Libyen: Flüchtlinge beschossen und verletzt – Gefangene müssen sofort ausser Landes gebracht werden

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Libyen3 Min.

Gefangene Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten in einem Internierungslager in der libyschen Hauptstadt Tripolis sind beschossen und verletzt worden. Das geht aus Berichten hervor, die Teams von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) in Libyen aus dem Lager Kasr Bin Gaschir erhalten haben. Im Lager befanden sich auch Kleinkinder und Schwangere. Ärzte ohne Grenzen und andere Hilfsorganisationen haben seit mehr als zwei Wochen mehrfach dringend gefordert, die etwa 3 000 Menschen aus den Internierungslagern in Tripolis in Sicherheit zu bringen. Sie werden nahe des Kampfgebiets in Einrichtungen der von der EU unterstützten libyschen Einheitsregierung willkürlich festgehalten. Viele von ihnen wurden von der libyschen Küstenwache mit Unterstützung der EU vom Mittelmeer nach Libyen zurückgebracht.

«Wir sind mehr als schockiert. Nichts kann so einen gewaltsamen Angriff auf verletzliche Zivilisten rechtfertigen, die im Konfliktgebiet eingesperrt sind», sagt Karline Kleijer, Leiterin der für Tripolis zuständigen Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen. «Der internationalen Gemeinschaft muss ihr absolutes Nichthandeln vorgeworfen werden. Die blosse Verurteilung von Gewalt gegen Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten ist wertlos, wenn die internationale Gemeinschaft jetzt nicht sofort Massnahmen ergreift. Wir fordern inständig in akuter Dringlichkeit, die Menschen ausser Landes zu bringen. Bis dann sind sie in akuter Gefahr, erneut ins Kreuzfeuer zu geraten.»

Wir fordern inständig und in akuter Dringlichkeit, die Menschen ausser Landes zu bringen. Bis dann leben sie in Gefahr, erneut ins Kreuzfeuer zu geraten.

Karline Kleijer, Leiterin der für Tripolis zuständigen Projektabteilung von MSF

Angriff im Lager Kasr Bin Gaschir

Am Dienstag wurden Berichte über einen gewaltsamen Zwischenfall in Kasr Bin Gaschir öffentlich, wo zu diesem Zeitpunkt mehr als 700 unbewaffnete Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten gefangen waren. Unter ihnen befanden sich auch Säuglinge, Kinder und mehrere Schwangere. Zunächst ergaben die sich teilweise widersprechenden Berichte von Medien und humanitären Organisationen kein klares Bild von den Vorfällen und dem Ausmass der Verletzungen. Einige Berichte sprechen von mehreren Toten und mindestens zwölf Verletzten. Das medizinische Personal von Ärzte ohne Grenzen kommt nach der Analyse von Fotos und Videos aus Kasr Bin Gaschir zu dem Ergebnis, dass die Verletzungen, die dort zu sehen sind, allem Anschein nach Schusswunden sind. Dieses Ergebnis wird von zahlreichen Berichten von Flüchtlingen und Migranten gestützt, die den Vorfall erlebt haben und sagen, dass sie brutal und wahllos mit Schusswaffen angegriffen wurden.

Die Gefangenen des Lagers wurden am Mittwoch und Donnerstag von mehreren humanitären Organisationen in ein Internierungslager in der Stadt Sawija gebracht. Ein Team von Ärzte ohne Grenzen, das gerade in Kasr Bin Gaschir war, um die Verletzten medizinisch zu versorgen, brachte am Mittwoch 30 Menschen, darunter 12 Kinder, aus der Kampfzone. Diese Menschen befinden sich nun zwar nicht mehr in direkter Nähe der Kampfhandlungen. Dennoch sind sie ebenso wie alle anderen Menschen, die in und um Tripolis in Internierungslagern gefangen gehalten werden, nach wie vor in Gefahr. Sie müssen unter katastrophalen Bedingungen leben und sie sind den sich schnell ändernden Dynamiken der Kämpfe hilflos ausgeliefert.

Laut der Weltgesundheitsorganisation sind seit Ausbruch der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Tripolis 296 Menschen gestorben, darunter 21 Zivilisten. Weitere 1 441 Menschen wurden verletzt, 35 000 Menschen sind geflohen.

Ärzte ohne Grenzen besorgt um Zivilisten in der Kampfzone

Ärzte ohne Grenzen ist äusserst besorgt um alle Zivilisten, die in der Kampfzone eingeschlossen sind, während der wahllose Beschuss und die Luftangriffe in dicht besiedelten Gebieten von Tripolis anhalten. Laut der Weltgesundheitsorganisation sind seit Ausbruch der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Tripolis 296 Menschen gestorben, darunter 21 Zivilisten. Weitere 1 441 Menschen wurden verletzt. Der Internationalen Organisation für Migration zufolge sind mehr als 35 000 Menschen geflohen.

Ärzte ohne Grenzen ruft alle Konfliktparteien auf, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren und sicherzustellen, dass Zivilisten sowie zivile Infrastruktur geschützt werden. Medizinisches Personal und humanitäre Helferinnen und Helfer müssen die Möglichkeit haben, auf beiden Seiten der Front lebensrettende medizinische Hilfe zu leisten.