Dadaab-Lager: Humanitäre Hilfe muss im Vordergrund bleiben
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Ein Bericht von MSF zeigt die entsetzlichen Verhältnisse im Lager Dagahaley auf.
Die geplante freiwillige Rückkehr von Hunderttausenden somalischen Flüchtlingen von Kenia zurück in ihr Heimatland konkretisiert sich allmählich*. Die medizinische Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) mahnt erneut, dass dies nicht auf Kosten der Hilfe für die Menschen, die in den Dadaab-Lagern bleiben, geschehen darf. Vielen Organisationen in den Camps werden die Mittel gekürzt, während sich die Sicherheitslage zusehends verschlechtert. MSF ruft deshalb internationale Geber dazu auf, die humanitäre Unterstützung sicherzustellen und appelliert an die kenianische Regierung, den Schutz der Flüchtlinge zu verbessern.
MSF hat heute einen Bericht mit dem Titel Dadaab refugees: An uncertain tomorrow (Flüchtlinge in Dadaab: eine ungewisse Zukunft) veröffentlicht, der die weiterhin unsicheren und unzulänglichen Bedingungen in Dagahaley beschreibt. Dies ist eines der fünf Lager, aus denen der Lagerkomplex Dadaab im Nordosten Kenias besteht. Der Bericht beinhaltet unter anderem die Ergebnisse einer Erhebung, die MSF letztes Jahr in Dagahaley durchführte.
«Die Resultate unserer Umfrage zeigen, wie elend die Verhältnisse in Dagahaley sind», sagt Charles Gaudry, der Länderverantwortliche von MSF in Kenia. «So geben zum Beispiel 41 Prozent der Flüchtlinge an, dass ihre Unterkunft nur ungenügenden Schutz vor Regen bietet, und einer von zehn hat keinen Zugang zu Latrinen.»
Daten von diesem Jahr zeichnen ebenfalls ein missliches Bild. Im Januar behandelte MSF 2’346 Personen mit wässrigem Durchfall. Das sind 900 Fälle mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. «Das entspricht einer Zunahme von 39 Prozent und macht deutlich, dass bei der Hygiene und Unterkunft dringend Verbesserungen vorgenommen werden müssen», fährt Gaudry fort. «Die derzeitigen Lebensbedingungen der Flüchtlinge sind ganz einfach unzumutbar.»
In der von MSF durchgeführten Umfrage wurden die Flüchtlinge auch gefragt, ob sie nach Somalia zurückkehren würden. Trotz der schwierigen Bedingungen in Dagahaley gaben vier von fünf Flüchtlingen an, dass für sie eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht infrage komme.
Auch Mangelernährung ist ein ernstes Problem in Dagahaley. Obschon gegenwärtig nicht von einem Notfall gesprochen werden kann, zeigen laufende Überwachungstätigkeiten, dass es zahlreiche mangelernährte Kinder gibt. Im Schnitt nimmt MSF pro Monat 175 neue Fälle in das ambulante Ernährungsprogramm auf. Ausserdem werden jeden Monat rund 50 mangelernährte Kinder mit Komplikationen in das MSF-Spital überwiesen.
«Angesichts der mangelhaften Verhältnisse im Lager sind die medizinischen Teams von MSF in ständiger Alarmbereitschaft, falls sich die Ernährungssituation verschlechtern sollte», erklärt Gaudry. «Die Kürzungen der Beiträge an Hilfsorganisationen bereiten uns Sorgen. So musste das Welternährungsprogramm im November und Dezember 2013 die Essensrationen in Dadaab um zwanzig Prozent verringern. Falls es zu weiteren Kürzungen kommt, könnte dies schwerwiegende Folgen für die Gesundheit und den Ernährungszustand der Flüchtlinge haben.»
Angesichts der aktuellen Lage und trotz der geplanten Rückkehr von Flüchtlingen nach Somalia fordert MSF alle Beteiligten – insbesondere internationale Geber – auf, genügend Mittel zur Verfügung zu stellen, damit die benötigte Hilfe geleistet werden kann. Die kenianische Regierung muss dafür sorgen, dass die Sicherheit verbessert wird. Ansonsten könnte die unsichere Lage Hilfswerke davon abhalten, in Dadaab Hilfe zu leisten. MSF betont zudem, dass die kenianische Regierung und das UN-Flüchtlingshochkommissariat ihre Bemühungen aufrechterhalten müssen, damit die Würde und die Sicherheit der Flüchtlinge während der Rückkehr gewährleistet sind.
MSF ist seit zwanzig Jahren in Dadaab tätig. Im Lager Dagahaley ist die Organisation gegenwärtig die einzige Erbringerin medizinischer Versorgung. Monatlich führen die Teams von MSF über 18'000
* Am 10. November 2013 unterschrieben die kenianische und die somalische Regierungen sowie das UN-Flüchtlingshochkommissariat ein Abkommen, das das praktische und rechtliche Vorgehen für die Rückkehr von Hunderttausenden Flüchtlingen von Kenia nach Somalia regelt.