Südsudan: Zehntausende Vertriebene suchen aus Angst keine Hilfe auf
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Nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen brauchen die Menschen in Pibor dringend Hilfe. 90'000 Personen verstecken sich vermutlich im Busch, ohne jegliche Hilfe.
Fast die gesamte Bevölkerung des Ortes Pibor im Bundesstaat Jonglei musste im Mai 2013 fliehen, nachdem sich die Kämpfe zwischen der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee (SPLA) und der Miliz um Rebellenführer David Yau Yau zugespitzt hatten. Heftige Gewalt zwischen den ethnischen Gruppen der Luo Nuer und Murle lösten dann im Juli eine neue Panikwelle aus. 90’000 Menschen werden noch vermisst; man vermutet, dass sie sich im Buschland aufhalten. Die Angst hält die Menschen davon ab, Hilfe zu suchen. Etwa 28’000 Vertriebene befinden sich laut Behördenangaben inzwischen in der Umgebung des Dorfs Gumuruk, wo MSF eine Klinik betreibt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Region wegen der Regenzeit von Überschwemmungen betroffen ist.
Obwohl Gumuruk einer der wenigen zugänglichen Orte in der sumpfigen und unsicheren Region ist, kommt die Hilfe nur langsam an, und die Registrierung durch die Vereinten Nationen ist erst in den vergangenen Tagen neu angelaufen.
Die kleine Klinik von MSF in Gumuruk ist stark ausgelastet. Die Teams haben täglich 90 bis 100 Patienten. Die meisten Krankheiten sind direkt auf den wochen- oder gar monatelangen Aufenthalt im Busch während der Regenzeit zurückzuführen: Lungenentzündungen und andere Atemwegserkrankungen, Malaria und Durchfall. Auch mangelernährte Kinder werden behandelt.
Die Menschen erhalten zu wenig Hilfe
„Die Leute kommen ins Dorf und warten den ganzen Tag auf Nahrung", berichtet Carolina Lopez, Notfall-Koordinatorin von MSF, besorgt: „Die meisten haben bei den jüngsten Kämpfen ihr Vieh verloren, und die letzte Pflanzsaison war von Gewalt überschattet. Die Menschen sind extrem geschwächt. Zu viele von ihnen müssen uns am Ende des Tages mit leeren Händen verlassen und gehen bei strömendem Regen in ihre Notunterkünfte zurück."
Das chirurgische Team in Gumuruk beunruhigt ausserdem, dass bisher praktisch keine Kriegsverletzten zur Behandlung ins Dorf gekommen sind – trotz der äusserst gewaltsamen Auseinandersetzungen im Juli. „Wir haben fast 20 Kinder und Frauen mit stark infizierten Wunden operiert, jedoch nur einen Mann mit einer Schussverletzung", berichtet Martial Ledecq, Chirurg von MSF. "Der letzte grosse Konflikt in der Buschregion, von dem wir wissen, liegt gut einen Monat zurück. Es ist unwahrscheinlich, dass jemand mit einer schweren Verletzung während so langer Zeit ohne medizinische Hilfe überlebt."
„Viele Leute im Busch sind krank"
Gemäss den Berichten der Patienten, die in die Klinik kommen, haben viele Menschen Angst, in Regionen mit Militärpräsenz nach Unterstützung zu suchen. Eine Frau, die in einem Gesundheitszentrum behandelt wurde erzählt: „Mein Ehemann traut sich nicht, das Dorf zu betreten, weil er Angst hat, getötet zu werden. Wenn wir in die Stadt gehen, töten uns vielleicht die Soldaten; wenn wir in den Busch gehen, tötet uns ein feindlicher Stamm."
„Es gibt noch viele andere Leute im Busch, die krank sind", sagt ein Mann, der seine Tochter zur Klinik getragen hat. Sie hat eine stark entzündete Schusswunde an der Schulter. Aufgrund seiner schwachen Verfassung und des Hochwassers hat er für eine Strecke, die normalerweise in zwei Stunden zurückgelegt wird, zwei Tage gebraucht. „Wenn sie nicht bald zum Gesundheitszentrum kommen können, werden sie sterben", warnt er.
Die Lebensbedingungen werden immer kritischer
Die Situation im Bezirk Pibor bleibt kritisch, denn der Regen wird stärker, und die Lebensbedingungen werden immer prekärer. Trotz der logistischen Herausforderungen, sich durch das riesige Sumpfgebiet fortzubewegen, verstärkt MSF die Bemühungen, um die vermissten 90’000 Menschen zu erreichen und abzuklären, welche Hilfe sie benötigen.
In der Zwischenzeit werden die rund 28’000 Menschen in der Umgebung von Gumuruk unterstützt. Auch die anderen in Jonglei tätigen humanitären Hilfsorganisationen sollten ihre Bemühungen verstärken.
Anmerkung: Es wird geschätzt, dass in der Region Pibor etwa 148’000 Menschen leben. Ungefähr 30’000 von ihnen wurden in benachbarten Ländern gemeldet oder nach Juba vertrieben. 28’000 halten sich gemäss lokaler Behörden in der Region Gumuruk auf. Dies lässt darauf schliessen, dass ungefähr 90'000 Menschen auf der Suche nach einem sicheren Ort durch das Land ziehen oder vermisst sind.