Die endlose Reise der syrischen Flüchtlinge

L'aide aux réfugiés syriens vivant dans des camps comme Domiz a été réduite de manière drastique durant l'été.

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Wie Tausende anderer syrischer Kurden haben Mohamed und seine Familie die Grenze in die Autonome Region Kurdistan im Irak überquert und sich im Lager Domiz niedergelassen, wo derzeit über 40'000 Menschen leben.

Mohamed stammt aus Derek, einer Stadt im Nordosten Syriens, im kurdischen Landesteil zwischen Irak und Türkei. Später zog er nach Damaskus und arbeitete dort als Minibus-Fahrer. Er ist Vater von vier Kindern; sein Jüngstes kann noch nicht einmal laufen. Als vor zwei Jahren der Krieg in Syrien ausbrach und das Leben in Damaskus nicht mehr sicher war, ist Mohamed mit seiner Familie aus der Stadt geflohen.

Drastische Kürzungen bei der humanitären Hilfe

Die Unterstützung für syrische Flüchtlinge in Lagern wie Domiz wurde diesen Sommer stark gekürzt. Ein Lebensmittelgutschein hat nun noch einen Wert von 10 US-Dollar anstatt 31 wie zuvor. Jeden Tag machen sich Familien vom Lager aus erneut auf den Weg ins Ungewisse Richtung Europa, wo sie hoffen, dauerhafte Sicherheit zu finden und ein neues Leben anfangen zu können.
«Ich freue mich nicht auf die Reise, ich würde lieber hier bei meinen Eltern bleiben, aber wir haben keine Wahl», sagt Mohamed. «Bis August haben wir Lebensmittelgutscheine erhalten, so dass wir nicht hungern mussten, aber jetzt gibt es nichts mehr. Im Sommer habe ich bei einem Bauern ausgeholfen, einem guten Mann, den ich kenne. Ich habe hart gearbeitet, und der Bauer meinte, ich sei sein bester Traktorfahrer. Aber dann konnte er seine Ernte nicht verkaufen, was bedeutet, dass er kein Geld hat. Er sagte mir, er könne mich nicht bezahlen, und ich glaube ihm.

«Warum können wir nicht mehr in den Park gehen?»

Aber wie soll ich jetzt meine Familie ernähren? Ich musste mir viel Geld ausleihen, um nicht mehr im Zelt leben zu müssen und uns ein Haus aus Backstein zu bauen. Erst seit ein paar Wochen ist das Haus fertig. Wir haben noch kaum drin geschlafen und schon müssen wir es wieder verlassen. Keiner von uns will gehen, aber der Alltag hier ist einfach zu schwer.
Das Leben in Damaskus war gut. An freien Tagen bin ich mit meinen Kindern immer in den Park gegangen. Das haben sie geliebt! Seit wir im Lager Domiz sind, fragen sie mich ständig, warum wir nicht mehr in den Park gehen können. Hier gibt es keine Parks, nur endlose Staubwüste. Und dennoch würden wir lieber hier bleiben. Ich habe so hart für dieses Haus gearbeitet. Jetzt muss ich es verkaufen, um meine Schulden zurückzahlen zu können. Es gibt viele syrische Kurden ausserhalb des Lagers, die es kaufen wollen, denn dann müssen sie keine Miete zahlen.

Auf gut Glück aufbrechen

Wenn ich meine Schulden hier geregelt habe, bleibt aber nicht mehr genug für die Schlepper. Deshalb werden wir auf gut Glück aufbrechen und einfach den anderen folgen. Wir machen uns zusammen mit anderen Familien auf den Weg, einige von ihnen Verwandte, denn allein ist die Reise zu gefährlich. Viele Leute hier haben dieselben Probleme wie wir und machen sich für die Reise bereit. Meine Verwandten warten nur noch, bis ich jemanden gefunden habe, der das Haus kauft.
Meine Schwester will, dass ihre Tochter später ihr Studium fortsetzen kann. Ihr Mann ist vor zwei Wochen aufgebrochen, wurde aber in Ungarn angehalten und ins Gefängnis gesteckt. Tagelang wussten wir nicht, wo er ist und was mit ihm geschehen ist. Gestern endlich erhielten wir die Nachricht, dass er entlassen wurde, weil der Schlepper einen Wächter geschmiert hat.

Ein Speicher-Stick mit Fotos als einziges Gepäck

Wir bleiben über WhatsApp in Kontakt, denn es gibt immer irgendeine Familie mit einem Mobiltelefon, die die anderen informiert. Schon auf die Flucht aus Syrien haben wir nur sehr wenig mitgenommen, aber jetzt habe ich nur noch einen Speicher-Stick mit Fotos bei mir. Was gibt es denn sonst noch Wertvolles für uns, nachdem wir jahrelang in einem Zelt gelebt haben?
Wir mussten schon zu viele Male fliehen, und meine Eltern wollen jetzt nicht mehr. Ich mache mir Sorgen, was aus ihnen wird, wenn ich sie hier zurücklasse. Ich möchte wirklich nicht weg und habe vor allem Angst um meine Familie. Selbst wenn wir es wohlbehalten in die Türkei schaffen: Falls ich höre, dass es hier Arbeit gibt, kommen wir sofort wieder zurück.»