Vermeidbare HIV-Krise: Die antiretrovirale Therapie ist in Myanmar noch immer nicht ausreichend verbreitet
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Genf/Amsterdam/Rangun, 25 November 2008 - In Myanmar sterben jährlich Tausende Menschen unnötig. Denn: Der Mangel an lebensnotwendiger HIV/Aids-Behandlungen müsste nicht sein, konstatiert die internationale humanitäre Organisation Médecins Sans Frontières/ Ärzte ohne Grenzen (MSF) in einem heute erschienenen Bericht. MSF drängt die Regierung von Myanmar sowie internationale Organisationen, die antiretrovirale Therapie (ART) in Myanmar in grösserem Umfang anzubieten, da die Hilfsorganisation nicht weiterhin allein die Hauptverantwortung für die Behandlung in einer der schlimmsten HIV-Krisen Asiens tragen kann.
Geschätzte 240’000 Menschen in Myanmar leben mit HIV/Aids. 76’000 von ihnen benötigen dringend eine antiretrovirale Behandlung, aber nur weniger als 20 Prozent erhalten diese tatsächlich. „Vergangenes Jahr starben zirka 25’000 Menschen an Krankheiten im Zusammenhang mit Aids. Eine ähnliche Zahl müssen wir für 2008 erwarten, wenn der Zugang zu dieser Behandlung nicht schnell verbessert wird“, erklärt Joe Belliveau, Einsatzverantwortlicher von MSF.
Gegenwärtig wird der Grossteil der im Land verfügbaren ART (für mehr als 11’000 Patienten) von MSF bereitgestellt, während die Regierung von Myanmar und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) abseits von MSF in dieser Hinsicht relativ wenig tun. „Es ist inakzeptabel, dass eine einzige NGO die grosse Mehrheit aller HIV-Patienten in einer Krise dieses Ausmasses behandeln muss. Es ist inakzeptabel, weil es völlig unzureichend ist. Wir können dem Bedarf alleine nicht gerecht werden. Deswegen fordern wir jene, die das könnten, dazu auf, Verantwortung zu übernehmen“, so Belliveau. An die Grenzen der eigenen Möglichkeiten gelangt, musste MSF kürzlich die Zahl der neuen Patienten drastisch reduzieren. Eine schmerzliche Entscheidung, denn da es in Myanmar kaum andere Akteure gibt, die ART bereitstellen, können die meisten neuen Patienten heute nicht woanders hin zur Behandlung überwiesen werden. Einsatzverantwortlicher Belliveau: „Angesichts des derart grossen nicht gedeckten Bedarfs fordern wir alle Akteure, allen voran die Regierung, dringend dazu auf, die Bereitstellung von ART auszudehnen.“
Die Notwendigkeit das Behandlungsangebot auszuweiten ist offensichtlich. Dennoch wird zuwenig investiert innerhalb wie ausserhalb des Landes. Im Jahr 2007 gab die Regierung von Myanmar nur 0,7 US Dollar pro Einwohner für Gesundheitsversorgung aus, für 2008 wurden dürftige 200’000 US Dollar für den Kampf gegen HIV/Aids bereitgestellt. Diese Summe steht in scharfem Kontrast zum Bedarf. Die Regierung von Myanmar hat bewiesen, dass HIV/Aids-Patienten im öffentlichen Gesundheitssektor behandelt werden können. Nun muss sie auch die notwendigen Mittel bereitstellen, um das unzureichende Behandlungsangebot auszudehnen.
Auch die internationale humanitäre Hilfe ist mit 3 US Dollar pro Einwohner sehr gering und zählt zu den niedrigsten Raten weltweit. Sie liegt signifikant unter den Beträgen, die benachbarte Länder mit Aids-Epidemien in vergleichbarem Ausmass erhalten. Aus Sorge darüber, dass die Hilfe nicht angemessen und effizient verwendet wird, stellen die grossen internationalen Geber nur wenige Ressourcen für Myanmar bereit. An den Folgen dieses Zögerns leiden letztlich aber die Menschen im Land. Ein 29-jähriger Patient in Myanmar beschreibt, warum mehr getan werden muss: „Es ist die Verantwortung aller, gegen diese Krankheit zu kämpfen. Alle - egal welche Nation, Organisation oder Regierung - müssen HIV-Patienten im Geiste der Humanität helfen“.
Wenn die Arbeit in Myanmar auch eine Herausforderung ist - MSF hat gezeigt, dass es möglich ist, die lebensrettende HIV/Aids-Behandlung direkt an die Patienten abzugeben. Ein grösseres Engagement von Seiten der Regierung und anderer internationaler Organisationen, ART schnell und grossflächig zugänglich zu machen, ist überfällig. Um das unnötige Leiden und Sterben Tausender Menschen zu vermeiden, muss jetzt gehandelt werden.
MSF leistet seit 1993 in Myanmar Gesundheitsversorgung und startete 2003 ein integriertes Programm zur Unterstützung von Menschen mit HIV/Aids. Seit damals haben Mitarbeiter der Organisation in 23 Kliniken in fünf Regionen des Landes Tausende HIV-Patienten unterstützt. Die Leistungen beinhalten Beratung, Testen, Behandlung opportunistischer Infektionen, Ernährungsunterstützung, Gesundheitserziehung und vor allem antiretrovirale Behandlung.