan und im Südsudan, konfliktbedingte Bevölkerungsvertreibungen in der Sahelzone und Wirbelstürme in Madagaskar. Ausserdem trugen wir zur Eindämmung verschiedener Epidemien bei, darunter Hepatitis, Masern, Meningitis und Diphterie. Das vergangene Jahr brachte uns an die Grenzen unserer Belastbarkeit bei Notfällen: Unsere Teams in der Demokratischen Republik Kongo, im Tschad, in Nigeria und in vielen weiteren Ländern waren mit für die Einsatzzentrale Genf beispiellosen Notlagen konfrontiert – und fanden dennoch Lösungen.

Unsere Jahresberichte 2022

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​2022 war für Ärzte ohne Grenzen Schweiz in vielerlei Hinsicht ein aussergewöhnliches Jahr. Dank der Ende 2021 verfügbaren Geldmittel und der Grosszügigkeit unserer Spender:innen im Jahr 2022 konnte die Organisation ihre operativen Kapazitäten weltweit erheblich ausbauen und in neuen Einsatzländern aktiv werden. So betrieb Ärzte ohne Grenzen Schweiz im Berichtsjahr 111 Projekte in 31 Ländern mit Gesamtausgaben in Höhe von CHF 329,6 Millionen, wovon CHF 256,4 Millionen direkt in unsere Programme flossen. Dementsprechend sind unsere Programmausgaben gegenüber 2021 um mehr als 33 Prozent gestiegen.

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Die Mehrheit unserer Einsätze betraf Afrika, auf das 64 Prozent der Programmausgaben entfielen (CHF 163,8 Millionen). Die grössten Projekte betrieben wir in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo, CHF 26,9 Millionen) und im Südsudan (CHF 27,5 Millionen), wo wir unsere Arbeit aufgrund gewaltsamer Zusammenstösse neu ausrichten mussten. Weitere grosse Einsatzländer waren Burkina Faso, Kamerun, Kenia, der Niger und der Sudan. Unsere Aktivitäten dort reichten von Impfkampagnen über stationäre Behandlungen bis hin zu grundlegender Gesundheitsversorgung, u. a. in den Gemeinden vor Ort. Ein gemeinsamer Nenner war dabei häufig die medizinische Hilfe für Vertriebene. In Angola, Madagaskar und im Tschad weiteten wir unsere 2021 begonnenen Tätigkeiten aus.

Im Nahen Osten erreichten unsere Ausgaben CHF 51 Millionen (20 Prozent der Gesamtausgaben). Unsere grössten Einsätze betrafen den Jemen, wo sich eine der verheerendsten humanitären Krisen der Geschichte abspielt. Das dortige Projekt umfasst nunmehr auch Ernährungsprogramme. In dem Land beliefen sich die Ausgaben von Ärzte  ohne Grenzen Schweiz auf über CHF 24,5 Millionen. Auch im Libanon, wo es im Zuge einer beispiellosen politischen und wirtschaftlichen Krise zu einem Cholera-Ausbruch kam, und im Irak betrieben wir umfassende Projekte – mit Ausgaben von je über CHF 10 Millionen.

In Asien erreichten unsere Ausgaben mit CHF 10,8 Millionen 4 Prozent der Gesamtausgaben. Infolge der Überschwemmungen leisteten wir Nothilfe in Pakistan, und in Armenien und in der Inselrepublik Kiribati starteten wir neue Projekte. Auch in Amerika sind die Ausgaben 2022 auf CHF 11,6 Millionen gestiegen (5 Prozent der Gesamtausgaben). Bei unseren Einsätzen in Mexiko, Honduras und Guatemala lag der Schwerpunkt auf Migration und sexualisierter Gewalt.

In Europa beliefen sich die Ausgaben auf CHF 19,1 Millionen (7 Prozent der Gesamtausgaben). Für die Projekte in der Ukraine, die aufgrund des Krieges komplett umgestaltet werden mussten, wurden rund CHF 14 Millionen aufgewendet.

Seit einigen Jahren ist Ärzte ohne Grenze zudem mit einer Verschlechterung der Sicherheitslage insbesondere in den Ländern der Sahelzone konfrontiert, was unsere Einsätze erheblich erschwert. In Kamerun und Nigeria mussten wir mehrere Projekte schliessen, weil wir nicht länger für die Sicherheit unserer Mitarbeitenden garantieren konnten. Für die Menschen, die wir unterstützten, sind dies folgenschwere Entscheidungen, die wir jeweils nur in allerletzter Instanz treffen.

Einnahmen

Die Erträge von Ärzte ohne Grenzen Schweiz sind 2022 von CHF 301,7 Millionen im Jahr 2021 um 4,3 Prozent auf CHF 314,8 Millionen angewachsen. Dies liegt zum Teil an der grossen Spendenbereitschaft im Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ukraine. Die in der Schweiz gesammelten Privatspenden beliefen sich auf CHF 154,4 Millionen (49 Prozent der Gesamterträge), was einer Zunahme gegenüber 2021 (45 Prozent) entspricht. Daneben stammten 47 Prozent unserer Erträge aus von unseren Partnersektionen weltweit gesammelten Privatspenden. Auf institutionelle Spender:innen entfielen 4 Prozent der Gesamterträge. Dazu gehören Organismen wie die DEZA (CHF 8,3 Millionen), die kanadische Regierung (CHF 1,8 Millionen) und der Kanton Genf (CHF 1 Million).

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Ergebnis

Im Jahr 2023 werden wir mit neuen Notfällen, aber auch neuen finanziellen Herausforderungen rechnen müssen, darunter dem Kostenanstieg bei Energie, Personal und Medikamenten. Bisher sind unsere Teams 2023 bereits an mehreren Fronten gefordert, so etwa beim Erdbeben in der Türkei und in Syrien, bei einer Cholera-Epidemie und einem Zyklon in Malawi. Ärzte ohne Grenzen ist weiterhin auf die Grosszügigkeit ihrer Spender:innen angewiesen, ohne die sie ihre lebensrettenden Einsätze in den weltweit schwierigsten humanitären Krisen nicht stemmen könnte.

- Nicolas Joray, Leiter Finanzen


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