Syrien: Humanitäre Hilfe verdient gleiche Bemühungen wie Chemiewaffen-Thematik
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Die intensiven politischen Bemühungen rund um die Problematik der chemischen Waffen in Syrien müssten auch im Bereich der humanitären Hilfe unternommen werden.
Die Verleihung des Friedensnobelpreises an die Organisation zum Verbot von Chemiewaffen (OPCW) von vergangenem Freitag unterstrich erneut die enormen politischen Bemühungen rund um Syriens Chemiewaffen. MSF betont, dass dieselben Anstrengungen dringend auch beim Zulassen der humanitären Hilfe unternommen werden müssen.
Viele Gebiete Syriens werden nach wie vor belagert und sind komplett von lebensnotwendiger humanitärer Hilfe abgeschnitten. Dies entweder, weil Damaskus den Zugang verweigert oder wegen heftiger Gefechte. So berichtet medizinisches Personal aus der östlichen und westlichen Ghuta, in der Nähe von Damaskus, von einem gravierenden Mangel an Medikamenten und von Fällen von Mangelernährung. Trotzdem gelingt keine humanitäre Hilfe in dieses Gebiet, während Chemiewaffen-Inspektoren ungehindert Zutritt haben.
Absurde Situation
„Die syrische Bevölkerung ist mit einer absurden Situation konfrontiert: Einerseits bewegen sich die Inspektoren der OPCW ungehindert in diesen auf Hilfe angewiesenen Gebieten, während andererseits von Hilfsorganisationen entsandte Ambulanzen, Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen blockiert werden“, bedauert der MSF-Direktor Christopher Stokes. „Einflussreiche Länder setzten sich an einen Tisch, arbeiteten eine Vereinbarung zum Verbot von chemischen Waffen aus und setzten diese um. Sie zeigten, dass es machbar ist. Wo bleiben die Bemühungen, um die gleichen Ergebnisse bei humanitären Hilfeleistungen zu erzielen?“
Die Blockierung der humanitären Hilfe beschränkt sich nicht allein auf belagerte Gebiete. Im Gouvernement Aleppo zwangen tagelange heftige Bombardierungen in As Safirah und Abu Djirin sowie in Vertriebenenlagern 18'000 Familien zur Flucht. MSF behandelte 20 schwer verletzte Personen, darunter mehrere Kinder, doch wegen der kontinuierlichen Bombardierungen war es unmöglich, zu den vertriebenen Familien zu gelangen.
Ganze Gebiete von Hilfe abgeschnitten
Der politische Wille rund um die Problematik der Chemiewaffen war gross genug, damit sich der UNO-Sicherheitsrat rasch auf eine einstimmig beschlossene Syrien-Resolution einigte. Seither haben Inspektoren freien Zugang zu Gebieten, die zuvor während Monaten im Belagerungszustand waren. Ganz anders sieht es bei der humanitären Hilfe aus: Wegen mangelnden politischen Bemühungen sind Gebiete in Aleppo und Vororte von Damaskus von Hilfeleistungen abgeschnitten, und Lieferungen mit wichtigem medizinischen Material werden an den Frontlinien systematisch blockiert.
Der Einsatz internationaler Mitarbeiter vor Ort war für die Mitarbeiter der UNO bzw. das OPCW-Team relativ unkompliziert, während dies für humanitäre Organisationen seit Beginn des Konflikts problematisch war. In nur wenigen Wochen sind 50 bis 100 Chemie-Waffen-Inspektoren nach Syrien gekommen. Zum Vergleich: Nach zweieinhalb Jahren Krieg musste das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten vergangenen März die Hälfte seiner 100 Mitarbeiter abziehen und konnte diese seither nicht mehr aufstocken.
Präsidentielle Erklärung über humanitäre Hilfe muss umgesetzt werden
„MSF ist sich der schwerwiegenden Folgen eines Einsatzes chemischer Waffen und der enormen Bedeutung der Arbeit der OPCW-Inspektoren bewusst. Der schnelle Einsatz der Chemiewaffen-Inspektoren hat aber einen Präzedenzfall geschaffen, und nun muss die präsidentielle Erklärung des UNO-Sicherheitsrates vom 2. Oktober über humanitäre Hilfe mit sofortiger Wirkung umgesetzt werden“, fordert Stokes. „MSF ruft die Behörden in Damaskus, die Oppositionsgruppen und jene Länder, die in irgendeiner Form Einfluss auf den Konflikt haben, dazu auf, zu gewährleisten, dass humanitäre Helfer sicher und ungehindert arbeiten können, und dass humanitäre Hilfe sofort jene Menschen in Syrien erreicht, die am dringendsten Hilfe benötigen.“