Südsudan: 80'000 Flüchtlinge ohne ausreichende Nothilfe
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Juba/Zürich, 14 März 2012 – Die humanitäre Hilfe für zehntausende sudanesische Flüchtlinge im Südsudan muss dringend noch vor Einsetzen der Regenzeit verstärkt werden, betont die internationale medizinische Organisation Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF).
Seit vergangenem November haben 80’000 Menschen aus dem sudanesischen Bundesstaat Blue Nile Schutz in zwei Lagern in einer entlegenen Region des Südsudans gesucht. Enorme logistische Hürden erschweren die Bemühungen der humanitären Hilfe, diese Flüchtlinge zu erreichen.
Neuankömmlinge berichten von anhaltenden Bombenangriffen und Kämpfen im sudanesischen Bundesstaat Blue Nile. In den Flüchtlingslagern von Doro und Jamam suchen die Flüchtlinge Schutz, aber in der kargen Umgebung sind ihre Überlebenschancen gering.
„Diese Menschen sind fast völlig von humanitärer Hilfe abhängig, da es in dieser Gegend wenig Wasser und Nahrung gibt“, sagt Julien Matter, Koordinator des Noteinsatzes von MSF. „Es haben sich mittlerweile mehr Menschen hierher geflüchtet, als man hätte vorhersehen können. Auch nur die überlebenswichtigsten Hilfsgüter zur Verfügung zu stellen, ist in einem so entlegenen Gebiet eine grosse Herausforderung.“
Wenn Ende April die Regenzeit einsetzt, wird das Gebiet immer schlechter zu erreichen sein und schliesslich zu einem grossen Sumpfgebiet mit vereinzelten trockenen Inseln werden. Alle Organisationen, die in den Lagern Hilfe leisten, müssen in den kommenden Wochen ihre Anstrengungen verstärken, damit die Flüchtlinge während der kommenden Regenzeit überleben können.
Schon jetzt gibt es besorgniserregende Lücken in der Versorgung, so dass die Grundbedürfnisse der Flüchtlinge nicht ausreichend gedeckt sind. Derzeit erhält jede Person weniger als acht Liter sauberes Wasser pro Tag, das ist weit weniger als das für Flüchtlingslager empfohlene Mindestmass von 15 bis 20 Litern pro Kopf und Tag. In den Kliniken von MSF werden die direkten Folgen des Wassermangels deutlich: Die Fälle schwerer Durchfallerkrankungen steigen ständig, sie sind der Grund für ein Viertel aller medizinischen Konsultationen. Da die Gesundheit und das Leben der Flüchtlinge auf dem Spiel stehen, müssen lebensnotwendige Güter wie Wasser, Nahrung, Haushaltsgegenstände und Unterkünfte in ausreichendem Mass zur Verfügung stehen, bevor die Regenzeit beginnt.
Der Schwerpunkt der Teams liegt auf der medizinischen Hilfe, MSF kümmert sich aber auch um die Notversorgung mit Wasser: Täglich werden rund 130’000 Liter Wasser gepumpt, behandelt und verteilt. Damit mehr Menschen erreicht werden, hat MSF begonnen, das System zur Wasserversorgung auszuweiten. Doch weder der derzeitige Wasserbedarf in den Lagern noch die Herausforderungen, die noch zu erwarten sind, werden davon abgedeckt. Andere Organisationen, die in in der Wasserversorgung tätig sind, müssen ihre Aktivitäten dringend beschleunigen, bevor die Regenfälle beginnen.
Seit vergangenem November ist ein umfassender Noteinsatz von MSF im Gange. Der Schwerpunkt liegt darauf, den Menschen Zugang zu medizinischer Versorgung zu bieten – sowohl in den Lagern als auch in mobilen Kliniken in den Dörfern entlang der Grenze zum Sudan, wo sich bereits Tausende weiterer Flüchtlinge versammelt haben. Derzeit sind 50 internationale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gemeinsam mit 180 lokalen Angestellten im Einsatz. Ihnen stehen 180 Tonnen an medizinischen, logistischen und wassertechnischen Hilfsgütern zur Verfügung, die per Flugzeug, Boot oder Lastwagen in die Lager transportiert worden sind. In den Feldspitälern in den Lagern bietet MSF ambulante Behandlungen an, die stationäre Behandlung von Schwerkranken sowie therapeutische Ernährung und Geburtshilfe. Pro Woche werden mehr als 2’500 Behandlungen durchgeführt, und das Team hat knapp 30’000 Kinder gegen Masern geimpft.
Während Geldgeber und Hilfsorganisationen ihren Schwerpunkt vor allem auf Entwicklung und langfristige Unterstützung legen, ist es im unabhängigen Südsudan nach wie vor besonders wichtig, genügend Kapazitäten zur Reaktion auf akute Krisen zur Verfügung zu haben. Die derzeitige Flüchtlingskrise zeigt deutlich auf, dass die Geldgeber und Hilfsorganisationen weiterhin darauf vorbereitet sein müssen, dass es entlang der Grenze zwischen dem Sudan und dem Südsudan und auch in anderen Landesteilen zu akuten, komplexen Krisen kommen kann. In den Lagern in Doro und Jamam kann innerhalb des gegebenen Zeitfensters nur ein zusätzlicher Nothilfe-Effort das Überleben der Flüchtlinge garantieren.