Syrien: MSF verteilt an 8‘000 Familien in Aleppo Hilfsgüter für den Winter
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Die unsichere Lage und gezielte Angriffe erschweren es immer wieder, die hilfsbedürftige Bevölkerung zu erreichen.
Teams von Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) ist es gelungen, an Tausende Familien in der Stadt Aleppo dringend benötigte Hilfsgüter zu verteilen. Für die Menschen dort ist es bereits der fünfte Winter seit Ausbruch des Bürgerkriegs. Trotz des grossen Bedarfs war es Nichtregierungsorganisationen zuvor wegen der unsicheren Lage nicht möglich gewesen, Hilfsgüter zu verteilen. Nun wurden zusammen mit dem Stadtrat in den von Rebellen kontrollierten Gebieten von Aleppo bereits 5‘200 Kits mit Hygiene-Utensilien und Wintermaterial an vertriebene Familien verteilt – weitere 2‘600 Kits sollen in den kommenden Tagen folgen.
Nach der Bedarfsermittlung wurden die Kits in verschiedenen Bezirken Aleppos abgegeben – so auch an Familien, deren Häuser kürzlich bombardiert und beschädigt worden waren. Die verteilten Güter richten sich nach den Bedürfnissen der jeweiligen Familien. Die Kits enthalten Dosenvorräte, Winterkleidung, Decken, Planen und Seile sowie verschiedene Hygieneartikel.
«Nach fast fünf Jahren Krieg ist die Lage für viele kaum noch zu ertragen»
«Die Hilfsgüter werden an fast 40‘000 Menschen verteilt. Sie sollen ihnen etwas dabei helfen, mit den harschen Bedingungen zurechtzukommen, denen sie wegen des Konflikts und der fehlenden Unterstützung ausgesetzt sind», sagt unser für Nordsyrien zuständige Koordinator Carlos J. Francisco. «Nach fast fünf Jahren Krieg ist die Lage in Aleppo und Umgebung für grosse Teile der Bevölkerung kaum noch zu ertragen.»
Francisco erzählt weiter: «Täglich werden wir Zeuge von Angriffen auf bewohnte Gebiete und wichtige zivile Einrichtungen wie Spitäler oder das Wasserverteilungssystem der Stadt. Ambulanzen, Märkte oder Bäckereien werden angegriffen und zerstört. Das erschwert den Menschen immer stärker den Zugang zu grundlegenden Diensten. Dazu gehören auch medizinische und humanitäre Hilfe.»
Die harschen Bedingungen des Winters verschlimmern die ohnehin schon kritische Lage der Bevölkerung. Über die Hälfte der 300‘000 Menschen, die zurzeit im Osten von Aleppo leben, wurden wegen des Konflikts vertrieben. Fast zwei Drittel von ihnen mussten mehr als einmal an einen anderen Ort fliehen. Wegen der aktuellen Verschärfung des Konflikts in den Orten Hama und Idleb im Süden Aleppos wurden auch dort rund 3‘800 Menschen vertrieben.
Verteilung von Hilfsgütern zwischenzeitlich ganz unterbrochen
In der Altstadt von Aleppo – der zweitgrössten Stadt des Landes – lebten vor dem Krieg schätzungsweise eine Million Menschen. Dort befindet sich eine der Frontlinien dieses bitteren Konflikts. Ganze Stadtviertel wurden durch Explosionen und die jahrelange Belagerung zerstört, und viele Bezirke sind ohne Strom und fliessendes Wasser.
Die wichtigste Strasse zwischen Kilis in der Türkei und Aleppo war vor einigen Tagen nahezu unbefahrbar und Teile Aleppos damit vollständig von humanitärer Hilfe abgeschnitten. Mehrere Konvois wurden bombardiert und ein LKW, der Wintersachen für Familien nach Aleppo bringen sollte, wurde beschossen. Die Verteilung von Hilfsgütern war zwischenzeitlich unterbrochen. Die Strasse ist nicht nur die wichtigste Versorgungsstrecke für den belagerten östlichen Teil der Stadt, sondern auch unentbehrlich für 600‘000 Menschen, die im gesamten Gebiet leben und mit Nahrungsmitteln, Benzin und humanitärer Hilfe versorgt werden müssen.
MSF betreibt sechs medizinische Einrichtungen im Norden Syriens und unterstützt mehr als 150 Gesundheitsposten und Spitäler im ganzen Land – vor allem in den belagerten Gebieten. Die meisten dieser Einrichtungen sind temporär und werden von syrischen Ärzten betrieben. MSF unterstützt die syrischen Ärzte mit medizinischem Material und in Form von Fernberatungen.