Erdbeben in Nepal: MSF unterstützt Betroffene in Bergdörfern

Le transport aérien est le seul moyen d’atteindre les régions montagneuses où les routes ont été endommagées ou coupées.

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Die MSF-Teams leisten weiterhin medizinische und psychologische Hilfe, verteilen dringend benötigtes Material zum Bau von Unterkünften sowie Nahrungsmittel.

Innerhalb von weniger als drei Wochen wurde Nepal zweimal von einem schweren Erdbeben getroffen. Tausende Menschen kamen ums Leben, zehntausende wurden verletzt und Millionen verloren ihre Lebensgrundlage. Teams von Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) kamen bereits kurz nach dem ersten Beben ins Land und leisten weiterhin Hilfe für die Betroffenen. Die Teams konzentrieren sich dabei auf die Menschen in den abgelegenen Bergdörfern, die die Erdbeben am stärksten zu spüren bekommen haben und von Hilfe bislang vielfach isoliert sind.
Kurz nach dem ersten Beben begannen die MSF-Teams, per Helikopter abgeschnittene Dörfer aufzusuchen und dort erste medizinische Hilfe zu leisten sowie Unterkünfte und Nahrungsmittel zu verteilen. Aus Orten wie Singati, Marbu, Yanglakot und Lapilang wurden Patienten in kritischem Zustand in Spitäler in Kathmandu gebracht. MSF prüft nun, inwieweit die Hilfe nach dem zweiten Beben weiter angepasst werden muss.
«In einigen Gegenden sind bis zu 90 Prozent der Gebäude zerstört», so Dan Sermand, Landeskoordinator von MSF in Nepal. «Spitäler und Gesundheitszentren wurden durch die beiden Beben beschädigt und vielen Menschen der Zugang selbst zu grundlegendster Gesundheitsversorgung genommen. Bis vor Kurzem kam es in einigen Bergregionen immer noch zu Erdrutschen. In gewissen Gegenden sind ganze Ortschaften abgerutscht, was eine bereits verheerende Situation verschärft, da viele Menschen bereits bei dem ersten Beben ihre Häuser verloren hatten.»

Medizinische Versorgung

In vielen Distrikten sind Spitäler und Gesundheitszentren eingestürzt und die, die noch stehen, sind schwer beschädigt und einsturzgefährdet. In das Bhaktapur-Spital strömten nach dem zweiten Beben zahlreiche Verletzte, woraufhin MSF Verbandsmaterialien und Medikamente bereitstellte.
In den Distrikten Dhading, Gorkha, Rasuwa, Sindhupalchowk und Nuwakot leisten unsere Teams medizinische und psychologische Hilfe. Einige der Betroffenen haben dort seit dem ersten Beben keinerlei medizinische Hilfe bekommen.
Im Distrikt Dolakha, dem Epizentrum des zweiten Bebens, behandelt MSF Patienten in kritischem Zustand vor Ort und bringt Menschen mit schweren Verletzungen wie Schädelfrakturen in Krankenhäuser nach Kathmandu, wo diese weiter versorgt werden.
In Arughat im Distrikt Gorkha ist seit dem 8. Mai ein aufblasbares Spital der Organisation mit 20 Betten in Betrieb. Dort können chirurgische Eingriffe vorgenommen werden, und es verfügt über eine Entbindungs-, Notfall- und allgemeinmedizinische Abteilung. Auch psychologische Hilfe wird angeboten. MSF arbeitet ausserdem mit dem Gesundheitsministerium zusammen, um die ambulante Versorgung von Patienten zu ermöglichen und unterstützt die Versorgung mit Medikamenten, medizinische Trainings und das Überweisungssystem des Spitals. Rund 100 Patienten werden dort täglich ambulant behandelt. Die meisten von ihnen leiden unter Atemwegsinfektionen, Durchfall und bei den Erdbeben zugezogenen Verletzungen. In der Notaufnahme behandelt das Team täglich rund 15 Patienten. Auf der Entbindungsstation kam am 12. Mai das erste Baby zur Welt.
«Die meisten Gesundheitseinrichtungen im Gorkha-Distrikt sind eingestürzt und das Arughat-Spital stellt in der Region die dringend benötigte sekundäre Gesundheitsversorgung bereit. Einige Menschen erzählen uns, dass sie fünf Tage zu Fuss unterwegs waren, um das Spital zu erreichen. Das zeigt, wie schwer die Erdbeben dem Gesundheitssystem zugesetzt haben», so Dr. Manangama Guyguy, medizinischer Koordinator in Nepal.
In Dörfern der Distrikte Nuwakot, Gorkha, Rusuwa und Sindhupalchowk hat MSF mit psychologischer und psychosozialer Hilfe begonnen. Auch im Arughat-Spital bietet ein Team den vom Erdbeben traumatisierten Patienten und lokalen Mitarbeitern psychologische Betreuung an.

Unterkünfte und Nahrungsmittel

Bereits nach dem ersten Beben waren neben der Gesundheitsversorgung Notunterkünfte eines der dringendsten Bedürfnisse. Die Lage hat sich weiter zugespitzt.
«Mein Haus hatte nach dem ersten Beben Risse; das zweite Beben hat es komplett zerstört. Ich bin fassungslos, ich habe meinen Besitz und mein Vieh verloren. Aber ich bin froh, dass meine Familie nicht im Haus war, als es passiert ist. Sie waren in einem Lager für Vertriebene, da wir Angst hatten, dass das Haus einstürzt – und wir hatten recht», erzählt Rajkumar Pakhrin, Verwaltungsassistentin von MSF im Dorf Mirge im Distrikt Dolakha.
Teams der Organisation haben inzwischen mehr als 2‘300 Kits mit Hygiene-Artikeln und Materialien zum Bau von Unterkünften in 20 schwer betroffenen Dörfern in den Distrikten Rasuwa, Sindupalchok und Ghorka verteilt. Die Teams haben ausserdem in einigen Dörfern in den Distrikten Dhaging, Rasuwa und Sindupalchok mit der Verteilung von Wellblechplatten und Nägeln begonnen. Dort fanden auch Verteilungen von Nahrungsmitteln statt, vor allem von Reis und Keksen mit hohem Energiewert.

Wasser und Sanitäranlagen

Im Lager Chuchibati und in Kathmandu haben MSF-Mitarbeiter Wasser bereitgestellt und Latrinen gebaut. In einigen Dörfern im Distrikt Rasuwa wurden ausserdem Wassertanks aufgestellt. In den Gemeinden Gumpatang, Tembatang und Nimlung im Distrikt Sindhupalchowk hilft MSF beim Wiederaufbau des Wasserversorgungssystems.

Transportschwierigkeiten

Der Luftweg ist weiterhin die einzige Möglichkeit, die Bergregionen zu erreichen, in denen die Strassen beschädigt oder blockiert sind. Da grosse Helikopter nicht in den abgelegenen Dörfern landen können, wo sich ein Grossteil der Aktivitäten von MSF konzentriert, sind kleine Maschinen die einzige Option. Deren Flugkapazitäten sind jedoch stark beschränkt, was den Umfang der Ladungen begrenzt.
«In ein paar Wochen startet die Regenzeit, dann können die Menschen nicht mehr draussen leben», warnt Peter Paul de Groote, Nothilfe-Koordinator von MSF in Nepal. «Dann sind die abgelegenen Regionen sehr schwer zu erreichen. Wir tun unser Bestes, um jetzt Unterkünfte in diese Dörfer zu bringen, bevor dies nicht mehr möglich ist.»
Am 25. April 2015 wurde Nepal von einem Erdbeben der Stärke 7,8 auf der Richterskala erschüttert. Das Epizentrum lag im Distrikt Gorkha, 200 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kathmandu. Bis zum 11. Mai meldete die nepalesische Regierung 8‘019 Tote und 17‘866 verletzte Personen. Am 12. Mai gab es ein weiteres schweres Beben. Es wurde mit 7,3 auf der Richterskala gemessen und das Epizentrum lag diesmal an der Grenze zwischen den Distrikten Dolakha und Sindhupalchowk, östlich von Kathmandu. Mindestens 76 Personen kamen dabei ums Leben und rund 2‘000 Menschen wurden verletzt.