MSF fordert Schliessung von Aufnahmezentrum auf Lampedusa
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Die internationale medizinische Hilfsorganisation MSF fordert die sofortige Schliessung sowie die Evakuierung des Aufnahmezentrums für Migranten und Asylsuchende auf der italienischen Insel Lampedusa.
Die Einrichtung muss vorübergehend geschlossen werden, um eine radikale Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie ein nötiges Mindestmass an menschlicher Würde zu ermöglichen.
Aktuelles Videomaterial zeigt, wie Migranten und Asylsuchende gezwungen wurden sich auszuziehen, um dann mit einem Schlauch abgespritzt zu werden, offenbar in einem Versuch, sie gegen Hautkrankheiten zu behandeln. Die Bilder, die eine Welle der Empörung auch bei italienischen und europäischen Behörden auslösten, haben einmal mehr die entsetzlichen Bedingungen sowie den Mangel an Respekt vor der Menschenwürde in dem abgeriegelten Aufnahmezentrum verdeutlicht.
«Unsere Teams haben das Zentrum in den vergangenen Monaten regelmässig besucht», sagt Loris de Filippi, Präsident von Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Italien. «Jedes mal mussten wir feststellen, dass die Einrichtung völlig überfüllt ist und Menschen im Freien übernachten müssen. Die medizinische Verschwiegenheitspflicht wird nicht respektiert, es gibt zu wenige Toiletten und Duschen und das Personal verhält sich nicht angemessen. Die Menschen müssen zu lange in einer Einrichtung verbringen, die nicht dafür geeignet ist. Wir haben den Behörden diese Missstände immer wieder gemeldet, sind dabei aber auf taube Ohren gestossen. Es wurde nichts unternommen.»
Das Aufnahmezentrum auf Lampedusa hat eine Kapazität von maximal 200 Personen, doch meist übersteigt die Anzahl der untergebrachten Menschen diese Kapazität. Das Lager wurde gebaut, um neu angekommene Migranten 48 Stunden aufzunehmen, ihnen erste Hilfe zu leisten und eine Unterkunft zu gewähren. Derzeit kann das Zentrum diese Aufgabe aber nicht erfüllen. Das hoch abgesicherte und hermetisch abgeschlossene Zentrum erfüllt nicht einmal einen Minimalstandard für die ersten 48 Stunden, geschweige denn für einen Aufenthalt von vier bis fünf Monaten. Das ist nämlich der Zeitraum den die Menschen tatsächlich dort festgehalten werden. Die medizinische Versorgung, die eigentlich im Verantwortungsbereich des italienischen Gesundheitsministeriums liegen müsste, wird in schlechter Qualität von einer privaten Firma geleistet.
MSF fordert dringend, dass die Menschen im Aufnahmezentrum in geeignetere Unterkünfte gebracht werden, entweder auf der Insel (z.B. in Hotels oder in ein anderes Zentrum) oder in anderen Orten auf dem Festland. Die medizinischen Teams der Organisation auf Lampedusa stehen bereit, um während und nach der Umsiedelung medizinische Nothilfe für die Migranten und Asylsuchenden zu leisten. MSF ist auch bereit, im Zentrum selbst medizinische Versorgung anzubieten, sobald dieses einen akzeptablen Standard aufweist und wieder zu einem echten Transitlager wird, in dem die Menschen nicht länger als 48 Stunden bleiben.
«Die einzige Reaktion der italienischen Behörden auf den jüngsten Skandal in Lampedusa war öffentliche Empörung und das Austauschen des Management-Teams des Zentrums», erklärt de Filippi. «Dies ist, als würde man ein Heftpflaster auf eine riesige Wunde kleben. Dieses Verhalten ignoriert einmal mehr die unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Menschen in diesem Zentrum leben müssen. Diese Menschen brauchen konkrete Massnahmen und eine menschliche Behandlung.»