Ebola: Zur Eindämmung der Epidemie sind weitere Anstrengungen nötig
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Ebola: Die Epidemie ist noch nicht vorbei – in den Kerngebieten sind weitere Anstrengungen nötig
Das Ebola-Virus wütet in Westafrika weiter, wenn auch mit geringerer Intensität. Während die Zahl neuer Patienten in Liberia abnimmt, schwankt sie sowohl in Guinea als auch in Sierra Leone noch immer. Insgesamt 99 Neuinfizierte wurden in der Woche bis zum 22. Februar 2015 in den drei am stärksten betroffenen Ländern gemeldet. Seit der Ausbruch vor elf Monaten offiziell erklärt wurde, haben sich über 23'700 Menschen in dieser Region mit dem Virus infiziert. Die Unvorhersehbarkeit der Epidemie zwingt die Teams von Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) dazu, weiterhin flexibel zu reagieren und dort zu helfen, wo sie in Guinea, Liberia und Sierra Leone am meisten gebraucht werden.
Guinea: Weiterhin viel Aufklärungsarbeit nötig
Nach WHO-Angaben hat es diese Woche 35 neue bestätigte Ebola-Fälle in Guinea gegeben, die meisten davon in der Hauptstadt Conakry. Trotz der gross angelegten Aufklärungskampagnen widersetzen sich noch immer viele Menschen gegen die öffentlichen Gesundheitsempfehlungen von Behörden und internationalen Organisationen. Die MSF-Teams hatten diesen Monat in Faranah und einigen Dörfern mit mehreren Zwischenfällen zu kämpfen. So wurden zum Beispiel ein MSF-Fahrzeug in Brand gesetzt und Helfer mit Steinen beworfen. «Die Menschen haben Angst vor dem Virus und viele im Dorf haben das Vertrauen in das Gesundheitswesen verloren», erklärt Claudia Evers, Notfall-Koordinatorin von MSF in Guinea. «Die jüngsten Angriffe auf Mitglieder von Hilfsorganisationen zeigen, dass noch immer viel Aufklärungsarbeit geleistet werden muss.»
Trotz dieser Schwierigkeiten konnte MSF die Kapazitäten weiter ausbauen und zwei mobile Einsatzteams in die Präfekturen Faranah und Boffa entsenden, um die dortige Seuchenlage zu beurteilen. Die Situation in den beiden Gebieten wird kaum von den Überwachungssystemen erfasst und der Widerstand der Bevölkerung gegen die Gesundheitsempfehlungen ist hier bekanntermassen sehr hoch. «Wir müssen unsere Arbeit fortsetzen und mit allen einflussreichen Vertretern der Bevölkerung sprechen, um weitere Dörfer zu erschliessen», betont Evers. «Das ist die einzige Möglichkeit, die Epidemie in den Griff zu bekommen.» Auch die Rückverfolgung von Kontakten und das Erkennen von Übertragungsketten stellen in Guinea weiterhin eine grosse Herausforderung dar.
MSF betreibt derzeit zwei Ebola-Zentren in Guinea – in Guéckédou und Conakry – und kümmert sich ausserdem um Überwachung, soziale Mobilisierung und Schulungen im Bereich Infektionskontrolle.
Liberia: Mangelnde Gesundheitsversorgung bei anderen tödlichen Krankheiten
In Liberia konnte mit nur acht gemeldeten bestätigten Ebola-Fällen der stärkste Rückgang verzeichnet werden. Im MSF-Ebola-Zentrum ELWA 3 in Monrovia befinden sich derzeit drei Patienten mit Verdacht auf Ebola. Die MSF-Teams konzentrieren sich jetzt auf die Bedürfnisse derjenigen, die die Krankheit überlebt und mit den verschiedensten körperlichen und psychischen Problemen zu kämpfen haben. Dafür wurde eine speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Klinik eröffnet.
Das ohnehin schwache Gesundheitswesen Liberias wurde von der Epidemie empfindlich getroffen, viele Spitäler wurden geschlossen. MSF eröffnete in Monrovia ein Kinderspital mit 100 Betten für Kinder mit gesundheitlichen Problemen, die nicht mit Ebola einhergehen.
Nun, da die ersten Gesundheitseinrichtungen wieder geöffnet werden, spielt die Infektionskontrolle eine wichtige Rolle, um das Vertrauen der Bevölkerung in das Gesundheitswesen wiederherzustellen. Dazu unterstützt MSF in Monrovia das James David, Jr. Memorial Hospital in den Bereichen Rehabilitation sowie Infektionsprävention und -eindämmung. Ausserdem wurden ein Arzt und zwei Krankenpflegekräfte in das Spital entsandt, um gemeinsam mit dem Personal vor Ort die Qualität der Pflege zu verbessern. In Monrovia hilft MSF sechzehn weiteren Kliniken mit einem Gesamtpaket für Infektionsprävention, das den Aufbau einer Triage-/Isolierungsabteilung sowie medizinische Schulungen und solche im Bereich Wasser und Abwasserentsorgung beinhaltet. Sechs Einrichtungen werden bei der Infektionskontrolle unterstützt.
Mobile Teams von MSF haben in den Vororten New Gardnersville, Bardnesville und New Georgia von Monrovia Massnahmen zur Gesundheitsförderung gestartet, schulen lokales Gesundheitspersonal in Triage und Infektionskontrolle und schliessen Lücken in der medizinischen Grundversorgung. Grössere Lücken bestehen auch bei der Betreuung von Schwangeren und der Behandlung von Unfalltraumata. Zudem gibt es zu wenige Betten für stationäre Behandlungen. «Die Wiederherstellung und Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung muss eine erste Etappe des Wiederaufbaus des Gesundheitswesens in dieser Region darstellen», erklärt Dr. Adi Nadimpalli, Einsatzleiter in Liberia.
Auch Impfmassnahmen gegen vermeidbare Krankheiten sind dringend nötig. In den Bezirken Lofa, Margib und Montserrado, wo MSF das Gesundheitsministerium in den Bereichen Überwachung und Behandlung unterstützt, kam es zu Masernausbrüchen, im Bezirk Maryland zu Fällen mit Verdacht auf Keuchhusten. «Es ist äusserst wichtig, unverzüglich auf diese Ausbrüche von Infektionskrankheiten zu reagieren, statt abzuwarten, bis es zu einer grösseren Epidemie kommt», warnt Dr. Adi Nadimpalli.
Sierra Leone: Schwerpunkt verlagert sich von Ebola-Zentren in die Dörfer
Mit 63 neuen bestätigten Fällen in sieben Distrikten in der Woche bis zum 25. Februar 2015 ist Sierra Leone noch immer das am stärksten von Ebola betroffene Land. Am schlimmsten ist es im Nordwesten des Landes sowie in der dicht besiedelten Hauptstadt Freetown.
In der letzten Woche hat MSF in Sierra Leone einen Richtungswechsel vorgenommen: In Kailahun, im äussersten Westen des Landes, und in Freetown wurden zwei Ebola-Zentren von MSF geschlossen. Das Zentrum in Kailahun wurde am 20. Februar geschlossen, nachdem der Distrikt für ebolafrei erklärt wurde – seit dem 12. Dezember waren keine neuen Fälle gemeldet worden. Das Prince-of-Wales-Zentrums in Freetown wurde am 23. Februar geschlossen, nachdem die Regierung angekündigt hatte, dass alle auf Schulgeländen errichteten Ebola-Zentren vor Wiederaufnahme des Schulbetriebs Ende des Monats abgerissen und dekontaminiert würden.
Dank zahlreicher von anderen Organisationen betriebenen Ebola-Zentren im Land und dem abnehmenden Bedarf an Betten kann MSF sich jetzt verstärkt dort einsetzen, wo es am nötigsten und am schwierigsten ist: direkt vor Ort bei der Bevölkerung.. «Durch diese Schliessungen können wir unsere Ressourcen auf Tätigkeiten in den Dörfern umverteilen. Dazu gehört zum Beispiel die Überwachung und Gesundheitsförderung. Ausserdem liegt unser Schwerpunkt weiterhin auf den Gesundheitsdiensten für die Überlebenden, wozu je nach Bedarf auch Überweisungen und die Betreuung bei psychischen Beschwerden gehören», fasst Dana Krause, Notfallkoordinatorin in Sierra Leone, zusammen.
Gleichzeitig hat MSF zusätzliche Teams nach Freetown entsandt, wo neue Hotspots entstanden sind. Dazu ist im Kambia-Distrikt, im Grenzgebiet zu Guinea, wo jede Woche rund 10'000 Grenzgänger unterwegs sind, ein grenzübergreifendes Überwachungsteam im Einsatz.
«In dieser Region ist ein weiterreichendes Gesundheitsüberwachungssystem erforderlich, wenn wir die Epidemie aufhalten wollen», macht Krause deutlich. «Die Anzahl der Neuinfizierten ist in Sierra Leone noch immer alarmierend und die Entwicklung in den kommenden Wochen wird entscheidend sein.»
In Kissy, ausserhalb von Freetown, eröffnete MSF Ende Januar eine Entbindungsstation für schwangere Frauen mit Ebola. Dort erhalten die Frauen mit bestätigter Ebola-Diagnose oder solche, bei denen Verdacht darauf besteht, spezialisierte Schwangerschaftsbetreuung. Diese Abteilung war zuvor auf dem Schulgelände der Methodist Boys High School untergebracht gewesen, worauf die Regierung entschloss, diese an einen anderen Ort zu verlegen.
Forschungs- und Entwicklungsbemühungen in vollem Gange
Eine klinische Studie über die experimentelle Behandlung von Ebola mit Favipiravir wird derzeit in Ebola-Zentren von MSF in Guinea durchgeführt. Gleichzeitig werden weitere Möglichkeiten erforscht, darunter eine Studie in Conakry, bei der Ebola-Patienten das Blutplasma von geheilten Patienten verabreicht wird. Im März wird, ebenfalls in Guinea, mit einer Studie über einen experimentellen Impfstoff gegen Ebola begonnen. «Alle diese Bemühungen sollten zu Innovationen führen, die in den betroffenen Ländern angewendet werden können», erklärt Dr. Bertrand Draguez, medizinischer Leiter von MSF. «Diese werden wesentlich zum Schutz der Bevölkerung sowohl bei dieser Epidemie als auch bei zukünftigen Ausbrüchen beitragen.»