Überschwemmungen in Mindanao: Interview mit dem MSF-Einsatzleiter

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Ein Gespräch mit Bertrand Rossier, Einsatzleiter auf den Philippinen, 7. August 2009

Der Durchzug des Tropensturms Goni hat auf den Philippinen offiziell 29 Todesopfer gefordert und 21'000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben. Ebenfalls betroffen war die Region Cotabato auf der Insel Mindanao im Süden des Landes, wo medizinische Teams von MSF vor Ort sind und sich um die Gesundheitsversorgung der durch den andauernden hiesigen Konflikt vertriebenen Bevölkerung kümmern. Vornehmlich die Menschen dort haben unter den vielen, durch das Hochwasser und den über die Ufer getretenen Rio Grande verursachten Sachschäden zu leiden. MSF hat sich den Hilfsaktionen ohne Umschweife angeschlossen. Wir haben uns mit Bertrand Rossier, dem Einsatzleiter von MSF in Cotabato unterhalten.

Bertrand, Du leitest das von den Überschwemmungen betroffene Team von MSF in Cotabato, kannst Du uns beschreiben, was dort passiert ist?

Die Region ist tagelang von heftigen Niederschlägen heimgesucht worden. Man konnte praktisch dabei zusehen, wie der Flusspegel kontinuierlich anstieg und alle waren sehr besorgt. Wir standen natürlich in Kontakt mit den Gesundheitsbehörden, um zu signalisieren, dass wir - falls notwendig - in der Lage wären, der Bevölkerung zu helfen. Freitag spitzte sich die Situation dann in kritischer Weise mit hochgradig alarmierenden Wasserständen zu und wir begannen konkrete Pläne zu machen. Samstag trat der Fluß über die Ufer und vertrieb Tausende Einwohner der Stadt aus ihren Behausungen. Im Norden der Stadt riss das Wasser Brücken mit sich und Strassen wurden unpassierbar.

Für welche Massnahmen hast Du Dich dann entschieden?

Wir haben sofort ein mobiles Spital in den am stärksten betroffenen Zonen eingerichtet und 200 Personen medizinisch versorgt. Viele unserer Patienten hatten von ihren Märschen durch überflutete Gebiete Verletzungen an den unteren Gliedmassen. Die Behörden waren sehr gut vorbereitet und haben angemessen reagiert: die vor dem Wasser geflohenen Menschen konnten sich an Plätzen sammeln, welche das Militär eingerichtet hatte und dort gesundheitlich versorgt werden. Wir haben uns grosse Sorgen um die von der Aussenwelt abgeschnittene Bevölkerung im Norden der Stadt gemacht. Wir konnten einen Sondierungseinsatz organisieren, um uns einen Überblick über die von den Regenfällen und Überschwemmungen verursachten Schäden zu machen.

Du bist gerade erst gestern Abend von dort zurückgekommen, was ist Euch vor Ort besonders aufgefallen?

Die Anpassungsfähigkeit der örtlichen Bevölkerung ist einfach beeindruckend, ebenso wie ihre Überlebensstrategien. Die Einwohner sind in ihre Wohnstätten zurückgekehrt - so, als wären sie nie weg gewesen. Nur die Hochwassermarken an den Häusern zeugen von der Überschwemmung. Wir haben auch keine beträchtlichen Schäden festgestellt. Die Zerstörung der Ernte beunruhigt uns jedoch viel mehr. In einigen Orten wurden 70% der Kulturpflanzen vernichtet. Für eine Bevölkerung, die bereits durch den laufenden Konflikt sehr angeschlagen und in Mitleidenschaft gezogen ist, sind dies keine guten Nachrichten.