Das harte Los der irakischen Zivilbevölkerung
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Für die Hunderttausenden Vertriebenen innerhalb des Iraks wird die Lage immer prekärer. MSF bemüht sich, die Aktivitäten trotz der heiklen Sicherheitslage zu verstärken.
Die zunehmende Gewalt hat im Irak laut offiziellen Angaben seit Januar 2014 bereits gegen 1,8 Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben. Fast die Hälfte von ihnen hat in Schulen, Lagern oder Rohbauten in der Autonomen Region Kurdistan Zuflucht gefunden.
Für die Hunderttausenden Menschen, die sich nun in Kurdistan in Sicherheit befinden, bleibt die Lage dennoch prekär. Schätzungen zufolge hat allein das Gouvernement Dohuk mehr als 465‘000 Vertriebene aufgenommen, und die Behörden schaffen es kaum, mit den wachsenden Bedürfnissen Schritt zu halten. Die schlechten und engen Lebensbedingungen sowie der Mangel an sanitären Einrichtungen haben ernsthafte Konsequenzen für die Gesundheit dieser Menschen. Unterdessen kündigen die sinkenden Temperaturen bereits den nahenden Winter an. Derzeit ist nur ein Lager betriebsbereit; bis zum Winteranfang sollten jedoch noch weitere fertiggebaut sein.
Krankheitsrisiko in Vertriebenenlagern
Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) verstärkt die Aktivitäten, um mit den steigenden medizinischen Bedürfnissen fertigzuwerden Die Organisation bietet in drei mobilen Kliniken im Gouvernement Dohuk Sprechstunden an. Ein MSF-Team bereitet zudem im besonders schlecht ausgerüsteten Lager Zakho den Bau von Latrinen, Duschen und Waschbereichen vor. Denn das Risiko, dass dort Epidemien ausbrechen, ist hoch.
Mehrere hunderttausend Menschen wurden zudem innerhalb von Gebieten vertrieben – viele von ihnen mehrmals –, die von Rebellengruppen kontrolliert werden und somit für internationale Hilfsorganisation aus Sicherheitsgründen kaum zugänglich sind. Dies betrifft insbesondere die Gouvernements al-Anbar, Salah ad-Din und Kirkuk.
Hunderttausende in umkämpften Gebieten gefangen
Im Zentralirak ist die humanitäre Situation immer besorgniserregender. Hunderttausende Menschen sind weiterhin in umkämpften Gebieten gefangen, wo sie kaum Möglichkeiten haben zu fliehen. Im Gouvernement al-Anbar, das von den anhaltenden Kämpfen besonders stark betroffen ist, befinden sich über 370‘000 Vertriebene, was der zweitgrössten Dichte von vertriebenen Familien entspricht.
Doch gerade in diesen Gebieten ist es wegen der unsicheren Lage äusserst schwierig, diese eingeschlossenen Menschen zu erreichen, ihre Bedürfnisse zu ermitteln und ihnen Hilfe zukommen zu lassen. So ist der Zugang zum Gouvernement Ninawa sowie zu Teilen von Salah al-Din, Dyala und Anbar für internationale Hilfswerke mit grossen Schwierigkeiten verbunden.
Mobiles Ärzteteam im Einsatz
Trotz der fragilen Sicherheitslage in Kirkuk bemüht sich MSF, der Bevölkerung grundlegende medizinische Leistungen zur Verfügung zu stellen. Dazu ist ein Team bestehend aus zwei Ärzten und zwei Pflegefachkräften an zwei Standorten – bei einer Moschee im Stadtzentrum sowie bei einer Kirche – im Einsatz und konnte allein diesen Monat über 600 Sprechstunden durchführen.
In der Provinz Anbar unterstützt MSF das Hauptspital in Heet. In der Region ist es seit dem 2. Oktober immer wieder zu schweren militärischen Auseinandersetzungen zwischen IS-Kämpfern und der irakischen Armee gekommen.
Über 100‘000 Vertriebene haben derzeit in der Stadt Heer Zuflucht gefunden. Die Stadt gilt als eine der letzten sicheren Zufluchtsorte für die sunnitische Bevölkerung.
Im September verteilte MSF Hygiene-Kits an die Vertriebenen. Zudem können mit der Unterstützung von MSF im Spital der Stadt Heet wöchentlich über 700 Sprechstunden durchgeführt werden.
Insgesamt haben die MSF-Teams im vergangenen Monat für die innerhalb des Iraks vertriebenen Menschen über 3‘500 Konsultationen durchgeführt. MSF unternimmt alle Anstrengungen, um die Aktivitäten im Irak weiter zu verstärken.
Trotz des anhaltenden Konflikts im Irak, der die Arbeit der humanitären Organisationen vor Ort stark erschwert, bemüht sich MSF, den Irakern, sowie syrischen Flüchtlingen im Irak, medizinische Hilfe zu leisten. Die Organisation ist seit 2006 im Land tätig. Sie akzeptiert keinerlei Mittel von Regierungen, religiösen Institutionen oder internationalen Gebern und finanziert ihre Projekte im Irak ausschliesslich aus privaten Spenden. Derzeit sind im Irak über 300 Mitarbeiter im Einsatz.