Guinea: „Man vergisst, dass die Masern immer noch tödlich sein können“

Si la rougeole est considérée comme bénigne dans les pays développés, en Guinée, elle a déjà tué.

3 Min.

Letzten Samstag begann MSF in Conakry, der Hauptstadt Guineas, eine Impfkampagne gegen Masern, nachdem die Behörden am 14. Januar offiziell den Ausbruch einer Epidemie erklärt hatten. Während zweier Wochen wird die Organisation rund 400‘000 Kinder von sechs Monaten bis zehn Jahre impfen.

Seit fünf Tagen befindet sich Halimatou Touré im Spital Donka in Conakry. Mit düsterer Miene und zusammengepressten Lippen streicht sie ihrem Sohn Oumar über die Haare. Deutlich ist der rote Ausschlag auf der Haut des kleinen Jungen zu sehen. Der knapp einjährige Oumar hat schon jetzt Gewicht verloren: Weil sein Mund ganz wund ist, will er nicht mehr essen und lässt sich seit zwei Wochen nicht mehr stillen. Schuld daran sind die Masern. Während diese Krankheit in den entwickelten Ländern als harmlos gilt, fordert sie in Guinea Todesopfer. Halimatou macht sich Vorwürfe. „Ich wusste nicht, dass er geimpft werden musste. Und jetzt haben die Masern mein Kind gepackt.“
Die Kinderabteilung ist immer voll besetzt. Jeden Tag werden neue Kinder mit Masern aufgenommen, und die drei Spitalsäle werden bald nicht mehr genügen, wenn sich die Krankheit im gleichen Tempo weiterverbreitet. Die meisten Kinder im Spital haben wie Oumar Komplikationen entwickelt, weil ihre Krankheit zu spät erkannt wurde.

Viele kommen erst bei Komplikationen ins Spital

Dr. Namory Keita stellt bedauernd fest: „Manche Eltern warten zu lange, bis sie ins Spital kommen, und verlassen sich stattdessen auf die Selbstmedikation. In Guinea glauben die Leute zum Beispiel, dass die Kinder mit Palmwein geheilt werden können. Derartige Fälle kommen erst spät ins Spital, wenn der Hautausschlag sich schon vollständig entwickelt hat und Komplikationen eingetreten sind. Die Leute scheinen zu vergessen, dass die Krankheit tödlich verlaufen kann, wenn sie nicht rechtzeitig bekämpft wird.“
Sein Telefon läutet. Eine Impfstation informiert ihn über einen neuen Fall: „Die Arbeit ruft. Ich muss hingehen, um den Gesundheitszustand eines Kindes zu überprüfen. Die Untersuchung mache ich an Ort und Stelle; wenn jedoch das Kind ernsthaft krank ist, muss es in ein spezialisiertes Zentrum für schwere Fälle überwiesen werden, wie dieses hier.“
Neben einer kleinen Moschee, im Schatten zweier grosser Mangobäume, die als letzter grüner Flecken des städtisch geprägten Bezirks Matam übrig geblieben sind, hat das MSF-Team die Impfstation eingerichtet. In ihren rot karierten Uniformen werden die Schüler einer benachbarten Schule in Reih und Glied von ihren Lehrern hergeführt. Der Leiter des Sektors gibt Anweisungen per Megafon und erklärt dann: „Unser Team impft in dieser Station 1‘000 bis 1‘300 Kinder pro Tag. Wir haben bereits sieben kranke Kinder entdeckt und überwiesen. Ich bin sehr froh, dass die Kinder in grosser Zahl zu uns kommen. Die MSF-Helfer haben Sensibilisierungsmassnahmen durchgeführt und ich selbst mache auch mit. Heute Morgen bin ich wieder um fünf Uhr mit dem Motorrad los, um die Leute zu informieren, in den Schulen, in den Wohnhöfen, in den Moscheen…“

Nur die Hälfte der Kinder sind geimpft

In Guinea sind Masern in der Bevölkerung wohl bekannt, denn 2009 starben zehn Kinder bei einer Epidemie. Doch die Routineimpfungen sind lückenhaft und die Durchimpfungsrate bleibt deshalb ungenügend: Nur wenig mehr als die Hälfte der guineischen Kinder haben eine Impfung erhalten. Um eine Epidemie zu verhindern, muss aber in einer Population eine Immunisierung von mindestens 95 Prozent erreicht werden. In den Gemeinden Ratoma, Matoto und Matam, wo die Epidemie grassiert, kommen die Eltern deshalb in Massen zu den Impfstationen von MSF, um ihre Kinder zu schützen.