Rückschritt im Kampf gegen AIDS: Was sagt man den Patienten?

Qui ira donc expliquer à tous ces patients qu’ils ne peuvent plus être traités?

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Schon bald wird man HIV-Infizierten, Tuberkulose-Patienten und Müttern, die jedes Jahr durch Malaria Kinder verlieren, erklären müssen, weshalb Grossbanken Anrecht auf Rettungsmassnahmen haben, aber sie nicht.

Die in der vergangenen Woche beschlossene Streichung der 11. Projektfinanzierungsrunde des Globalen Fonds - die Gelder aus den verschiedenen Zahlungsrunden des Globalen Fonds werden jährlich Ländern zugesprochen, welche diese beantragt haben, um ihre Projekte im Kampf gegen AIDS, Tuberkulose und Malaria zu unterstützen.- zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria bedeutet ein herber Schlag für all jene – Patienten, Aktivisten und Pflegepersonal zugleich – die seit 10 Jahren im Kampf gegen diese tödlichen Krankheiten bedeutende Fortschritte erzielen konnten. Denn in den vergangenen Monaten war die Hoffnung so gross wie noch nie zuvor, diesen drei verheerenden Epidemien unserer Zeit den Garaus zu machen. Insbesondere nachdem durchwegs positive Resultate von mehreren Studien wissenschaftlich belegen konnten, dass antiretrovirale Therapien (ART) einen bedeutenden Einfluss auf die Prävention einer Übertragung von infizierten Patienten auf HIV-negative Personen haben und sich allgemein positiv auf die Gesundheit von Infizierten auswirken.
Diese jüngsten Fortschritte haben diverse Organisationen wie MSF dazu bewogen, sich ernsthaft mit der Ausarbeitung von Strategien im Bereich Präventivbehandlung zu befassen. Ziel war einerseits eine Verringerung bei den Ansteckungen; andererseits sollte in Gebieten mit einer hohen HIV-Rate der Dialog mit Gesundheitsministerien von betroffenen Ländern gesucht werden, um diese Strategien möglichst rasch umzusetzen.
Allerdings beschäftigt heute die meisten Helfer vor Ort, die täglich Kontakt zu Patienten haben, eher die Frage, wie sie trotz der fehlenden Mittel Tausende von Leben retten sollen. Tatsächlich war man bei der Gründung des Globalen Fonds davon ausgegangen, die Bemühungen der Helfer vor Ort würden von einem soliden und nachhaltigen Finanzierungsmechanismus getragen werden, der zweifellos zu einem Sieg im Kampf gegen diese Epidemien führen würde. Die grossen Geberländer hatten sich öffentlich hinter die USA gestellt und sich verpflichtet, diese einmalige Initiative mit regelmässigen Spenden zu unterstützen. Diese Geste liess selbst kritische Stimmen verstummen, die eine internationale Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich zugunsten der Schwächsten nicht für möglich gehalten hätten.
Dabei hatte man offenbar nicht mit der drastischen Richtungsänderung der Regierungen der Grossmächte gerechnet, die, unter dem Druck der Finanzinstitute und angesichts einer allgemeinen Konjunkturabschwächung, sich heute lieber um nationale Bedürfnisse und Interessen kümmern, anstatt ihren Verpflichtungen nachzukommen, die Einfluss auf das Leben von Millionen Menschen haben.

Bei den Patienten steht viel auf dem Spiel

Es wäre jedoch zu einfach, aufgrund dieses feigen Rückzugs das ganze Thema einfach fallen zu lassen. Mehrere Länder, mehrheitlich im südlichen Afrika, bemühen sich, Gesundheitssysteme einzuführen, die an die speziellen Bedürfnissen von HIV-, Tuberkulose- und Malaria-Patienten angepasst sind. Zudem gibt es heute neue, zugleich wirksamere, einfachere und weniger aggressivere Therapien zu einem niedrigeren Preis sowie bessere diagnostische Werkzeuge (selbst wenn auch in diesem – ebenfalls unterfinanzierten – Forschungsbereich noch viel Verbesserungspotenzial vorhanden ist). Es ist unbestritten, dass trotz diverser Schwierigkeiten und der teilweise nicht sehr stabilen Managementsysteme der Gesundheitsministerien ein politischer Wille da ist, gegen die drei grossen Epidemien mit voller Kraft vorzugehen. Der Wille allein reicht allerdings nicht: Es liegt auf der Hand, dass diese Staaten die Kosten nicht allein tragen können, die bei der Umsetzung solch ambitiöser Strategien zweifellos entstehen. Es ist also legitim und absehbar, dass sie sich auf Finanzierungsmechanismen wie den Globalen Fonds verlassen, um diese Ziele zu erreichen und dabei Millionen von Menschen Hoffnung auf ein gesundes Leben geben.
Diese positive Dynamik, die weltweit Patienten und Pflegende zugleich ergriffen hatte, wird nun durch die abgesagte Runde 11 abrupt gebremst. In Ländern wie Swasiland, in dem die HIV-Rate ein neues Rekordhoch (26% der erwachsenen Bevölkerung) erreicht hat, und wo sich die Gesundheitsbehörden bemühen, auch unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen die Epidemie einzudämmen, stehen Zehntausende Leben auf dem Spiel, wenn die Versprechen zur Finanzierung des Globalen Fonds nicht eingehalten werden. Wenn die grossen Geldgeber ihre finanziellen Zusagen plötzlich rückgängig machen, hat dies für Patienten, die zurzeit in Therapie sind, beträchtliche Konsequenzen bis hin zum Verlust ihrer Behandlung.
Andere, die Anspruch auf eine Therapie haben und auf den Beginn ihrer Behandlung warten, müssten mangels erhältlicher Medikamente wieder heimgeschickt werden.
In Swasiland, wo fast 68'000 Menschen in Behandlung sind, wird sich die Medikamentenknappheit ab 2012 bemerkbar machen. Im Nachbarland Mosambik, mit 240'000 Patienten in antiretroviraler Behandlung und ebenso vielen, die auf den Beginn ihrer Therapie warten, werden etliche sogar noch früher unter den Konsequenzen leiden.
Das bedeutet eine Rückkehr zum Zustand Anfang der 2000er Jahre, als die Pflegenden auswählen mussten, welche ihrer Patienten die besten Überlebenschancen hatten. Eine komplett inakzeptable Wahl – und unvorstellbar für das Jahr 2011. Wer erklärt all diesen Patienten, dass sie nicht mehr behandelt werden können?
Aymeric Péguillan ist Landeskoordinator von MSF in Swasiland.