Haiti: Projekte in Port-au-Prince nach einer Reihe von Sicherheitsvorfällen bedroht

Spital in Tabarre, November 2022.

Haiti3 Min.

Die Aktivitäten von Ärzten ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) in Haiti werden bedroht. Gewaltsame Zusammenstösse bewaffneter Gruppen und willkürliche Kontrollen unserer Einrichtungen durch die lokale Polizei gefährden die Sicherheit unserer Mitarbeiter:innen und allen Patient:innen in den betroffenen Gesundheitseinrichtungen.

 

In der Nacht vom 23. Februar versuchten maskierte Bewaffnete, in das von unseren Teams unterstützte Spital in Tabarre einzubrechen.

Unbekannte richteten ihre Waffen auf die Mitarbeitenden und schlugen gegen die Tür. Danach versuchten sie über die Mauer zu klettern, um in das Spital einzudringen.

Mahaman Bachard Iro, Koordinator in Haiti

«Danach haben die Eindringlinge das Gelände verlassen. Wir bitten alle Beteiligten, unsere medizinische Nothilfearbeit zu respektieren, da wir eine der letzten internationalen Organisationen sind, die in der haitianischen Hauptstadt noch medizinische Hilfe leistet», sagt Mahaman Bachard Iro, Koordinator in Haiti.

Ein Tag davor, am 22. Februar, wurden die Ein- und Ausgänge unseres Notfallzentrums in Turgeau blockiert und ein Krankenwagen durchsucht. Die Polizei weigerte sich ihre Waffen niederzulegen und betrat dann die Gesundheitseinrichtung, um die Identitäten aller registrierten Patient:innen zu überprüfen. 

Schon am 7. Februar kam es zu einem ähnlichen Zwischenfall, als einer unserer gekennzeichneten Krankenwagen angehalten und durchsucht wurde. Dabei wurden Waffen auf die Mitarbeiter:innen im Fahrzeug gerichtet, um ihre Identität zu überprüfen. Der Krankenwagen musste mehr als 45 Minuten warten, bevor er die Fahrt fortsetzen konnte.

Darüber hinaus kam es seit Anfang des Jahres, nur wenige Meter vor unserem Spital in Cité Soleil zu zwei gewaltsamen Zusammenstössen zwischen bewaffneten Gruppen, die zur vorübergehenden Schliessung des Betriebs und zur Evakuierung einiger Mitarbeiter:innen führten. Zu diesen Ereignissen kommen die Auseinandersetzungen zwischen den bewaffneten Gruppen, die sich immer öfters in unmittelbarer Nähe zum Spital ereignen. Wir befürchten, dass die Sicherheit für die Mitarbeitenden nicht mehr genügend gewährleistet ist, um die Arbeit in dieser Gegend fortzusetzen.  

Es wird immer schwieriger, unter diesen Bedingungen zu arbeiten. Die Häufung dieser Vorfälle gefährdet die Sicherheit unseres medizinischen Personals und der Patient:innen.

Mahaman Bachard Iro, Koordinator in Haiti

 «Unsere Teams organisieren die Verlegung von Patient:innen von einem Spital in ein anderes und werden dabei immer öfters aufgehalten. Das gewaltsame Eindringen in unsere Gesundheitseinrichtungen und die Auseinandersetzungen gefährden die Beständigkeit unserer Aktivitäten.»

Zur Erinnerung: Wir sahen uns gezwungen, das Spital in Drouillard bereits im April 2022 vorübergehend zu schliessen, das Notfallzentrum in Martissant im Juni 2021 dauerhaft zu schliessen und die Unterstützung für das Spital Raoul Pierre Louis in Carrefour im Januar 2023 aus Sicherheitsgründen einzustellen.

Wir fordern alle Gruppen die Waffen tragen dazu auf, die medizinische Arbeit zu respektieren. Patient:innen, Personal, medizinische Einrichtungen und Krankenwagen müssen geschützt werden. In dieser schwierigen Situation steht das gesamte haitianische Gesundheitssystem am Rande des Zusammenbruchs, da viele Gesundheitsstrukturen nicht mehr richtig funktionieren. Wir möchten auch unser Engagement für die haitianische Bevölkerung bekräftigen, die als erstes Opfer der Gewalt wurde, die das Land seit Jahren zerreisst

 

Unsere Teams arbeiten seit mehr als 30 Jahren in Haiti und bieten medizinische Unterstützung für die bedürftigsten Bevölkerungsgruppen im Land an.

Im Jahr 2022 führten die Teams von Ärzte ohne Grenzen in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium mehr als 4600 chirurgische Eingriffe durch, hielten 34 200 Notfall-Behandlungen ab, behandelten 2600 Schusswunden, 2300 Opfer sexueller Gewalt, 370 Brandopfer und führten 17 800 Behandlungen in mobilen Kliniken und 700 Entbindungen durch. Seit dem ersten registrierten Cholerafalls Ende September 2022 haben unsere Teams mehr als 19 000 Menschen behandelt.