Pakistan: MSF verstärkt Katastrophenhilfe - es gibt noch viel zu tun

MSF-Belgique ; distribution d’eau dans les villages entourant Charsadda, Pakistan, 08.08.2010

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Mehr als vier Wochen nach Beginn des Nothilfe-Einsatzes für die Opfer der gewaltigen Flutkatastrophe in Pakistan baut MSF die Hilfsmassnahmen in den betroffenen Gebieten weiter aus. Gleichzeitig vergrössern die Einsatzteams ihren Aktionsradius, um neue Orte abzudecken, an denen die Fluten Tausende Menschen von der Umwelt und somit von lebensnotwendiger Hilfe abgeschnitten haben.

Um den Ausbruch von Erkrankungen durch verunreinigtes Wasser so gering wie möglich zu halten, weitet MSF die Verteilung von sauberem Wasser in den grössten Städten und abgelegenen Dörfern der Distrikte Charssada, Swat, Nowshera, Lower Dir und Dargai in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa aus. In den kommenden Tagen wird MSF auch mit der Wasser- und Sanitärversorgung in den Provinzen Sindh und Belutschistan beginnen. Die Teams planen unter anderem, das Wasserversorgungssystem der Stadt Dera Murad Jamali in Belutschistan sowie der Stadt Sukkur in der Provinz Sindh zu überprüfen, um sicher zu stellen, dass das Wasser der öffentlichen Versorgungseinrichtung chloriniert wird, bevor es die Bevölkerung erreicht.

MSF stellt derzeit über 540’000 Liter sauberes Wasser täglich an verschiedenen stationären und mobilen Wasserstationen in ganz Pakistan bereit - mittels Lastwagen, Tanks, Wasserhähnen und Haus-zu-Haus-Verteilungen. Die Hilfsorganisation verteilt auch Kanister und Eimer an Familien, die keine ausreichenden Wasserbehälter haben. Zudem hilft MSF den lokalen Behörden bei den Aufräumarbeiten und der Instandsetzung von verunreinigten Brunnen.

“Es ist beunruhigend, dass einige Familien begonnen haben, ihre Trinkwasserquellen wieder zu benutzen. Das ist schlecht, weil das Wasser noch immer verunreinigt ist, was zu Erkrankungen führen kann. Wir werden weiterhin sauberes Trinkwasser zur Verfügung stellen, bis wir in der Lage sind, ein Kontrollsystem zu installieren, um sicherzustellen, dass das Wasser gut genug für den täglichen Gebrauch ist“, erklärt Muhammad Shakeel, Mitarbeiter des Wasser- und Sanitärteams von MSF in Nowshera.

Lebensnotwendige Gesundheitsaufklärung

Gesundheitsaufklärung spielt eine entscheidende Rolle bei der Erhöhung des Bewusstseins für Gesundheitsrisiken. Während Hilfsgüterverteilungen zeigen Mitarbeiter von MSF den Menschen beispielsweise, wie Wasserreinigungstabletten verwendet werden, um zu Hause Trinkwasser aufzubereiten. Die verteilten Hilfspakete enthalten standardmässig 20 Reinigungstabletten, welche bei richtigem Einsatz sauberes Wasser für eine siebenköpfige Familie während eines Zeitraums von zwei Wochen sicherstellen.

In Dera Murad Jamali in der Provinz Belutschistan musste MSF beobachten, dass sich zu den mangelhaften hygienischen Bedingungen die bereits bestehende Unterernährung verschlimmert. MSF behandelt derzeit mindestens 300 schwer unterernährte Kinder unter fünf Jahren im bereits vorhandenen Notfall-Ernährungsprogramm in der Region und integriert das Thema Ernährung in die Gesundheitsaufklärung.

Ausbau der mobilen Kliniken und Gesundheitsstrukturen

Seit dem 1. August hat MSF mehr als 16’600 Konsultationen in verschiedenen Regionen Pakistans durchgeführt – die Hälfte mittels vierzehn mobilen Kliniken in Dera Murad Jamali, Khabula, Sobhatpur, Malakand, Swat, Lower Dir, Charsadda, Sukkur und Peshawar.

Aufgrund des Anstiegs der Patienten, die an akuten Durchfallserkrankungen leiden, hat MSF sechs auf die Behandlung von Durchfallerkrankungen spezialisierte Behandlungszentren (sogenannten „DTC“, „Diarrhoea Treatment Centres“) in Swat, Lower Dir, Malakand, Hangu, Kot Addu und Dera Murad Jamali eingerichtet. Ausserdem wurde das Personal und die logistischen Kapazitäten zur Behandlung von Krankheiten wie Cholera massiv aufgestockt. Die Teams von MSF sind bereit, bei Bedarf weitere Behandlungszentren für Durchfallserkrankungen einzurichten.

Im Distrikt Swat in der Region Khyber Pakhtunkhwa wurde eine Isolationsstation mit 20 Betten im Krankenhaus von Mingora eingerichtet. Dazu gehört ausserdem ein Zelt zur Rehydrierung dehydrierter Patienten und Massnahmen zur Hygieneaufklärung. In Dera Murad Jamali in der Region Belutschistan haben MSF-Teams Behandlungszentrum mit 20 Betten eingerichtet, um dem massiven Zustrom von Patienten aus den benachbarten, noch immer überfluteten Distrikten, gerecht zu werden. In Kot Addu, Punjab, hat MSF ein bestehendes Behandlungszentrum mit 30 Betten um 70 weitere aufgestockt, um mehr Patienten aufnehmen zu können.

In den vergangenen Wochen haben die Einsatzteams ungefähr 1’600 Fälle akuter Durchfallerkrankungen in den Hochwassergebieten behandelt.

Fortsetzung der Hilfsgüterverteilungen

Unter der drohenden Gefahr neuer Fluten setzt MSF die Verteilung von Gütern des täglichen Bedarfs weiter fort, um einen minimalen Lebensstandard zu garantieren und der Ausbreitung von Krankheiten entgegen zu wirken. In Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa haben die Teams bereits 14’675 Pakete mit Hilfsgütern und 4’855 Zelte an Betroffene verteilt. Typische Hilfsgüter sind Eimer, Seifen, Zahnbürsten, Kanister, Hygieneartikel, Handtücher, Kochutensilien, Plastikplanen, Zelte, Matratzen sowie Tabletten zur Wasserreinigung. Für die kommenden Tage sind weitere Verteilungen geplant.

Weiterer Bedarf und Aktivitäten an neuen Orten

In Belutschistan und dem nördlichen Sindh hat der steigende Pegelstand des Flusses Indus 90 Prozent der Menschen in Gegenden wie Usta Muhammad, Dera Allar Yar und Ganakha dazu gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen. Im Süden von Kashmor und Sindh mussten Familien Zuflucht auf Hügeln oder kleinen Erhebungen zwischen den Wasserströmen suchen – etwa auf Bahngleisen oder Strassendämmen.

In Sukkur im nördlichen Sindh hat MSF mit der Verteilung von Hilfsgütern begonnen und drei neue mobile Kliniken gestartet. Die mobilen Teams begegnen dabei immer wieder Gruppen von bis zu Tausend Menschen mit dringenden medizinischen Bedürfnissen, darunter vor allem Kinder. MSF unterstützt eine Kinderstation mit 30 Betten für Kinder unter 5 Jahren in Sukkur.

Im südlichen Sindh hat MSF in Hyderabad einen neuen Stützpunkt eingerichtet, um die Hilfe in der Region zu koordinieren.

Erkundungsteams setzen ihre Arbeit in Khyber Pakhtunkhwa, Punjab, Sindh und Balutschistan fort.

Derzeit sind mehr als 110 internationale Mitarbeiter gemeinsam mit 1’200 pakistanischen Mitarbeitern von MSF in Pakistan im Einsatz.

MSF leistet seit 1988 medizinische Hilfe für die lokale Bevölkerung und afghanische Flüchtlinge in Pakistan. MSF nimmt für die Arbeit in Pakistan keine öffentlichen Gelder an und finanziert die Hilfsprogramme einzig aus privaten Spenden.