Niger: Hoffnung auf weniger Meningitis-A-Epidemien dank neuem Impfstoff

Vaccination méningite: 627'000 personnes âgées de 1 à 29 ans ont été immunisées entre le 7 et le 17 décembre, Niger 2010

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MSF hat sich an der Impfung von mehr als einer halben Million Menschen gegen die Meningitis A im Westen von Niger beteiligt. Im Jahr 2011 wird diese Kampagne im ganzen Land wie auch in den Nachbarländern Mali und Tschad fortgeführt.

Es ist fast Mittag. Die Luft ist trocken und rau. Am Strassenrand, unter einem provisorischen Schutz aus Ästen, warten fünf Frauen geduldig auf die Ankunft der letzten Kandidaten für die Impfung. Wir befinden uns in Tourobon, einem Dorf in der Region Dosso im Westen von Niger. Der letzte Tag der Impfkampagne gegen die Meningokokken-Meningitis Typ A hat begonnen. Zwei Frauen führen die Impfung durch: eine Laborantin und eine Protokollantin, welche Anzahl, Alter und Geschlecht der geimpften Personen registriert. Die beiden erklären dem MSF-Team , dass sie heute erst 39 Personen geimpft haben.

„Jetzt sind wir bald fertig! Wir sind sicher, dass wir alle Kinder und Frauen unter 30 Jahren aus diesem Dorf und der Umgebung geimpft haben. Einige Männer zwischen 15 und 29 Jahren sind noch im Busch, um die letzte Hirse aufzulesen. Wir werden sie heute Abend impfen. Einige haben sich schon nach der Ernte auf den Weg gemacht, um woanders eine Arbeit zu finden, aber insgesamt ist es uns gelungen, fast alle zu impfen“, erklärt eine der Frauen, die in ein langes buntes Kleid gehüllt ist.

Die ersten Ergebnisse der Impfkampagne in den nigrischen Gebieten Dosso und Boboye, an der sich MSF beteiligt hat, sind in der Tat zufriedenstellend: Mehr als 90 Prozent der 627‘000 Personen im Alter von 1 bis 29 Jahren wurden zwischen dem 7. und 17. Dezember immunisiert. „Das ist sehr ermutigend, denn es handelt sich hier um einen neuen Impfstoff, dessen Schutz zehn Jahre lang anhält. Wenn der Prozentsatz der Abdeckung also wirklich so hoch ist, kann dies dem Ausbrechen von Meningitis-Epidemien vom Typ A, der in Afrika häufigsten Form dieser Krankheit, vorbeugen“, bestätigt Seco Gerard, MSF-Koordinatorin in Dosso. Die grosse Impfkampagne, die auch das benachbarte Mali und Burkina Faso umfasst, wird noch bis Ende 2011 fortgesetzt, damit schliesslich das gesamte Staatsgebiet Nigers abgedeckt ist.

In den Gebieten von Dosso und Boboye unterstützt MSF das Gesundheitsministerium und dessen 300 Impfteams. Die humanitäre Organisation, die über langjährige Erfahrung in der Planung und Durchführung grosser Impfkampagnen verfügt (Im Jahr 2009 hat MSF im sogenannten „Meningitis-Gürtel“, einem Gebiet, das sich von Senegal bis Äthiopien erstreckt, sieben Millionen Personen gegen die Meningitis A geimpft. Der Impfstoff, der damals als Reaktion auf eine grosse Epidemie verwendet wurde, bietet allerdings nur einen dreijährigen Schutz), hat 22 internationale Freiwillige eingesetzt, die sich an der Supervision der Impfteams beteiligen. Diese gewährleisten zudem die Qualität der Impfstoffe, indem sie einen Teil der „Kühlkette“ sicher stellen, und sind bei der Zerstörung und Entsorgung der Abfälle behilflich.

Überwachung und Kühlkette

„Die Überwachung wurde gemeinsam mit den Experten des Gesundheitsministeriums in Zweierteams organisiert. Es ging besonders darum zu überprüfen, ob den Teams das für die Impfung notwendige Mindestmaterial zur Verfügung stand und ob die erforderliche Hygiene sowie die korrekten Injektionstechniken gewährleistet waren. Ausserdem wurde die Kühlung durch weitere Kühlelemente verstärkt, wenn die Temperatur zur Aufbewahrung des Impfstoffes nicht niedrig genug war", erklärt Seco Gerard.

Schliesslich ist die Kühlkette eines der wichtigsten Elemente in jeder Impfkampagne. Denn die mehr als 600‘000 Dosen Impfstoff, die für die Bewohner von Dosso und Boboye bestimmt waren, mussten ständig zwischen 2°C und 8°C aufbewahrt werden, und zwar von ihrem Produktionsort in Indien bis zu ihrer Verabreichung in den entlegensten Dörfern. Zu diesem Zweck hat MSF in Dosso sechs Kühlschränke sowie 33 Tiefkühltruhen aufgestellt, die Eis in Form von Kühlelementen produzieren. Diese kleinen Plastikbehälter werden in die verwendeten Kühltaschen gelegt, um die Impfstoffe während des Transports bis zur Verwendung in den Impfzentren kühl zu halten.

Eine Verbrennungsanlage für die Abfallentsorgung

Eine Impfkampagne dieser Grössenordnung erzeugt zahlreiche Abfälle. MSF hat gemeinsam mit den Behörden von Dosso und Boboye die Arten ihrer Rückgewinnung und ihrer Entsorgung festgelegt. Die Abfälle werden in drei Kategorien eingeteilt. Die erste enthält alle Plastikstoffe, Verpackungen, Baumwolle und Handschuhe. Sie werden direkt auf dem Gelände der Gesundheitszentren verbrannt. Da ihre Überreste kein Gesundheitsrisiko darstellen, werden sie in den grössten Impfzentren an Ort und Stelle vergraben. Die zweite Kategorie enthält die Glasfläschchen der Impfstoffe und der verwendeten Verdünnungsmittel. Diese werden zunächst gesammelt und dann in Metallfässern von 200 Litern zerstampft, anschliessend zur Neutralisierung einbetoniert und schliesslich in einem Meter Tiefe vergraben.

Die dritte Kategorie ist am umfangreichsten: Sie enthält die Spritzen und Nadeln, die in Sicherheitskanistern aus laminierter Pappe entsorgt werden – insgesamt etwa dreissig Kubikmeter davon. „Um sie zu vernichten, haben wir speziell für diese Impfung die Müllverbrennungsanlage „Dragon“ kommen lassen“, erklärt Yann Tauleigne von MSF, der für die Entsorgung der Abfälle verantwortlich ist. „Die Überreste werden anschliessend ebenfalls in betonierten Fässern eingekapselt und vergraben, um eine noch grössere Sicherheit zu gewährleisten.“

„Es ist selten, dass sich MSF in Vorbeugungskampagnen wie dieser engagiert. Normalerweise impfen wir als Reaktion auf eine Epidemie: in solchen Akutfällen versuchen wir, die Epidemie unter Kontrolle zu bringen, indem wir die Übertragungskette der Keime unterbrechen. Aber in diesem besonderen Fall war es wichtig für uns, bei der Einführung dieses neuen Impfstoffs dabei zu sein, denn MSF hat seine Entwicklung aus erster Nähe verfolgt. Uns war dabei vor allem wichtig, dass er zu einem bezahlbaren Preis verfügbar ist. Wenn er flächendeckend verwendet wird, können wir wirklich hoffen, dass die bakterielle Übertragung und damit auch Meningitis-A-Epidemien stark vermindert werden“, erklärt die MSF-Impfberaterin Tanja Ducomble, die in Dosso im Einsatz ist.