Bulgarien: Der Winter stellt die syrischen Flüchtlinge auf eine zusätzliche Belastungsprobe

« Les gens vivent dans des camps surpeuplés et les installations sont mal équipées pour faire face au nombre de migrants et de réfugiés. »

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Trotz der Bemühungen der bulgarischen Behörden leben die Flüchtlinge unter prekären Bedingungen. MSF leistet medizinische Hilfe in den Lagern.

Fast 10’000 Migranten und Flüchtlinge sind in diesem Jahr in Bulgarien angekommen. Ein Grossteil der Menschen ist vor dem Krieg in Syrien geflohen. Der unerwartete Zustrom setzt die bulgarischen Behörden unter Druck, Unterkünfte und medizinische Versorgung zur Verfügung zu stellen. In Vorbereitung auf den Winter sind noch erhebliche Massnahmen nötig. Gleichzeitig kommen immer mehr Menschen nach Bulgarien, da der Zugang zu Europa zusehends schwieriger wird. Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat in Auffanglagern der bulgarischen Hauptstadt Sofia und in Übergangslagern im südlichen Teil des Landes erschreckende Lebensbedingungen vorgefunden. Daher hat die Organisation begonnen, in den Lagern, in denen die Umstände am schlimmsten sind, medizinische Hilfe anzubieten.

Die medizinische Koordinatorin von MSF Carla Peruzzo berichtet über die Situation vor Ort:

„Die Menschen leben in überfüllten Lagern, und die Einrichtungen sind völlig unzureichend für die grosse Anzahl Migranten und Flüchtlinge. Im Hinblick auf den Winter, der bereits begonnen hat, muss noch eine Menge passieren: Die Gebäude sind alt und renovierungsbedürftig, Duschen und Toiletten sind rar, und heisses Wasser und Kochmöglichkeiten sind extrem begrenzt.
Die bulgarischen Behörden bemühen sich tatkräftig, die Renovierung der Unterkünfte in alten, leer stehenden Gebäuden fertig zu stellen. Sie versuchen, die Zelte durch Container zu ersetzen, um den Menschen eine Unterkunft zu geben. Aber sie haben Mühe, den riesigen Anforderungen gerecht zu werden. Bulgarien ist kein wohlhabendes Land, Ärzte und Pflegefachpersonal sind schlecht bezahlt. Die wenigen, die es sich leisten können, arbeiten in ihrer Freizeit mit MSF zusammen.

Katastrophale Hygienebedingungen

Die überfüllten Lager und die erbärmlichen Hygienebedingungen verursachen Haut- und Augeninfektionen sowie Durchfallerkrankungen. Wir befürchten, dass wir mit dem wirklichen Einbruch des Winters auch zahlreiche Fälle von Lungenentzündung haben werden. Es ist sehr schwierig für die Menschen, nicht auszukühlen und eine gute Körperhygiene aufrechtzuhalten. Nachts können die Temperaturen auf minus zehn Grad und tiefer fallen. Wir tun, was wir können, und informieren die Menschen, wie man unter diesen Bedingungen den Körper bestmöglich sauber halten kann.
Wir haben auch Patienten mit schweren Krankheiten. Zum Beispiel gibt es ein 17-jähriges Mädchen mit einer seltenen Herzerkrankung. Die einzige wirksame Behandlung wäre eine Herztransplantation, die aber durch MSF nicht durchgeführt werden kann. Es ist eine schwierige Situation. Momentan ist das Mädchen auf sehr teure Medikamente angewiesen, die es sich nicht leisten kann, also stellen wir diese bereit. Aber in diesem Lager kann sie unmöglich überleben. Wir stellen deshalb ihre Patientenakte zusammen und versuchen, sie bei der Flüchtlingsbehörde der Vereinten Nationen als hoch gefährdete und hilfsbedürftige Person anerkennen zu lassen.

Psychische Beschwerden

Viele Menschen hier sind psychisch stark belastet und brauchen psychologische Hilfe. Sie sind vor dem Krieg geflohen und befürchten, nie wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können. Sie haben alles verloren. Es wenden sich also auch Menschen an uns, denen körperlich nichts fehlt. Heute kam eine Frau drei Mal mit unterschiedlichen Problemen zu uns, und am Ende brach sie einfach zusammen. Die Flüchtlinge möchten einfach das Gefühl haben, dass jemand für sie da ist. Aus diesem Grund wird unser Team bald von einem Psychologen unterstützt werden, der auf diese Beschwerden eingehen kann.
Wir sind zur richtigen Zeit nach Bulgarien gekommen. Das Wichtigste ist, dass alle Menschen in den Lagern Zugang zu der medizinischen Versorgung haben, die sie benötigen. Die bulgarischen Behörden leisten gute Arbeit, um die Bedingungen zu verbessern. Doch es muss noch viel mehr getan werden, damit die Lebensbedingungen den Mindestanforderungen entsprechen.“