Pakistan: Das Beste geben – sich auf das Schlimmste vorbereiten

MSF-Belgique distribue des biens non alimentaires à Dargai, province de Malakand, aux victimes des inondations au Pakistan, 12.08.2010

3 Min.

Plötzlich auftretende Katastrophen wie die Überschwemmungen in Pakistan bringen nicht nur unmittelbare Todesgefahr sondern auch unzählige Gesundheitsrisiken mit sich. Die Hauptgründe hierfür sind die schwierigen hygienischen Umstände aufgrund der prekären Lebensbedingungen und wegen des eingeschränkten Zugangs zu Gesundheitsversorgung und vor allem zu sauberem Wasser. Auch die Bevölkerung Pakistans hat mit diesen extremen Umständen zu kämpfen. MSF und andere Organisationen von Ort konzentrieren sich aufgrund dieser akuten Bedrohungen auf die medizinische Grundversorgung und die Minimierung von Epidemie-Risiken.

Seit Beginn der Flutkatastrophe setzt MSF in den bestehenden Programmen in Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan die Gesundheitsversorgung fort. Zusätzlich weitet die Organisation ihre Aktivitäten aus: In den von den Überflutungen betroffenen Regionen Sindh und Punjab richtet MSF neue Gesundheitseinrichtungen sowie mobile Kliniken ein.
„Von mehr als 10’000 Behandlungen, die wir in den vergangenen zwei Wochen durchgeführt haben, sind die meisten Haut- und Atemwegserkrankungen und akuter Durchfall“, sagt Dr. Ahmad Mukhtar, der medizinische Koordinator von MSF in Pakistan. „Bei einigen Patienten vermuten wir Cholera, aber noch warten wir auf die offiziellen Ergebnisse.“
Etwa zehn Prozent der 10’000 Patienten, die die Mitarbeiter von MSF in den mobilen Kliniken in verschiedenen Regionen Pakistans betreut haben, leiden an akutem Durchfall.

Cholera – sehr ansteckend, aber leicht zu behandeln

Cholera ist in einigen Teilen Pakistans endemisch, so auch in der von den Überflutungen besonders betroffenen Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Die vermuteten Cholera-Fälle wären also nicht sehr überraschend. Im Lower Dir-Distrikt in der gleichen Provinz hat MSF im August 2009 nach einem Cholera-Ausbruch 2’500 Patienten behandelt.   
Cholera wird durch verunreinigte Nahrungsmittel und Trinkwasser übertragen und verbreitet sich unter unhygienischen Bedingungen sehr schnell. Wer sich mit Cholera angesteckt hat, kann kaum Wasser im Körper halten, was eine rasche Dehydrierung zur Folge hat. Über Rehydratationssalze kann dies aber relativ leicht wieder reguliert werden.
„Cholera ist eine ernstzunehmende akute Durchfallerkrankung. Dennoch bedeuten ein paar Verdachtsfälle noch nicht den Beginn einer Epidemie“, fügt Dr. Ahmad Mukhtar hinzu. „Es ist wichtig, dass wir infizierte Patienten als solche diagnostizieren und entsprechend behandeln. Patienten mit akutem Durchfall behandeln wir wie Cholerapatienten. Unsere Mitarbeiter in den mobilen Kliniken und Krankenhäusern übernehmen die zentrale Rolle dabei, mögliche Cholera-Fälle in den Gemeinden zu diagnostizieren und zu behandeln.“

Der Zugang zu sauberem Wasser ist lebenswichtig

Jeden Tag stellt MSF der betroffenen Bevölkerung in verschiedenen Landesteilen mehr als 300’000 Liter sauberes Wasser zur Verfügung. In der Umgebung von Nowshera und Charsadda sind mehrere Wassertanks aufgestellt, die regelmässig gefüllt werden. An anderen Orten wie Swat arbeitet MSF mit der lokalen Bevölkerung zusammen, um an öffentlichen Plätzen wie Moscheen und Schulen genügend sauberes Wasser zur Verfügung zu stellen.
In ganz Pakistan hat MSF an bisher 50’239 Menschen unterschiedliche Notfallpakete verteilt. In Belutschistan beinhalten Hygienekits und Kochutensilien auch Chlortabletten, um Wasser zu reinigen, und Moskito-Netze, um Malaria-Infektionen vorzubeugen. Im Zusammenhang mit der Verteilung der Hilfsgüter werden die Menschen ausserdem darüber aufgeklärt, wie man mit vorhandenen Ressourcen Wasser am besten aufbereiten kann.
MSF ist darauf vorbereitet, auf einen möglichen Ausbruch von akutem Durchfall zu reagieren und mehr Patienten zu behandeln. In den meisten Einrichtungen, in denen MSF arbeitet, stehen Notfall-Kits bereit. Die Teams hoffen, dass die umfassende Verteilung von Wasser und Notfallpaketen verhindert, dass sich Krankheiten wie Cholera, Hauterkrankungen, Typhus und Malaria ausbreiten.
Aber es ist noch viel mehr notwendig, um zumindest die Grundversorgung der betroffenen Menschen in Pakistan zu gewährleisten. Mehr als zwei Wochen nach dem Beginn der Überflutungen haben immer noch viel zu viele Menschen zu wenig Hilfe erhalten.