Haiti muss seiner Bevölkerung den Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglichen

Haïti, 15.03.2010

2 Min.

Port-au-Prince/Genf, 30. März 2010 – Die Mehrheit der haitianischen Bevölkerung ist weiterhin extrem schutzbedürftig. Daher fordert die internationale Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) die Teilnehmer der internationalen Geberkonferenz vom 31. März in New York auf, den Zugang der Menschen zur Gesundheitsversorgung ohne Einschränkung zu gewährleisten.

Fast alle öffentlichen und viele private medizinische Strukturen haben seit dem Erdbeben vom 12. Januar eine kostenfreie Gesundheitsversorgung angeboten. Inzwischen sind Pläne bekannt geworden, bereits ab Mitte April wieder stufenweise Gebühren in Krankenhäusern einzuführen. 

„Den Zugang zu medizinischer Versorgung von den finanziellen Mitteln einer Person abhängig zu machen, würde die Realität völlig ausblenden, die wir auf den Strassen und in Übergangslagern sehen“, sagt Karlien Kleijer, Projektkoordinatorin von MSF. „Hunderttausende Menschen haben ihre Behausungen verloren und leben in Hütten aus Plastikplanen, in Zelten oder Ruinen. Mehrere hundert Personen teilen sich eine Latrine. Unterkünfte, Hygiene, Wasser und medizinische Versorgung haben daher nach wie vor oberste Priorität. Der Bedarf auch an kurzfristiger humanitärer Hilfe ist immer noch sehr gross. Die bevorstehende Regenzeit könnte die Lebensbedingungen noch einmal verschlechtern. Grosse Bereiche von Lagern sind bereits unter heftigen Regenfällen zusammengebrochen. Viele Obdachlose müssen möglicherweise noch einmal umziehen, wenn ihre Unterkünfte und Zelte einstürzen oder
überflutet werden.“

MSF behandelt in Haiti derzeit vor allem Atemwegsinfektionen und Durchfallerkrankungen. Ausserdem benötigen die Opfer des Erdbebens weiterhin operative Nachsorge, Rehabilitationsmassnahmen, Physiotherapie sowie psychologische Beratung. Darüber hinaus  ist der Bedarf an Geburtshilfe, Kinderheilkunde sowie Trauma-Behandlung gross. „Die Haitianer müssen Zugang zu einem effizienten Gesundheitssystem haben“, sagt Dr. Christophe Fournier, internationaler Präsident von MSF. „Die notleidende Bevölkerung kann die Kosten für das Gesundheitssystem nicht selbst tragen.“

Internationale Geber müssen eine direkte finanzielle Unterstützung des haitianischen Gesundheitssystems in Erwägung ziehen. Die Entscheidungen der internationalen Geberkonferenz in New York müssen es dem haitianischen Gesundheitssystem ermöglichen, den unmittelbaren Bedarf der Bevölkerung im medizinischen Bereich weiterhin abzudecken. 

MSF ist seit 19 Jahren in Haiti tätig. Derzeit arbeiten rund 3’300 haitianische und internationale Mitarbeiter der Organisation vor Ort, unterstützen Krankenhäuser und betreiben Gesundheitseinrichtungen. Seit dem Erdbeben haben die Teams mehr als 4’000 chirurgische Eingriffe vorgenommen, mehr als 20’000 Menschen psychologisch beraten, 53’000 Patienten behandelt und 14’000 Zelte und 20’000 Sets mit wichtigen Gebrauchsgegenständen verteilt. MSF finanziert die Projekte in Haiti ausschliesslich mit privaten Spenden und verbindet keinerlei Eigeninteressen mit der Geberkonferenz in New York.