MSF 40 Jahre: Chronologie
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MSF ist aus der Empörung einer Gruppe von Ärzten entstanden, die in den 1960er Jahren mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in der damals unabhängigen Republik Biafra tätig waren. Schockiert über die Schrecken des Bürgerkriegs und der daraus resultierenden Hungersnot gründeten sie im Jahr 1971 ihre eigene Organisation. MSF leistet seither nicht nur medizinische Hilfe, sondern versucht immer wieder, die Öffentlichkeit auf humanitäre Missstände aufmerksam zu machen. Mit dem Ziel, deren Verlauf zu beeinflussen.
1971: Gründung von MSF
Eine Gruppe französischer Ärzte und Journalisten gründet Médecins Sans Frontières mit dem Ziel, unabhängige medizinische Hilfe zu leisten und Notstände aufzuzeigen. Die Gründungsmitglieder waren empört über die Situation während des Biafra-Krieges (Nigeria, 1967-1970) und der daraus folgenden Hungersnot.
1976: An vorderster Front in Libanon
Während des Bürgerkriegs in Libanon (1976-1984) leistet MSF zum ersten Mal einen Grosseinsatz in einem Kriegsgebiet. Die Verletzten werden in der Hauptstadt Beirut und in anderen Städten des Landes versorgt. MSF macht sich einen Namen als unabhängige Organisation, indem sie die Verletzten aller Gruppierungen behandelt.
1979: Krieg in Afghanistan
Im Dezember 1979 marschiert die sowjetische Armee in Afghanistan ein. MSF sendet Teams und medizinische Ausrüstung ins Land. Um die von den Sowjets kontrollierten Strassen zu meiden, organisiert MSF heimliche Karawanen von Pakistan aus über die Berge. Es dauert Wochen, bis die Gipfel überwunden und die ersten vom Krieg betroffenen Dörfer erreicht sind. Dies ist der Beginn einer beinahe ungebrochenen Präsenz der Organisation in Afghanistan.
1981: Gründung der Schweizer Sektion
Die Statuten werden offiziell am 3. Juli 1981 festgelegt. Anfangs hat der Verein zum Ziel, Spendengelder für MSF Frankreich zu sammeln und Schweizer Ärzte und Krankenschwestern in die Projekte der französischen und belgischen Sektionen zu entsenden. MSF Schweiz lässt sich in Genf in einem kleinen Büro am Chemin Malombré nieder und wird ausschliesslich von Freiwilligen betrieben.
1984: Einsatz in Kamerun
Der erste Einsatz von MSF Schweiz: Die kleine Sektion unterhält ein Spital im Norden von Kamerun. Später, zu Beginn des Jahres 2000, behandelt MSF rund 50 HIV-positive Menschen mit Tritherapien – ein Novum in Afrika. Auch heute ist MSF in Kamerun aktiv. Die Organisation kümmert sich um die vernachlässigte Krankheit Buruli-Ulkus und behandelt Aids-Patienten, die Resistenzen gegen ihre Medikamente entwickelt haben.
1985: Landesverweis in Äthiopien
MSF wird von der äthiopischen Regierung des Landes verwiesen, nachdem die Organisation die Instrumentalisierung der humanitären Hilfe verurteilt hat. MSF hatte 1984 einen Einsatz in den therapeutischen Ernährungszentren der lokalen Behörden organisiert, um gegen die Hungersnot zu kämpfen. Doch die Regierung benutzte die Lager, um Menschen zu verschleppen, die der Unterstützung der Rebellen verdächtigt wurden.
1990: Projekte in der Schweiz
Die MSF-Teams helfen auch vor der eigenen Haustür: 1990 sieht sich der Kanton Genf mit einem derartigen Flüchtlingsstrom konfrontiert, dass MSF gebeten wird, die medizinische Betreuung der Neuankömmlinge zu übernehmen. 2003 eröffnet MSF in Fribourg eine ärztliche Einrichtung für illegale Einwanderer und für andere benachteiligte Personen. Eine weitere Einrichtung dieser Art folgt 2006 in Zürich. Diese wird 2009 vom Roten Kreuz Zürich übernommen.
1994: Eröffnung einer Zweigstelle in Zürich
1994 wird die Schweizer Sektion mit der Eröffnung eines Büros in Zürich erst richtig zur schweizweiten Organisation. Ziel ist, das Potenzial der Deutschschweiz sowohl bei der Spendensuche wie auch bei der Rekrutierung von Mitarbeitern auszuschöpfen. Heute zählt das Zürcher Büro rund zehn Festangestellte und mehrere Freiwillige. Mittlerweile gibt es auch im Tessin eine Zweigstelle mit Freiwilligen.
1999: MSF erhält Friedensnobelpreis
Am 15. Oktober 1999 wird die Organisation für ihr Gesamtwerk mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Während der Zeremonie in Oslo am 10. Dezember 1999 verurteilt Dr. James Orbinski, internationaler Präsident von MSF, die willkürlichen Bombenangriffe der russischen Truppen auf die tschetschenische Stadt Grosny – eine Rede getreu dem Berichterstattungsprinzip der Organisation.
1999: Lancierung der Medikamenten-Kampagne
MSF startet mit dem Preisgeld des Friedensnobelpreises die Kampagne für den Zugang zu unentbehrlichen Medikamenten. Ziel ist, von Pharmafirmen eine Preisreduktion insbesondere für HIV/Aids-Medikamente zu erhalten, damit diese auch Patienten in Entwicklungsländern zugänglich sind. 2003 nimmt MSF an der Gründung der Initiative Drugs for Neglected Diseases teil. Die Stiftung hat zum Ziel, die Forschung zu vernachlässigten Krankheiten voranzutreiben.
2002: Hungersnot in Angola
Nach 27 Jahren Bürgerkrieg wird in Angola ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. In den Gebieten, die aufgrund der Kämpfe lange unerreichbar waren, findet MSF beunruhigend hohe Mangelernährungsraten vor. Tausende durch die Kriegsjahre geschwächte Personen strömen in die Ernährungszentren von MSF. In Angola findet der bis dahin grösste Einsatz der Organisation statt. Sechs lokale Mitarbeiter kommen dabei ums Leben; sie werden im November 2002 in der Nähe von Mavinga im Südosten des Landes durch eine Mine getötet.
2003: Ein Spital inmitten der Gefechte der D.R. Kongo
2003 eröffnet MSF das Spital Bon Marché in Bunia im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Die Einrichtung ist ein Hafen des Friedens in einem Land, das von nicht enden wollenden Kriegen verwüstet ist. Die Behandlungen sind allen Personen – ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit – zugänglich. 2010 wird die Tätigkeit des Bon Marché von einem anderen Spital der Stadt übernommen.
2004: Befreiung von Arjan Erkel
Am 11. April 2004 wird Arjan Erkel befreit, Einsatzeiter von MSF in Dagestan, der 20 Monate zuvor entführt worden war. Doch die Freude ist von kurzer Dauer, da die niederländische Regierung MSF vor Gericht lädt, um das für die Befreiung ihres Staatsbürgers bezahlte Lösegeld einzufordern. Nach langen Auseinandersetzungen gibt die schweizerische Justiz der niederländischen Regierung teilweise Recht. MSF ist gezwungen, einen Teil des Geldes zu bezahlen. Doch für die Ärzteorganisation liegt die Sorge anderswo: Dieser Entscheid gefährdet die humanitären Helfer vor Ort.
2005: Solidaritätswelle für Tsunami-Opfer
Der Tsunami, der am 26. Dezember 2004 die Küsten Südostasiens verwüstete, löst weltweit eine noch nie dagewesene Welle der Solidarität aus. Nachdem MSF genügend Spenden für die Finanzierung der medizinischen Einsätze erhalten hat, bittet die Organisation die Öffentlichkeit, nicht mehr für Südostasien zu spenden, sondern für andere, weniger stark mediatisierte Gebiete in Not.
2010: Erdbeben in Haiti
Am 12. Januar 2010 wird Haiti von einem schweren Erdbeben erschüttert. MSF, seit vielen Jahren auf der Insel präsent, behandelt die Verletzten schon wenige Stunden nach der Katastrophe. Die Schweizer Sektion startet einen Einsatz in der Stadt Leogane, die dem Epizentrum am nächsten liegt, und errichtet ein neues Containerspital. Es ist der grösste Nothilfe-Einsatz in der Geschichte von MSF.