Bulgarien: MSF übergibt Projekte für Asylsuchende an Behörden

« Nous espérons que les conditions continueront à s’améliorer et que les normes d’accueil seront respectées, même après le départ de MSF. »

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Nach einem siebenmonatigen Einsatz für Asylsuchende in Bulgarien übergibt MSF die Projekte an die örtlichen Behörden.

Sieben Monate lang hat Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) Asylsuchende in Bulgarien medizinisch versorgt und sich für die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen eingesetzt. Inzwischen haben die bulgarischen Behörden reagiert, so dass die Organisation ihre Projekte den lokalen Autoritäten übergeben konnte. In drei Aufnahmezentren hatte MSF neben der medizinischen Versorgung lebensnotwendige Hilfsgüter verteilt und Verbesserungen bei den Unterkünften und der alltäglichen Betreuung erreicht.
In den Aufnahmezentren in Harmanli nahe der Grenze zur Türkei und zu Griechenland sowie in der bulgarischen Hauptstadt Sofia halten sich derzeit rund 1’500 Asylsuchende auf. Viele kommen aus dem kriegsgebeutelten Syrien und sind nach einer langen, oft gefährlichen Reise nach Europa gelangt, um hier Schutz und Sicherheit zu finden.
MSF hat den Einsatz in Bulgarien im vergangenen November begonnen, da die Lebensbedingungen für die Flüchtlinge katastrophal waren: Es fehlte an Lebensmitteln und Unterkünften und der Zugang zu medizinischer Versorgung war beschränkt. Es war Winter, die Menschen schliefen in unbeheizten Zelten, und bis zu 50 Personen mussten sich eine Toilette teilen.

Die bulgarischen Behörden haben reagiert

Inzwischen haben die bulgarischen Behörden ihre Kapazitäten erweitert, und die Bedingungen haben sich verbessert. MSF übergibt deshalb die medizinische Grundversorgung und die psychologische Betreuung der Asylsuchenden an die bulgarische Regierung. Gleichzeitig fordert die Organisation die Behörden auf, weiterhin zu gewährleisten, dass die Flüchtlinge sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Auffangzentren Zugang zu Versorgung haben.
«Es gibt zwar immer noch Probleme, doch diese Zentren sind ein gutes Beispiel für das übrige Europa, dass Behörden sich für die Verbesserung der Aufnahmebedingungen von Flüchtlingen einsetzen können und müssen», betont Stuart Alexander Zimble, Landeskoordinator von MSF in Bulgarien. «Wir hoffen, dass die Verbesserungen greifen und dass die Standards auch nach der Übergabe eingehalten werden.»
MSF ist besorgt, ob die lokalen Behörden in der Lage sein werden, die Hygiene-Standards aufrechtzuerhalten. Andernfalls könnten neue Gesundheitsrisiken entstehen, besonders da eben ein Ausbruch von Hepatitis A registriert wurde.

Chronische Krankheiten bei syrischen Flüchtlingen

Während der letzten sieben Monate hielt MSF in Bulgarien mehr als 7’700 ärztliche Sprechstunden ab, 1’725 davon betrafen Kinder unter fünf Jahren und 990 Frauen während der Schwangerschaft oder nach der Geburt. «Wir sehen viele Flüchtlinge aus Syrien, die eine Behandlung gegen chronische Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck brauchen. Wenn solche Patienten nicht regelmässig medizinisch betreut werden, kann sich ihr Gesundheitszustand gefährlich verschlechtern», sagt Carla Peruzzo, medizinische Koordinatorin im Lager.

Viele Flüchtlinge leiden an Kriegstraumata

MSF leistete auch psychologische Unterstützung für mehr als 60 Patienten. Viele von ihnen litten an posttraumatischen Belastungsstörungen, nachdem sie Gewalt und Folter erfahren hatten. Gemäss den Mindeststandards der EU sollte das Hilfsangebot für Asylsuchende neben medizinischer Grundversorgung und psychologischer Unterstützung auch spezialisierte Behandlungen für Opfer von Folter und sexueller Gewalt oder für Menschen mit einer Behinderung umfassen.
«Psychologische Hilfe ist unglaublich wichtig für Menschen, die vor Krieg, Konflikten und Folter geflohen sind. Einige unserer Patienten wurden gefoltert, andere flohen aus Todesangst, nachdem Familienangehörige entführt oder getötet worden waren. Sie nahmen die lange und gefährliche Reise nach Europa auf sich, im Wissen, dass sie dort eine unsichere Zukunft erwartete, sollten sie überhaupt ankommen», sagt Carla Peruzzo.

Bulgarien schliesst seine Landesgrenze

Bis Ende Juni wird Bulgarien – mit Billigung der EU – einen 30 Kilometer langen Grenzzaun zu Ende gebaut haben, um seine Landesgrenze zu schliessen. Eine Strategie, die schon Griechenland 2012 verfolgt hat. Die Zahl der neu ankommenden Asylsuchenden ist in Bulgarien wegen dieser Massnahme bereits deutlich zurückgegangen.
«Jetzt beginnen die Sommermonate, in denen die Zahl der Migranten und Flüchtlinge, die Europa zu erreichen versuchen, ihren Höhepunkt erreicht», erklärt Aurelie Ponthieu, Beraterin für humanitäre Angelegenheiten bei MSF. «Die meisten Landesgrenzen in Europa wurden geschlossen, und Tausende Flüchtlinge aus Krisengebieten wie Syrien oder Eritrea müssen in ihrer Verzweiflung den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer auf sich nehmen. Wenn sie ihr Ziel erreichen, werden sie selten menschenwürdig behandelt. Dieser Zustand muss dringend verbessert werden.»
Seit dem Jahr 2000 leistet MSF medizinische Hilfe für Migranten in Aufnahme- und Auffanglagern in ganz Europa.