Libyen: MSF evakuiert 64 Kriegsverletzte per Schiff aus Misrata

MSF a évacué, ce vendredi 15 avril, 99 personnes par bateau de Mistrata à Zarzis en Tunisie. 16.04.2011

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Zarzis/Zürich, 16. April 2011. Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat von Freitag auf Samstag per Schiff 99 Personen aus dem libyschen Misrata nach Zarzis in Tunesien evakuiert, darunter 64 Kriegsverwundete und 35 Begleitpersonen. Der Einsatz fand zwei Wochen nach einer ersten Boots-Evakuierung der medizinischen Nothilfeorganisation statt. Damals waren 71 Kriegsverletzte transportiert worden.

Dieses Mal war ein Team von MSF in der Lage, auch medizinische Einrichtungen in Misrata zu besuchen. Die Bevölkerung der Stadt ist durch die andauernden Kämpfe von der externen Versorgung abgeschnitten. Spitäler und Kliniken sind mit Verletzten überfüllt.
“Seit Wochen versuchen die Ärzte verzweifelt, mit dem Ansturm an Patienten zurecht zu kommen. Sie haben zu wenig Personal und medizinisches Material, um die Verwundeten und chronisch Kranken zu behandeln”, sagt Dr. Morten Rostrup, ein Arzt von MSF, der auf dem Schiff im Einsatz war. “Wegen des heftigen Beschusses in Misrata in den vergangenen Tagen verschlechtert sich die Situation weiter. Die Spitäler müssen ihre Patienten ohne abgeschlossene Behandlung entlassen, um neue Verwundete aufzunehmen. Viele Verletzte können die medizinischen Einrichtungen nicht erreichen, ohne erneut ihr Leben zu riskieren.”
Mitarbeiter von MSF haben die Situation in einem Lager in der Nähe des Hafens erkundet, in dem Tausende Migranten Zuflucht gesucht haben und jetzt auf die Rückkehr in ihre Heimat warten. “Diese Menschen leben unter extrem schwierigen Bedingungen – ohne ausreichende Nahrungsmittel und adäquate Unterkunft. Sie sind verzweifelt und wollen so schnell wie möglich in ihre Heimat zurück”, sagt Rostrup.
Das Team der zweiten medizinischen Evakuierungsaktion bestand aus sieben Ärzten, sechs Pflegefachfrauen und einem Psychologen, darunter neun Freiwillige aus Tunesien. Sie haben den 64 Patienten während der Überfahrt nach Tunesien medizinische Nothilfe geleistet. Zehn der Patienten befinden sich in einem kritischen Zustand, drei mussten künstlich beatmet und weitere drei mit Sauerstoff versorgt werden. Ein Patient hatte viel Blut verloren und benötigte Bluttransfusionen.
Das Schiff kam am frühen Samstagmorgen im Hafen von Zarzis an. Der Weitertransport der Patienten von Zarzis in die Stadt Sfax, in der es ein Dutzend Spitäler gibt, wurde von den tunesischen Gesundheitseinrichtungen und dem Roten Halbmond organisiert.
Der Einsatz wurde unabhängig von allen Konfliktparteien in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Neutralität und Unparteilichkeit von MSF durchgeführt. MSF weitet die Hilfe für die von der Gewalt betroffenen Bevölkerung unabhängig von ihrer politischen und ethnischen Zugehörigkeit und unabhängig von jeder politischen Erwägungen weiter aus, während der Konflikt in Libyen andauert.  
MSF ruft die Konfliktparteien erneut dazu auf, allen von der Gewalt betroffenen Libyern ungehinderten Zugang zu medizinischer Hilfe zu gewähren. Die unabhängige Organisation fordert ausserdem von allen Beteiligten, die Neutralität von medizinischen Einrichtungen, Gesundheitspersonal und Krankentransporten zu respektieren.
Im Osten Libyens arbeitet MSF in der Stadt Bengasi weiterhin mit dem medizinischen Komitee zusammen und leistet Hilfe, wo sie am dringendsten benötigt wird. Unter anderem unterstützt die Organisation die Hauptapotheke der Stadt bei der Logistik und der Abfallentsorgung. Im Spital Al Jalaa unterstützt MSF die Mitarbeiter in der Organisation der Pflege. MSF sendet weiterhin medizinisches Material nach Libyen, das in den Kampfgebieten verteilt wird, in denen der Bedarf am grössten ist. Seit dem 24. Februar sind 44 Tonnen Medikamente und medizinische Materialien, unter anderem für die Behandlung von Brandwunden, nach Bengasi geliefert worden.