Ebola: Wieder am Leben
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«Die meisten Menschen sehen mich als Helden an, weil ich Ebola besiegt habe.» Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist der 20-jährige Umaru heute wieder voller Tatendrang.
«Vor ein paar Wochen wurde mein Bruder krank. Er litt an Übelkeit und eines Tages erbrach er sich direkt über mich. Ich vermute, dass ich mich so ansteckte. Einige Tage darauf bekam ich Rückenschmerzen, gefolgt von Kopfschmerzen und Fieber, und dann musste auch ich mich übergeben. Alle hatten Angst. Ich konnte nicht mehr zu Hause bleiben und beschloss, ins Ebola-Behandlungszentrum von MSF zu gehen. Dort nahm man mir Blut ab und teilte mir mit, dass ich Ebola-positiv sei. Ich wurde auf die Station mit den bestätigten Fällen verlegt, wo ich vor Albträumen kaum mehr schlafen konnte, denn ich dachte, dass man Ebola nicht überlebte. Zu der Zeit kursierten viele Gerüchte, dass man den Patienten in den Zentren etwas Tödliches injizierte. Mit mir lag eine Frau auf der Station, die ihre sieben Monate alte Tochter verloren hatte. Ich fragte mich, was wohl mit mir geschehen würde.
Die Pfleger und Ärzte sprachen mir jedoch Mut zu. Sie sagten: «Mach dir keine Sorgen, gibt nicht auf!» Am nächsten Tag wurde die Frau entlassen und bald darauf, nach zwei Wochen im Zentrum, durfte auch ich gehen. Als MSF mir ein Attest gab, das mich als Ebola-Überlebender auswies, war ich ausser mir vor Freude. Doch bald musste ich feststellen, dass die Rückkehr in den Alltag alles andere als einfach war.
Zum einen, weil ich auch nach der Entlassung noch mit Müdigkeit und Erbrechen zu kämpfen hatte. Die Ärzte von MSF gaben mir Tabletten gegen den Durchfall, das Erbrechen und die Bauchschmerzen. Heute sind diese Beschwerden verschwunden. Ich hatte das Glück, keine Haut- oder Augeninfektionen zu bekommen wie viele andere Überlebende. Vor der Ansteckung wog ich 52 Kilogramm, jetzt sind es 60. Ich bin also kräftiger geworden – oder einfach nur dicker!
Ich befürchtete aber auch, die Leute könnten Angst vor mir haben oder denken, ich würde sie anstecken. Hin und wieder habe ich immer noch schlaflose Nächte. Die meisten Menschen haben mich jedoch wieder akzeptiert und sehen mich als Helden an, weil ich Ebola besiegt habe. Meine Freunde haben mich im Behandlungszentrum und nach der Entlassung auch zu Hause besucht. Sie sind wahre Freunde. Mein Vermieter war ebenfalls froh, dass wir Ebola überlebt hatten. Normalerweise werden Menschen, die an Ebola erkrankt sind, aus ihren Häusern verjagt. Wir hatten also Glück.
Der Grossteil meiner Familie freute sich sehr, mich wiederzusehen. Alle sagten mir, ich solle viel essen, um wieder zu Kräften zu kommen. Gleichzeitig erhielt jedoch mein jüngerer Bruder von seinem Vater das Verbot, mich zu besuchen, obwohl ich wieder gesund war. Auch mein älterer Bruder hat aus Angst den Kontakt zu mir abgebrochen, obgleich wir früher ein Herz und eine Seele waren. Das hat mich nicht nur traurig gemacht, sondern auch wütend.
Seit ich entlassen bin, gehe ich jeden Dienstag ins MSF-Zentrum. Das ist besser, als zu Hause zu sitzen, wo mich das Nichtstun oft belastet. Ich bin noch nicht mit der Schule fertig, aber die ist aufgrund der Ebola-Epidemie momentan ohnehin geschlossen. Das finde ich schade. Aber hier bei MSF kann ich wenigstens anderen im Kampf gegen die Krankheit helfen.
Nach meiner Entlassung aus dem Ebola-Behandlungszentrum lernte ich Felix kennen, einen Schweizer Karikaturisten, der mit MSF hier war. Er regte mich dazu an, meine Erfahrungen mit Ebola in Bildern festzuhalten. Ich zeichnete also, wie ich krank wurde, was im Behandlungszentrum passierte und wie froh ich war, als ich entlassen wurde.
Meine Zeichnungen wurden für eine Broschüre von MSF für Ebola-Überlebende verwendet. Sie zeigt, was man tun soll – beispielsweise joggen, beten, Zeit mit Freunden und der Familie verbringen – und was man besser meiden sollte, zum Beispiel Trinken und Rauchen. Das Zeichnen hilft mir zu entspannen und gibt mir etwas Konkretes zu tun.
Jetzt, da ich die Krankheit überstanden habe, möchte ich mich weiter mit dem Zeichnen befassen und auch weiter an meiner Schauspielkarriere arbeiten. Ich habe schon in vier Filmen mitgespielt. Mein Regisseur freut sich sehr, dass ich lebe und wieder dabei bin.»
Der zwanzigjährige Umaru wurde Ende Februar im MSF-Ebola-Behandlungszentrum Prince of Wales in Freetown, Sierra Leone, erfolgreich gegen Ebola behandelt. Seither kommt er jede Woche in die Klinik von MSF. Er war einer von insgesamt vier Personen in seiner Familie, die an Ebola erkrankten und wieder gesund wurden.