100 Frauen allein in diesem Jahr an obstetrischen Fisteln operiert

Gillian Slinger, Tchad

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Im Osten des Tschads gibt es nur wenige Krankenhäuser und Möglichkeiten, um Notkaiserschnitte durchführen zu können. Obstetrische Fisteln sind daher die direkte Folge eines gestörten Gebärvorgangs, bei dem die Geburtswehen tagelang andauern können. Aufgrund dieser Komplikationen, für die es keine Abhilfe gibt, ist die Müttersterblichkeit in diesem Teil des Landes sehr hoch.

Frauen, die diese Qualen überleben, gebären häufig ein totes Kind und ihr Geburtskanal ist nach der Entbindung dauerhaft beschädigt. Die Gewebeschäden, die einen Kontrollverlust über Blase und Darm zur Folge haben, werden als obstetrische Fisteln bezeichnet.
Seit Januar 2008 betreibt MSF das Fistel-Projekt im Regionalkrankenhaus von Abéché im Osten des Tschads. In diesem Rahmen führt ein Team chirurgische Eingriffe an Patientinnen aus, um innere Verletzungen und ihre Inkontinenz zu behandeln. Im Tschad gibt es jährlich schätzungsweise 3’000 – 4’000 neue Krankheitsfälle obstetrischer Fisteln und einen Krankheitsbestand, der auf mehrere Jahrzehnte zurückgeht. Da sich zudem bereits vor Projektbeginn mehr als 100 Frauen auf der Warteliste des Krankenhauses von Abéché eingetragen hatten, stand das Team einer Aufgabe gegenüber, die mit grossen Herausforderungen verbunden war. Um besonders gefährdeten Gemeinschaften in nächster Nähe helfen zu können, hatte MSF das Projekt überdies in einer Pilotumgebung gestartet, die erhebliche Sicherheitsrisiken aufweist und in der die Bevölkerung wenig Zugang zur Gesundheitsversorgung hat.
Die Frauen, die an obstetrischen Fisteln erkrankt in das Projekt kommen, stammen oft aus sehr entlegenen und entfernten Regionen des Tschads, und ihr Allgemeinzustand ist häufig sehr schlecht. Sie werden im sogenannten „Frauendorf“ untergebracht, in dem Patientinnen auf eine chirurgische Fistelbehandlung warten, und von einem engagierten Team betreut, zu dem auch ein auf Fisteln spezialisierter und von der Geneva Foundation For Medical Education and Research (GFMER) zur Verfügung gesteller Chirurg und Physiotherapeut gehört. Der chirurgische Eingriff dauert bei einem einfachen Krankheitsfall in der Regel eine Stunde, bei komplizierteren Fälle kann sich dies auf mehrere Stunden (und zahlreiche Folgeoperationen) ausweiten. Mithilfe eines auf Fisteloperationen spezialisierten Chirurgen und einer eingehenden postoperativen Nachbetreuung kann jedoch eine Heilungsrate von 90% und damit ein ausgezeichnetes Ergebnis erzielt werden.
Gillian Slinger, Referentin für Mutter-Kind-Gesundheit des MSF, besuchte im vergangenen Monat das Projekt, das liebevoll unter dem Namen „Projet Papillon“ (Schmetterlingsprojekt) läuft. Der Höhepunkt ihres Besuchs war eine ganz besondere Veranstaltung am 14. August, mit der die 100. Fisteloperation des Jahres feierlich begangen wurde. Das Ereignis brachte die wichtigsten lokalen Würdenträger, die Partner, das Krankenhaus, das MSF-Team und natürlich die Fistel-Patientinnen selbst zusammen.