Südsudan: Tausende fliehen vor Gewalt – MSF-Spitäler geplündert
2 Min.
Juba/Zürich, 3. Januar 2012. Im Bundesstaat Jonglei im Südsudan sind tausende Familien vor der Gewalt zwischen rivalisierenden Stämmen in den Busch geflohen. Zwei Einrichtungen von Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) in der Region wurden geplündert und beschädigt. Die Organisation musste deshalb ihre dringend benötigten medizinischen Aktivitäten im Gebiet um die Stadt Pibor unterbrechen.
„Die Menschen haben Angst um ihr Leben“, erklärt der Landeskoordinator von MSF im Südsudan, Parthesarathy Rajendran. „Sie sind in grösster Eile geflohen und haben weder Lebensmittel noch Wasser bei sich. Einige sind sicherlich verletzt. Jetzt sind sie ganz auf sich allein gestellt und von jeglicher Hilfe abgeschnitten.“
Das Dorf Lekongole wurde vollständig niedergebrannt. Ein MSF-Team fand dort in der vergangenen Woche eine Geisterstadt vor, sämtliche Bewohner waren geflohen. Solange sie sich versteckt halten, ist eine medizinische Betreuung dieser Menschen unmöglich. Dabei müssten dringend Wunden versorgt und Krankheiten behandelt werden. Je länger sich Kranke und Verletzte verstecken müssen, desto schlimmer wird ihre Lage.
Während des Angriffs wurden zwei medizinische Einrichtungen von MSF ausgeraubt und beschädigt: die Klinik im Dorf Lekongole am 27. Dezember und das kleine Spital in der Stadt Pibor am 31. Dezember. Eine dritte Einrichtung von MSF, im nahe gelegenen Dorf Gumruk, ist gemäss derzeitigen Informationen nicht betroffen. Es handelt sich dabei um die drei einzigen Gesundheitseinrichtungen für die rund 160’000 Menschen im Bezirk Pibor. Das nächste Spital ist mehr als 100 Kilometer entfernt.
Zehn internationale Mitarbeiter von MSF waren schon am 23. Dezember, unmittelbar vor dem jüngsten Gewaltausbruch, nach Juba verlegt worden. Den 156 südsudanesischen Mitarbeitern wurde dringend empfohlen, das Gebiet zu verlassen. MSF konnte nur mit einigen von ihnen Kontakt herstellen, der genaue Aufenthaltsort der übrigen geflohenen Mitarbeiter ist nicht bekannt. MSF ist um ihre Sicherheit sehr besorgt. Die Organisation hat ihre Aktivitäten unterbrochen, hält sich aber bereit, um so bald wie möglich zurückzukehren und die medizinische Nothilfe wieder aufzunehmen.
MSF verurteilt die Angriffe auf neutrale und unparteiische medizinische Einrichtungen aufs Schärfste. Die Mitarbeiter behandeln jeden, der medizinische Hilfe benötigt, unabhängig von seiner ethnischen Zugehörigkeit, Religion oder politischen Überzeugung. Bereits im August des vergangenen Jahres wurden medizinische Einrichtungen der Organisation in Pieri, im Norden des Bundesstaates Jonglein, angegriffen und ausgeraubt.
MSF arbeitet seit 1978 im Sudan und begann 1983 mit Einsätzen auf dem Gebiet des heutigen Südsudans. Heute leitet die Organisation insgesamt 15 Projekte in acht von zehn Bundesstaaten des Südsudans und stellt so mit ungefähr 2’500 südsudanesischen und 200 internationalen Mitarbeitern die medizinische Versorgung sicher. Im Jahr 2010 hat MSF im Südsudan fast 600’000 ambulante und 18’000 stationäre Behandlungen durchgeführt, 37’000 Malariapatienten und 26’000 mangelernährte Kinder behandelt.