Zentralafrikanische Republik: Trotz Friedensvertrag weitet MSF Noteinsatz aus
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Der aktuelle Konflikt verschlimmert die bereits prekäre Situation der medizinischen Versorgung. MSF verstärkt ihre Präsenz, um neue Nothilfeprojekte aufzubauen.
Zwischen der Regierung der Zentralafrikanischen Republik und Rebellengruppen wurde in der vergangenen Woche ein Friedensvertrag geschlossen. Dennoch weitet Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) den Noteinsatz im Land aus. Denn während der Kämpfe sind Tausende Zivilisten in den Busch geflohen, wo sie weder eine richtige Unterkunft noch Zugang zu sauberem Trinkwasser haben und verschiedenen Krankheiten ausgesetzt sind. Ausserdem verhandelt die Organisation weiterhin den Zugang zu Gebieten, in denen nach der Flucht des Gesundheitspersonals keine medizinische Grundversorgung mehr existiert.
Am 10. Januar eröffnete MSF ein Nothilfe-Programm in der Stadt Damara, nahe der Frontlinie. Die von dem Konflikt betroffenen Menschen erhalten dort eine medizinische Grundversorgung, und viele der Vertriebenen werden mit Hilfe mobiler Kliniken unterstützt. Todesfälle aufgrund von häufigen Krankheiten wie Durchfall, Atemwegsinfektionen und Malaria sollen so verhindert werden. Die medizinischen Teams dort behandeln bis zu 100 Patienten pro Tag, vor allem wegen Malaria und Mangelernährung.
"In der Zentralafrikanischen Republik ist die Gesundheitsversorgung schon in Friedenszeiten ausreichend, und die Sterblichkeitsrate ist alarmierend hoch. Wegen der unsicheren Lage mussten viele Menschen fliehen, und die vorhandenen medizinischen Einrichtungen wurden geschlossen. Den wenigen Krankenstationen, die offen geblieben sind, gehen zudem die Medikamente aus oder sie wurden geplündert", sagt Sylvain Groulx, Koordinator von MSF im Land.
Mobile Hilfsteams, chirurgische Nothilfe, Medikamentenlieferungen
Im Projekt in der im Nordwesten gelegenen Stadt Batangafo ging die Zahl der Konsultationen stark zurück: In den zehn Tagen vor der Einnahme der Stadt durch die Rebellen fanden täglich nur noch durchschnittlich 66 Untersuchungen statt anstelle der 128 von zuvor. Viele Familien flohen in den Busch und verbrachten die Nächte in der Kälte ohne Nahrung, sauberes Trinkwasser und Moskitonetze.
Im Dezember schickte MSF ein Notfallchirurgie-Team nach Kaga Bandoro, wo sechs Verletzte mit Schusswunden behandelt wurden. 27 Zivilisten wurden mit Verbrennungen behandelt, die sie sich bei der Explosion einer Tankstelle zugezogen hatten.
In der Hauptstadt Bangui unterstützen mobile Hilfsteams von MSF sieben Gesundheitszentren. Sie schulen das Personal vor Ort im Umgang mit Malaria-Schnelltests und liefern Medikamente, um rund 840 Malaria-Fälle in der Region zu behandeln. Zudem steht in der Klinik Castor ein Notfallchirurgie-Team der Organisation auf Abruf, um in Bangui eingesetzt werden zu können.
MSF hat zudem Teams entsandt, die die Lage im Zentrum der Zentralafrikanischen Republik erkunden sollen. Zugleich transportiert die Organisation mehrere Tonnen Medikamente, die an geöffnete Gesundheitszentren verteilt werden.
Chronische Notlage bereits vor dem aktuellen Konflikt
Bereits vor dem aktuellen Konflikt herrschte in der Zentralafrikanischen Republik eine chronische Notlage, was die medizinische Versorgung betraf. Die Bevölkerung leidet bereits seit Jahrzehnten unter Gewalt, Vertreibungen und der instabilen Lage, die durch Kämpfe zwischen Rebellengruppen und Regierungstruppen sowie bewaffneten Banditen verursacht werden. Der Mangel an qualifiziertem Personal verschärft den bereits mangelhaften Zugang zur Gesundheitsversorgung weiter. Das Gesundheitsministerium ist zudem ausserhalb der Hauptstadt kaum präsent, und es kommt zu häufigen Engpässen bei der Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten. Das Engagement von internationalen Geldgebern und von Hilfsorganisationen wird vermutlich sinken, wenn keine stabile Regierung garantiert werden kann und es keine Sicherheitsgarantien für Helfer gibt. Der gegenwärtige bewaffnete Konflikt verschlimmert die bereits existierende Krise bei der Gesundheitsversorgung.
MSF ist in fünf der 17 Präfekturen des Landes präsent. Auch während der aktuellen Krise liefen die sieben mit internationalen und nationalen Mitarbeitern besetzten Projekte der Organisation weiter. Die Anzahl der Positionen, von denen zurzeit 75 international besetzt sind, wird weiter erhöht.