Zentralafrikanische Republik: Über 73‘000 Kinder gegen häufigste Kinderkrankheiten geimpft
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MSF führt in der Zentralafrikanischen Republik die bisher grösste Impfkampagne durch. Laut offiziellen Zahlen von 2013 verfügte nur etwa jedes zehnte Kind unter einem Jahr über einen vollen Impfschutz.
Thierry Dumont, Landeskoordinator vor Ort, gibt einen Überblick.
Worum geht es bei dieser «Mehrfach-Impfkampagne» in der Zentralafrikanischen Republik?
Es ist die bisher umfassendste Schutzimpfungskampagne, die Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) in der Zentralafrikanischen Republik je durchgeführt hat. Das Ziel ist, Kinder unter fünf Jahren umfassend vor verschiedenen Krankheiten zu schützen: Polio, Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Hepatitis B, Masern, bestimmte Formen von Lungenentzündung und Meningitis. Für eine solche Kampagne braucht es viel Geld, Logistik und Personal. Da einige Impfungen in mehreren Dosen verabreicht werden müssen, kommen wir mehrmals vorbei. Derzeit sind in der Stadt Berbérati und Umgebung an insgesamt 43 Impfstellen 16 medizinische Teams mit dutzenden Autos und Motorrädern im Einsatz; einschliesslich der Aufklärungs-Teams sind es fast 370 Helfer. Innerhalb von fünf Tagen konnten wir so 14'000 Kinder impfen. Die Kampagne verlagert sich jetzt in ländliche, nur schwer zugängliche Gebiete. Aufgrund der fehlenden Transportmittel müssen wir uns auf Standorte konzentrieren, die die Landbevölkerung unkompliziert erreichen kann.
Warum eine Impfkampagne von einem solchen Ausmass?
Ein Grund ist, dass das Gesundheitswesen in der Zentralafrikanische Republik seit der Zuspitzung des Konflikts im Jahr 2013 keine ausreichende Versorgung mehr gewährleistet. So ist fast die Hälfte der Bevölkerung immer noch auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Durchimpfungsrate ist sehr niedrig: Lediglich 13 Prozent der Kinder haben einen vollen Impfschutz. 2012 waren noch 64 Prozent der Kinder komplett gegen Masern immunisiert, 2014 war es nur noch ein Viertel. Die Gefahr einer Ausbreitung von Seuchen ist deshalb hoch. Viele Menschen sterben zudem an Krankheiten, die durch Impfungen vermieden werden könnten. Jetzt müssen so viele Kinder wie möglich den dringend benötigten Impfschutz erhalten.
Die Arbeit des nationalen Impfprogramms ist nicht einfach, da viele Gesundheitszentren nicht funktionsfähig sind und wegen der unsicheren Lage oder logistischen Problemen unter Medikamentenengpässen leiden. Hinzu kommt, dass medizinische Versorgung für arme Familien unerschwinglich ist, denn die Gesundheitsdienste sind kostenpflichtig.
MSF hat daher in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium ein Nachhol-Impfprogramm ins Leben gerufen, um zu erreichen, dass die bisher nicht geimpften Kinder wirksam vor diesen Krankheiten geschützt werden. Im Rahmen unserer Kampagne wurden bereits über 73'000 Kinder geimpft, und wir werden unsere Anstrengungen weiter verstärken.
Mit welchen konkreten Schwierigkeiten haben Sie zu kämpfen?
Vor allem in logistischer Hinsicht stehen wir vor einer grossen Herausforderung. Selbst bei Temperaturen von bis zu 40 Grad müssen wir die Kühlkette einhalten, damit die Impfstoffe ihre Wirkung behalten. Nicht selten müssen unsere Teams mit ihrem Material in sehr entlegene Gegenden vorstossen. Der Beginn der Regenzeit im Juni wird sich wahrscheinlich erschwerend auf unsere Impfkampagne auswirken, da die Strassen nicht mehr befahrbar sind.
Hinzu kommt das Sicherheitsproblem. Zwar ist Berbérati derzeit ruhig, aber in anderen Regionen kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen und wegen der Überfallgefahr bei Überlandfahrten müssen wir unser Operationsgebiet auf die grösseren Städte einschränken. Deshalb sind unsere Aufklärungs-Teams im Einsatz, die in Zusammenarbeit mit den Dorfvorstehern dafür sorgen, dass die Leute über die Impfstellen Bescheid wissen. Dort, wo MSF bereits vor Ort ist, betreiben wir über die Gesundheitszentren Routine-Impfprogramme. Das Ziel all dieser Bemühungen ist es, die Kinder langfristig und wirksam gegen vermeidbare Krankheiten zu schützen.
MSF ist seit 1996 in der Zentralafrikanischen Republik tätig. Momentan sind 230 internationale Mitarbeiter für MSF vor Ort, die von über 2'400 zentralafrikanischen Kollegen unterstützt werden. MSF hat die Tätigkeiten vor Ort seit Dezember 2013 verdoppelt und betreut derzeit landesweit rund 20 Projekte. Unsere Ärzteteams behandeln Patienten kostenfrei in den Bereichen Pädiatrie, Mutter-Kind-Gesundheit, Chirurgie, HIV, Tuberkulose und in anderen Bereichen.