Zugang zu Medikamenten: Zehn entscheidende Entwicklungen im Jahr 2010
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Durch ihre Medikamentenkampagne hat die medizinische Hilfsorganisation MSF die Entwicklungen im Bereich des Zugangs zu Medikamenten, Impfstoffen und Diagnostik genau verfolgt. Hier ist eine Auswahl von zehn Ereignissen, die im Jahr 2010 besonders wichtig für den weltweiten Zugang zu Medikamenten waren.
Zu den positiven Meldungen 2010 gehören zwei entscheidende neue medizinische Entwicklungen, von denen Menschen in ressourcenarmen Ländern stark profitieren können: ein neuer Impfstoff könnte in Zukunft grosse Meningitis-Epidemien verhindern, wenn der politische Wille vorhanden ist, die Impfung grossflächig in allen 25 betroffenen Ländern einzusetzen. Ein neuer Tuberkulose-Test könnte die Diagnose der Krankheit verbessern, indem er die Dauer, um medikamentenresistente Formen von Tuberkulose zu entdecken, von fast drei Monaten auf weniger als zwei Stunden reduziert.
Ausserdem liess die Forschung zur Behandlung von schwerer Malaria bei Kindern keinen Zweifel daran, dass Artesunate Injektionen statt Quinine verwendet werden sollten. Behandlungsprotokolle und Richtlinien müssen deshalb dementsprechend geändert werden. Nach mehreren Jahren des Lobbyings durch MSF wurde der Patent Pool für Medikamente eingerichtet und erhielt starken politischen Rückhalt aus den USA. Damit der Zugang zu bezahlbaren Medikamenten durch diesen neuen Mechanismus entscheidend verbessert wird, müssen Pharmafirmen nun essentielle Medikamentenpatente zur Verfügung stellen. Seit 2007 kämpft MSF auch um bessere Qualität bei der Nahrungsmittelhilfe für Kinder unter zwei Jahren und konnte in diesem Jahr beobachten, dass internationale Nahrungsmittelgeber ihre Politik überdenken und anpassen.
Im Jahr 2010 gab es jedoch auch einige Rückschläge. Entgegen sich häufender Beweise, dass ein früherer Behandlungsbeginn mit besseren Medikamenten der beste Weg ist, die HIV/Aids-Pandemie zu bekämpfen, kehren internationale Geber Aids den Rücken. Die finanziellen Mittel stagnieren und die Fortschritte des letzten Jahrzehnts sind in Gefahr. Gleichzeitig werden die Preise für neuere Medikamente in die Höhe getrieben, weil die Europäische Union eine Handelspolitik verfolgt, die den Generika-Markt bedroht. MSF hat eine weltweite Kampagne gestartet, damit die EU einen Rückzieher macht. In Asien, Afrika und Europa gingen Menschen auf die Strasse um die Kampagne zu unterstützen, doch die EU lenkt nicht ein.
Ausbrüche in zahlreichen afrikanischen Ländern, die Tausende Leben fordern, zeigen, dass die Bedrohung durch Masern wieder auflebt. Sie sind ein untrügerisches Zeichen dafür, dass die Impfung gegen einfache Krankheiten nicht so weit verbreitet ist, wie sie sein sollte. Gleichzeitig laufen Anstrengungen, das Problem gefälschter Medikamente in den Griff zu bekommen, in die falsche Richtung: statt die Bevölkerung vor den Gefahren von Medikamenten geringer Qualität zu schützen, stellen die Initiativen eine grosse Bedrohung für den Zugang zu bezahlbaren Generika dar, auf die Millionen von Menschen auf der ganzen Welt angewiesen sind. Tropische Krankheiten wurden auch im Jahr 2010 stark vernachlässigt, wie der grösste Ausbruch von Kala-Azar seit fast einem Jahrzehnt im Südsudan zeigt.