Syrien: 70 Tote und 550 Verletzte nach Bombardierung eines Marktes nahe Damaskus

3 Min.

MSF fordert die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates auf, das Schutz-Mandat umzusetzen und die eskalierenden Luftangriffe in Syrien so schnell wie möglich zu beenden.

Bei Luftangriffen auf einen Marktplatz im belagerten Duma nordöstlich von Damaskus sind am Freitag mindestens 70 Menschen getötet und 550 verletzt worden. Das nächstgelegene provisorische Spital war bereits am Donnerstag bombardiert worden, so dass das medizinische Personal Probleme hatte, alle Verletzten zu behandeln. In den belagerten Gebieten rund um Damaskus leben rund eine Million Menschen eingeschlossen; selbst Schwerverletzte können nicht aus medizinischen Gründen evakuiert werden.
Nach dem ersten Luftangriff wurde die Bergung der Verwundeten durch weiteren Beschuss erschwert. 250 Patienten mussten sofort operiert werden. Ärzte berichten, dass sie noch nie so schlimme Verletzungen gesehen hätten. Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) unterstützt das Spital in Duma mit medizinischem Material und Medikamenten. Nach dem Angriff auf den Markt wurden im Spital 300 Blutbeutel und 1‘000 Liter Infusionslösung verbraucht.

Aussergewöhnlich schwere Verletzungen

«Die Bombardierung war ausserordentlich heftig», sagt der Direktor eines in der Nähe gelegenen Spitals, das von MSF unterstützt wird und in das sehr viele Verletzte gebracht wurden. «Die Wunden waren entsprechend schlimm. Es gab sehr viele Tote. Wir mussten mehrere Amputationen vornehmen. Viele der Verletzten hatten massiv Blut verloren, und wir brauchten sehr viele Blutkonserven und Infusionen. Wir taten was wir konnten, um zu helfen. Aber es waren so viele Schwerverletzte und unsere Mittel waren begrenzt.»
Weil so viele Spitäler in Syrien zerstört wurden, führen viele Gesundheitseinrichtungen ihre Arbeit im Untergrund fort oder haben ihre Hilfe auf verschiedene Standorte aufgeteilt. Das Eingangstor der Einrichtung in Duma war bereits am Donnerstag bombardiert worden. Dabei starben 15 Personen, 100 wurden verwundet. Da das Spital seine Dienste kürzlich auf mehrere Gebäude verteilt hatte, konnte ein Teil der Verwundeten vom Samstag dennoch in der Einrichtung behandelt werden. Wegen der enormen Zahl an Schwerverletzten halfen sechs weitere Spitäler bei der Versorgung der Verletzten.

Angriffe auf dicht besiedelte Gebiete

In den belagerten Gebieten rund um Damaskus haben die Bombenangriffe auf die zivile Infrastruktur wie Spitäler und Märkte,in diesem Jahr deutlich zugenommen. Im Osten der Region Ghuta waren fast 40 Prozent der Getöteten und der in den von MSF unterstützten Kliniken behandelten Frauen und Kinder unter 15 Jahren. Dieser hohe Anteil an zivilen Toten und Verletzten erklärt sich daraus, dass die angegriffenen Gebiete dicht besiedelt sind und dass die Menschen in den belagerten Gebieten nicht flüchten können.
«Diese massive Bombardierung von belebten Märkten und die wiederholte Zerstörung der wenigen verfügbaren medizinischen Einrichtungen brechen alle Regeln des Krieges», betont Brice de le Vingne, Programmleiter von MSF für Syrien. «In zwei der belagerten Wohngegenden im östlichen Ghuta gibt es provisorische Spitäler, die besonders häufig bombardiert wurden. Zum vierten Mal in diesem Jahr bieten wir finanzielle und logistische Unterstützung, um beide Einrichtungen wieder herstellen zu können.»
MSF fordert die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates auf, das Schutz-Mandat, welches sie mit der Resolution 2‘165 im Juli 2014 übernommen haben, umzusetzen und so schnell wie möglich die eskalierenden Luftangriffe in Syrien zu beenden.
MSF betreibt sechs medizinische Einrichtungen im Norden von Syrien und unterstützt im ganzen Land mehr als 150 Kliniken und Gesundheitsstationen. Die Organisation versorgt auch Patienten aus Syrien, die nach Jordanien, Libanon und in den Irak geflohen sind.