Libyen: Die Herausforderungen der medizinischen Hilfe
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Die neuerlichen Gefechte in Derna bringen das Gesundheitssystem an seine Grenzen und haben zahlreiche Menschen vertrieben.
Im Osten Libyens nehmen die Spannungen weiterhin zu; damit steigt auch der medizinische Bedarf der Menschen. Die Kämpfe haben sich nun über das Stadtgebiet von Benghazi, das seit über einem Jahr Schauplatz gewaltsamer Zusammenstösse ist, bis nach Derna ausgebreitet. In dieser Hochburg des „Islamischen Staats“ (IS) kommt es seit drei Wochen zu Gefechten. Die Gewalt hat das Gesundheitssystem an seine Grenzen gebracht und zahlreiche Menschen in die Flucht getrieben, vor allem nach Benghazi.
Ein Einsatzteam von Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) ist seit zwei Monaten in Al-Bayda im Osten Libyens vor Ort. Mitte Juni begannen die Aktivitäten zur Unterstützung lokaler Spitäler. In Benghazi gibt es sieben grössere Spitäler, allerdings sind nur mehr drei funktionstüchtig. MSF stellte einem davon, dem Al-Jalah-Spital, 100 chirurgische Notfallsets zur Behandlung Verwundeter zur Verfügung. Nach den Kämpfen hatte die Einrichtung zahlreiche Verletzte versorgt und ihre Vorräte aufgebraucht. MSF spendete auch Medikamente an eine psychiatrische Klinik in Benghazi sowie an das Allgemeine Spital Al-Marj, das zwischen Benghazi und Al-Bayda liegt.
Transportprobleme erschweren Hilfe
„Wir hatten grosse Mühe bei der Lieferung dieser Medikamente und medizinischen Güter“, so Dr. Anne-Marie Pegg, Einsatzleiterin von MSF in Libyen. „Es war eine Herausforderung, ein Flugzeug zu finden, das Frachtgüter nach Libyen transportiert. Auch der Transport auf den Strassen ist aufgrund der Unsicherheit sowohl im Osten als auch im Westen sehr gefährlich.“
Mehr als vier Jahre nach dem Fall von Gaddafi ist Libyen in zwei Lager gespalten; jedes mit seiner eigenen Regierung. Eines ist in Tripolis im Westen des Landes, das andere im östlichen Tobruk. Viele Grenzlinien durchkreuzen den Staat, entlang derer der IS an Macht gewonnen hat. Die bewaffneten Zusammenstösse haben sich kürzlich im Gebiet rund um Derna verschärft – zwischen dem IS, islamischen Gruppierungen und den Regierungstruppen von Tobruk.
Kapazitäten zur Notfallversorgung aufgestockt
Die Teams von MSF arbeiten daran, sicherzustellen, dass Verwundete in der Region Derna behandelt werden können. Daher wurden die Kapazitäten zur stationären Aufnahme von Patienten sowie zur Notfallbehandlung im Al-Qubbah Gesundheitszentrum erweitert. Die Einrichtung befindet sich nahe der Frontlinie zwischen Derna und Al-Bayda.
Die Kämpfe in der Region zwingen auch Vertriebene dazu, in Al-Qubbah Zuflucht zu suchen. Die Einwohnerzahl der Stadt ist von 60‘000 auf 100‘000 Menschen gestiegen. Das führt zu einem hohen Druck auf das Gesundheitssystem, das durch die Trennung des Staates ohnehin bereits geschwächt ist. Im Osten sind die Krankenhäuser und öffentlichen Einrichtungen auf das Gesundheitsministerium der Regierung in Tobruk angewiesen, das erst seit einem Jahr besteht und dem es an Ressourcen mangelt.
MSF war bereits mehrmals in Libyen tätig, erstmals in den Jahren 2011 und 2012. In Misrata versorgten unsere Teams Verwundete und leisteten psychologische Hilfe. Sie unterstützen auch die Spitäler in Tripolis, Benghazi und anderen Städten. 2013 leistete MSF medizinische und psychologische Hilfe für Menschen mit Beschwerden, die aufgrund des Konflikts entstanden waren.