Haiti: Wir schliessen unser Spital wegen erneuten gewaltsamen Zusammenstössen
© Alexandre Marcou/MSF
Haiti2 Min.
Angesichts untragbarer Sicherheitsrisiken in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince haben wir unser Spital im Stadtteil Cité Soleil vorübergehend geschlossen. Nach Zusammenstössen zwischen schwer bewaffneten rivalisierenden Gruppen nur wenige Meter vom Klinikgelände entfernt sehen sich die Teams von Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) nicht mehr in der Lage, die Sicherheit von Patient:innen und Mitarbeiter:innen zu gewährleisten.
«Nur wenige Meter von unserem Spital entfernt spielt sich ein Krieg ab», sagt unser medizinischer Berater, Vincent Harris. «Das Spital wurde zwar nicht angegriffen, aber es liegt direkt an der Frontlinie. Uns ist klar, dass die Schliessung des Spitals schwerwiegende Folgen für die Menschen in Cité Soleil haben wird, aber unsere Teams können nicht arbeiten, solange die Sicherheit nicht gewährleistet ist.»
Zahlreiche verirrte Kugeln sind bereits in das Spital eingedrungen. Erkrankten und Verwundeten ist es derzeit fast unmöglich, die Klinik zu erreichen. Unsere Teams sind seit mehr als 30 Jahren in Haiti tätig. Wir haben dazu aufgerufen, die Kämpfe um das Spital einzustellen, damit das Personal seine Arbeit so schnell wie möglich wieder aufnehmen und die medizinische Versorgung der Menschen in Cité Soleil fortsetzen kann.
Anzahl der Patient:innen steigt
In der Zwischenzeit ist die Zahl der Patient:innen, die unsere Teams im Notfallzentrum in Turgeau im Zentrum von Port-au-Prince behandeln, erheblich gestiegen. In den vergangenen Tagen haben die Teams dort deutlich mehr Menschen mit Schussverletzungen aufgenommen als sonst.
Seitdem die Kämpfe in der Gegend von Bel Air am 28. Februar wieder aufgeflammt sind, haben wir viele Kinder, Frauen und ältere Menschen aufgenommen.
«Es ist schrecklich, die Zahl der Opfer dieser Zusammenstösse zu sehen. Es ist schwer zu sagen, wie viele Menschen insgesamt in der Stadt verwundet wurden, weil viele Menschen grosse Angst haben, ihre Viertel zu verlassen», sagt Freddy Samson, medizinischer Leiter unserer Projekte.
Trotz der vorübergehenden Schliessung des Spitals in Cité Soleil und der sich verschlechternden Sicherheitslage in der Hauptstadt sind unsere Teams weiterhin an anderen Orten in Haiti aktiv. So behandeln sie weiterhin Opfer von Gewalt und Verbrennungen in Tabarre, einer an Port-au-Prince angrenzenden Gemeinde. In Delmas, einem Stadtteil von Port-au-Prince, sowie im Departement Artibonite werden Opfer sexueller Gewalt behandelt. Im Notfallzentrum von Turgeau werden Opfer schwerer Unfälle versorgt, im Departement Sud hingegen schwangere Frauen und ihre Babys. Hinzu kommen mobile Kliniken, die wir in den von Gewalt betroffenen Städten betreiben.
Zahlen zu unserem Einsatz in Haiti in 2022:
- 4600 chirurgische Eingriffe
- 34 200 Notfallkonsultationen
- 17 800 mobile Konsultationen
- 2600 Schusswunden behandelt
- 370 Brandopfer behandelt
- 2300 Behandlungen von Überlebenden sexualisierter Gewalt
- 700 Entbindungen
- 19 000 Cholera-Symptome behandelt
© Alexandre Marcou/MSF