85 Prozent der Aids-Kranken in der DR Kongo ohne Behandlung
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MSF ist äusserst beunruhigt über die Lage der HIV/Aids-kranken Menschen in der Demokratischen Republik Kongo. Die Organisation beklagt, dass sich die kongolesischen Behörden nicht genügend um diese Menschen kümmern, und kritisiert den Rückzug der Geldgeber.
Die medizinische Versorgung HIV/Aids-kranker Menschen in der DR Kongo ist katastrophal. Im Gesundheitszentrum Kabinda in Kinshasa sehen die MSF-Teams viel zu häufig Patienten, die aufgrund der fehlenden Behandlung unter schweren Komplikationen leiden. Die HIV/Aids-Infektion ist bei ihnen bereits weit fortgeschritten und führt zu unnötigem Leid, das nicht hingenommen werden kann.
Mehr als eine Million Betroffene
„Ich habe in vielen Ländern Zentral- und Südafrikas mit HIV-positiven Patienten gearbeitet, aber was ich hier in der DR Kongo sehe, gibt es anderswo seit vielen Jahren nicht mehr", bestätigt Anja De Weggheleire, medizinische Koordinatorin von MSF in der DR Kongo. „Die Lage hier erinnert mich an die Zeit, als es noch keine antiretrovirale Therapie (ART) gab. Unsere Ärzte sind Tag für Tag mit schwersten Komplikationen konfrontiert, die mit einer rechtzeitigen ART leicht zu vermeiden wären.“
Derzeit schätzt man, dass es in der DR Kongo mehr als eine Million HIV-positiver Menschen gibt und dass 350’000 von ihnen eine antiretrovirale Therapie benötigen würden. Doch nur 44’000 erhalten auch tatsächlich eine Behandlung. Diese Abdeckungsquote von weniger als 15% ist eine der niedrigsten der Welt und ist auf dem afrikanischen Kontinent nur mit Somalia und dem Sudan vergleichbar.
Auch hinsichtlich der Prävention der Mutter-Kind-Übertragung von HIV/Aids ist die Lage kritisch: Nur ein Prozent der vermutlich HIV-positiven Schwangeren wird in einem Präventionsprogramm betreut. Wenn die Mütter aber unbehandelt bleiben, werden etwa ein Drittel der Kinder mit HIV zur Welt kommen.
Trotz dieser besorgniserregenden Zahlen behandeln die Geldgeber die Demokratische Republik Kongo nicht mit der nötigen Priorität. Schlimmer noch: Manche von ihnen ziehen ihre Mittel zurück oder reduzieren sie beträchtlich, wie kürzlich der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria – der derzeitige Hauptlieferant von ARV-Medikamenten in der DR Kongo. Die Staaten, die ihn finanzieren, haben ihre Zusagen nicht eingehalten, wodurch der Fonds gezwungen wurde, sein finanzielles Engagement zu verringern.
Rückzug der Geber gefährdet viele Leben
Der Rückzug der Geldgeber gefährdet jedoch unmittelbar das Leben von Tausenden Kongolesen und Kongolesinnen. Anja De Weggheleire warnt: „Wenn nichts geschieht, sind in drei Jahren die 15’000 Menschen, die dringend eine antiretrovirale Therapie benötigen und dazu auf einer Warteliste sind, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit tot. Diese erschreckend Zahl ist dabei nur der Gipfel des Eisbergs, denn die allermeisten Menschen, die in der DR Kongo mit HIV/Aids leben, wissen ja noch gar nichts von ihrer Infektion. Viele von ihnen werden in aller Stille sterben, und niemand wird je davon erfahren.“
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die kongolesischen Behörden ihre Verpflichtung wahrnehmen und den Menschen, die mit HIV/Aids leben, kostenlos die nötige Behandlung zur Verfügung stellen. Von gleicher Dringlichkeit ist es, dass die Geldgeber umgehend die nötigen Mittel mobilisieren, um das Leben jener Menschen zu retten, die derzeit auf eine ART warten.
Die Aktivitäten von MSF in der DR Kongo
MSF ist seit mehr als 30 Jahren in der DR Kongo aktiv und leitet dort seit 1996 HIV/Aids-Programme. Als erste Hilfsorganisation behandelte MSF im Oktober 2003 in der DR Kongo HIV/Aids-Infizierte mit antiretroviralen Medikamenten. Mit Programmen zur Stützung des Gesundheitswesens und dem Aids-Projekt in Kinshasa versorgt MSF mehr als 5’000 Personen in 6 Provinzen. Dies entspricht 10% aller mit ARV-Medikamenten behandelten Patienten in der DR Kongo. In Kinshasa betreut MSF 20% aller Patienten, die in der kongolesischen Hauptstadt zurzeit eine ART erhalten.