Grippevirus A (H1N1) - Generika-Produktion ist entscheidend für den Zugang zu Grippe-Medikamenten

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Nach wie vor ist unklar, ob und wie rasch sich die neue Grippe A (H1N1) ausbreiten wird. Fest steht allerdings, dass viele Entwicklungsländer keine Grippe-Medikamente auf Vorrat gelagert oder Lieferabkommen mit Herstellern abgeschlossen haben, um im Falle einer Pandemie schnelle Behandlung gewährleisten zu können.

„Sollte es zu einer Pandemie kommen, wäre das der Testfall für die globale Solidarität. Denn Entwicklungsländer würden am schwersten betroffen, da sie am wenigsten vorbereitet sind. Die Produktion von generischen Grippe-Medikamenten wird entscheidend sein, damit diese Länder nicht nur ausreichend Grippe-Medikamente bekommen sondern diese auch bezahlen können,“ sagte Michelle Childs, Advocacy-Chefin der Medikamenten-Kampagne von MSF. „Reiche Länder dürfen sich nicht auf Kosten der Entwicklungsländer freikaufen.“

Die Bevölkerung in Entwicklungsländern ist für die neue Grippe A (H1N1) wesentlich anfälliger, da viele Menschen dort bereits an Mangelernährung und Krankheiten wie Tuberkulose, HIV/Aids und Malaria leiden.

Es reicht nicht aus, sich auf Verhandlungen mit den Original-Herstellern zu verlassen, um Produktionserhöhungen und preisliche Zugeständnisse zu erreichen. Generische Hersteller, also Produzenten von Nachahmer-Produkten, müssen eine wesentliche Rolle spielen.

Auf das Grippe-Medikament Oseltamivir zum Beispiel gibt es weder in Indien noch in mehreren Entwicklungsländern ein Patent, das die Produktion oder den Verkauf einer generischen Version verbieten würde. Deshalb könnten indische Generika-Hersteller die Produktion und den Export bereits jetzt ankurbeln.

„Die Bekämpfung von Pandemien gehört zum Mandat der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Deshalb muss sie sich aktiv für die generische Produktion derjenigen Präparate einsetzen, die sie zur Behandlung der Grippe empfiehlt,“ so Childs. „Nur die WHO kann die weltweiten Bedürfnisse ermitteln und eine gerechte Verteilung der Grippemedikamente koordinieren.“

In Ländern, in denen Patente der Originalhersteller den Marktzugang für generische Produkte bislang blockieren, müssen Regierungen und / oder Patentinhaber diese Hindernisse aus dem Weg räumen. Regierungen können das tun, indem sie so genannte Zwangslizenzen erteilen, bei denen der Patentinhaber vom Generika-Hersteller Tantiemen bekommt.

Bisher haben Patentinhaber einigen Generika-Produzenten freiwillige Lizenzen erteilt, die dann aber an Bedingungen geknüpft sind.

„Die Original-Hersteller könnten den Prozess vereinfachen, indem sie öffentlich erklären, dass sie auf ihr Patentrecht verzichten und so den Zugang zu Generika nicht weiter behindern,“ sagte Childs.

Alternativ könnten Unternehmen ihr Patent in einen „Patent-Pool“ stellen – ein Modell, bei dem Patentinhaber ihre Patente gegen eine faire Nutzungsgebühr anderen Produzenten zu Verfügung stellen.

Während eine Grippe-Pandemie zweifellos bedrohlich ist, sterben täglich Tausende von Menschen in Entwicklungsländern an behandelbaren Krankheiten.

„Ob zur Behandlung von Grippe, HIV/Aids oder anderen Krankheiten: Patente dürfen den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten nicht behindern,“ betonte Childs. „Wir dürfen bei aller Aufmerksamkeit für die neue Grippe nicht die Krankheiten vergessen, die in Entwicklungsländern Millionen von Menschenleben fordern.“