HIV/Aids: MSF ruft Pharmafirmen dazu auf, HIV-Patente in einen Pool zu geben
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New York/Genf, 5. Oktober 2009 - Die internationale medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) fordert neun der weltgrössten Pharmakonzerne auf, mitzuhelfen, die Verfügbarkeit neuer Medikamente für Millionen von Aids-Kranken zu beschleunigen, indem sie ihre Patente für eine Reihe von wesentlichen HIV-Medikamenten in einen Pool geben.
Ein Patentpool ist ein Mechanismus, durch den eine gewisse Anzahl von Patenten verschiedener Parteien zusammenkommt und anderen für Produktions- oder Entwicklungszwecke zur Verfügung gestellt wird. Die Patentinhaber erhalten Tantieme, die von den Patentnutzern bezahlt werden. Dieser Mechanismus hat z.B. im Bereich der Luftfahrtindustrie und der digitalen Telekommunikation zu einem Innovationsschub geführt.
„Es ist eine einfach Idee: Unternehmen teilen ihr Wissen und erhalten dafür faire Tantieme“ erklärt Michelle Childs von der internationalen Medikamentenkampagne von MSF. „Aber dies hat das Potential, den Zugang von Unternehmen zu HIV-Medikamenten grundlegend zu verändern und Innovation in einer Art und Weise zu fördern, die eine klare Alternative zu Konfrontationen und Rechtsstreiten darstellt - wie in der Vergangenheit der Fall.“
UNITAID ist eine internationale Einrichtung zum Erwerb von Medikamenten, die derzeit einen Pool für HIV-Medikamentenpatente errichtet. Für den Erfolg dieses Pools ausschlaggebend ist die Bereitschaft der Patentinhaber, mitzumachen, indem sie ihre Patentrechte in den Pool geben.
„Das ganze ist freiwillig, das heisst, die Pharmafirmen haben die Wahl. Und jetzt bitten wir sie, diese Wahl zu treffen“ erklärt Childs. „Dies ist die Gelegenheit für Pharmafirmen, zu zeigen, dass sie sich wirklich verpflichtet fühlen, wirksame Methoden zu entwickeln, die den Zugang zu lebensrettenden Medikamenten für Aids-Kranke in Entwicklungsländern ermöglichen. Ein paar Unternehmen haben ihr Interesse an der Idee bereits bekundet, aber sie müssen noch weiter gehen und die wesentlichen Patente in den Pool geben.“
Für HIV/Aids-Patienten könnten die Auswirkungen enorm sein. Ein Patentpool könnte die Verfügbarkeit von günstigeren Versionen neuer Medikamente stark beschleunigen, da die Produktion von Generika wesentlich früher als nach den abgelaufenen 20 Jahren beginnen könnte. Derzeit können Patentbarrieren auch Innovation verhindern, wie zum Beispiel in Bezug auf neue HIV-Medikamente für Kinder oder dringend benötigte vordosierte Kombinationspräparate.
„Diese Gelegenheit kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt“ erklärt Dr. Eric Goemaere, medizinischer Koordinator von MSF in Südafrika. „Viele Patienten in unseren Programmen haben Medikamentenresistenzen entwickelt und müssen nun zu neueren wirksameren Medikamenten wechseln. Da sie aber für sie entweder nicht verfügbar oder unleistbar sind, sind die Patienten nun wieder vom Tod durch Aids bedroht, da Therapieoptionen ausbleiben.“
MSF startet eine E-Mail-Kampagne, in der die Organisation Abbott, Boehringer Ingelheim, Bristol-Myers Squibb, Johnson&Johnson, Gilead Sciences, GlaxoSmithKline, Merck und Pfizer aufruft, die Chance zu ergreifen, die dieser Mechanismus bietet und ihre HIV-Medikamente in den Pool zu geben. Die meisten der Medikamente, die MSF aufgrund seiner Felderfahrung als wesentlich für den Pool erachtet, werden von der Weltgesundheitsorganisation für den Einsatz in Entwicklungsländern empfohlen.
MSF fordert, dass alle Patente für folgende antiretrovirale Medikamente (und deren Kombinationen) in den Patentpool von UNITAID kommen:
- lopinavir, ritonavir (Abbott Laboratories);
- nevirapine, tipranavir (Boehringer Ingelheim);
- didanosine, atazanavir (Bristol-Myers Squibb);
- lamivudine, abacavir, fosamprenavir, S/GSK1349572 (GlaxoSmithKline);
- tenofovir disoproxil fumarate, emtricitabine, GS-9350, elvitegravir (Gilead Sciences);
- efavirenz, raltegravir (Merck);
- maraviroc (Pfizer);
- darunavir, etravirine, rilpivirine (Johnson & Johnson/Tibotec)
UNTERSTÜTZEN SIE UNSERE PATENTPOOL-KAMPAGNE!
MSF behandelt derzeit über 140'000 HIV/Aids-Patienten in 30 Ländern weltweit. MSF fordert die Pharamfirmen auf, ihre HIV-Patente in den Medikamentenpool zu geben, der von UNITAID errichtet wird.
Weitere Informationen zu Patenten und den Problemen rund um den Zugang zu HIV-Medikamenten: www.msfaccess.org