Ukraine: Sofortige Einstellung der MSF-Aktivitäten in Donezk gefährdet Tausende

L’organisation n’a reçu aucune explication quant à cette décision.

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Das Humanitäre Komitee hat MSF die Zulassung für die Tätigkeit in Donezk entzogen. Die Organisation hofft, dass dieser Schritt nochmals überdacht wird.

Am 19. Oktober wurde der medizinischen Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) vom Humanitären Komitee schriftlich mitgeteilt, dass ihr die Zulassung in der selbsternannten Volksrepublik Donezk entzogen wurde und sie sämtliche Aktivitäten unverzüglich einzustellen habe.
Die Organisation erhielt keinerlei Begründung für diesen Entscheid. Bis dahin hat MSF alle Tätigkeiten mit den Behörden koordiniert und ist bereit, dies zum Wohl von tausenden hilfsbedürftigen Menschen der Donezker Republik auch weiterhin zu tun.
«Wir sind sehr beunruhigt über diesen Schritt. Tausende Menschen werden dadurch von lebenswichtiger medizinischer Hilfe abgeschnitten», betont Bart Janssens, MSF-Einsatzleiter. «Dieser Entscheid hat lebensbedrohliche Folgen für die Patienten, die wir nun zurücklassen müssen. Wir bitten daher das Humanitäre Komitee von Donezk dringend, den Entscheid nochmals zu überdenken, damit wir die benötigte Gesundheitsversorgung weiterhin anbieten können.»

Hilfe in Gebieten, wo kein medizinisches Personal mehr da ist

Seit Beginn des Konflikts im Mai 2014 hat MSF Arzneimittel und Material an 170 medizinische Einrichtungen gespendet, damit Kriegsverletzte und chronisch kranke Menschen versorgt werden konnten. Zusammen mit den lokalen Gesundheitsbehörden hielt die Organisation seit März 2015 über 85‘000 Sprechstunden ab. Die Teams waren mit vierzig mobilen Kliniken unterwegs, um auch Menschen in Gebieten Hilfe anzubieten, wo Ärzte und das Pflegepersonal geflohen waren oder die Apotheken leer waren.
«Wir sind fast die einzige Organisation, die Tuberkulosekranke in Gefängnissen behandelt, die Diabetes-Patienten mit Insulin versorgt oder bei Nierenversagen Produkte für die Hämodialyse anbietet», fährt Janssens fort. «Die Einstellung unserer Tätigkeiten von einem Tag auf den andern bewirkt, dass tausende Patienten, die unter chronischen, potentiell tödlichen Krankheiten leiden, ab sofort kaum oder gar keine Unterstützung mehr erhalten.»

MSF stellt 77% des Insulins zur Verfügung

MSF stellt derzeit 77 Prozent des benötigten Insulins für Diabetes-Patienten über 18 Jahre im Gebiet unter der Kontrolle der Donezker Republik zur Verfügung. Die Organisation liefert auch 90 Prozent der für die Hämodialyse benötigten Produkte. Dies ist eine lebenswichtige Behandlung für Menschen, die an einem Nierenversagen leiden. «Ein Unterbruch bei der Versorgung mit diesen lebenswichtigen Behandlungen kann für die Betroffenen schwere gesundheitliche Folgen haben. Nach der Einstellung der MSF-Aktivitäten gibt es für diese Menschen kaum andere Optionen. Es macht uns traurig, dass so viele Patienten im Stich gelassen werden», so Janssens.
Auch rund 150 Gefängnisinsassen, die an resistenter Tuberkulose leiden, werden nun ihre benötigte Behandlung nicht mehr erhalten. Diese hatte MSF seit 2011 zur Verfügung gestellt. «Es besteht ein hohes Risiko, dass sich der Gesundheitszustand dieser Patienten rasch verschlechtert. Bei Personen, die an resistenter Tuberkulose leiden, wirkt sich eine Unterbrechung der Therapie sehr negativ auf die Heilungschancen aus, selbst wenn sie später die Behandlung wieder aufnehmen. Wenn sie diese überhaupt erhalten», fügt Janssens hinzu. «Es ist bekannt, dass die medikamentenresistente Tuberkulose in ukrainischen Gefängnissen sehr verbreitet ist. Unterbrechen die Betroffenen nun ihre Therapie, bedeutet dies ein Risiko für die öffentliche Gesundheit.»

«Ethisch nicht vertretbar, Patienten im Stich zu lassen»

MSF bittet daher das Humanitäre Komitee von Donezk dringend, den Entzug der Zulassung der Organisation nochmals zu überdenken. «Als eine medizinische Organisation ist es für uns ethisch nicht vertretbar, unsere Patienten im Stich zu lassen. Dieser Entscheid muss nochmals überprüft werden, damit wir weiterhin dringend benötigte Gesundheitsversorgung anbieten können», fasst Janssens zusammen.
MSF ist seit 2011 in der Ostukraine tätig. Seit Mai 2014 leistet die Organisation auf beiden Seiten im Konflikt medizinische Hilfe mit mobilen Kliniken und versorgt Gesundheitseinrichtungen mit Medikamenten und Material. MSF ergreift bei Konflikten nie Partei und ist unabhängig von jeglichen politischen, militärischen oder wirtschaftlichen Zielsetzungen. Die Organisation leistet medizinische Hilfe einzig aufgrund der Bedürfnisse, ungeachtet von Geschlecht, ethnischer, religiöser oder politischer Zugehörigkeit der hilfsbedürftigen Menschen. Ihre Arbeit in der Ukraine finanziert MSF ausschliesslich aus Privatspenden und nimmt keinerlei Gelder von Regierungen an.