MSF Erlaubnis verweigert weiter in Luhansk zu arbeiten – lebenswichtige Hilfe fehlt
4 Min.
MSF ist beunruhigt über die Entscheidung des Humanitären Komitees der selbsternannten Volksrepublik Luhansk, die medizinische und humanitäre Hilfe der Organisation in der Region nicht mehr zu genehmigen.
Es ist extrem besorgniserregend, dass die Menschen in Luhansk auf diese Weise keinen Zugang mehr zu lebenswichtiger medizinischer Versorgung und Medikamenten haben. MSF hat mehr als ein Jahr lang als eine der wenigen internationalen Organisationen entscheidende Hilfe in Luhansk geleistet.
„Angesichts des grossen Bedarfs an medizinischer und humanitärer Hilfe der Menschen in Lugansk, die von dem anhaltenden Konflikt unmittelbar betroffen sind, finden wir diese Entscheidung inakzeptabel“, sagt Dr. Bart Janssens, Leiter der Projektabteilung von Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF). „Mehr als ein Jahr lang hat MSF als eine der wenigen internationalen Organisationen entscheidende Hilfe in Luhansk geleistet. Wir haben uns dafür engagiert, Ärzte und Pfleger zu unterstützen, damit diese ihre unbedingt notwendige Arbeit fortführen können. Wie in allen Konfliktgebieten, in denen MSF tätig ist, ging es uns ausschliesslich darum, schutzbedürftigen Menschen zu helfen, unabhängig von ihren politischen Überzeugungen oder davon, auf welcher Seite der Frontlinie sie sich befinden.“
Seit Juni 2014 hat MSF 109 Gesundheitseinrichtungen und soziale Einrichtungen in Luhansk mit lebensnotwendigen Medikamenten, medizinischem Material, Ausstattung, Hygieneartikeln und Hilfsgütern unterstützt. Mit mobilen Kliniken an 35 Orten haben Teams von MSF gemeinsam mit Ärzten des öffentlichen Gesundheitssystems mehr als 42‘000 Sprechstunden durchgeführt. MSF hat Medikamente und medizinisches Material zur Behandlung von 37‘500 Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Herzerkrankungen sowie für 4‘900 kriegsverletzte Patienten und Patientinnen zur Verfügung gestellt. Alle Behandlungen und Medikamente wurden kostenlos bereitgestellt.
Medizinisches Personal hat Region verlassen, Winter steht vor der Tür
„Aufgrund des Konflikts war die Versorgung mit Medikamenten in Luhansk im vergangenen Jahr unterbrochen oder abgeschnitten, und der Preis verfügbarer Medikamente ist deutlich gestiegen“, sagt Janssens. „Wir beobachten, dass die Menschen Probleme haben, Antibiotika, Schmerzmittel, Insulin, Psychopharmaka und Medikamente für chronische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herz- und Nierenerkrankungen zu erhalten. Wir sind insbesondere besorgt um die Menschen, die nahe der Frontlinie leben. Am meisten leiden die besonders schutzbedürftigen Menschen wie Alte, Kranke, Menschen mit Behinderungen sowie Vertriebene. Wir sind sehr erschüttert darüber, dass es uns nicht erlaubt ist, diesen Menschen weiterhin zu helfen – insbesondere da viele Ärzte und Ärztinnen sowie Krankenpflegepersonal die Regionen verlassen haben, in denen die Frontlinie verläuft, und der Winter vor der Tür steht.
Alle Aktivitäten von MSF, darunter auch der Transport, die Lagerung und Verteilung von Medikamenten an Gesundheitseinrichtungen, wurden in Absprache mit den Gesundheitsbehörden in Luhansk durchgeführt, denen MSF darüber regelmässig Bericht erstattet hat. Infolge der Entscheidung des Humanitären Komitees hat MSF das Büro in Luhansk geschlossen; Teams der Organisation sind nicht mehr in der Region der selbsternannten Volksrepublik Luhansk präsent. Vor der Schliessung spendete MSF alle verbleibenden Medikamente an Gesundheitseinrichtungen, die diese dringend benötigten.
„Wir haben alles getan, um in Kooperation mit den Behörden zu arbeiten“
„Wir haben alles getan, um transparent zu sein und in Kooperation mit den Behörden zu arbeiten“, unterstreicht Janssens. „Daher sind wir sehr erschüttert, dass falsche Anschuldigungen über uns in den Medien verbreitet wurden und unsere Teams eingeschüchtert werden sollten, indem im Laufe der vergangenen zwei Wochen mehrmals bewaffnete Männer in unsere Büroräume eindrangen.“
MSF setzt aber seine Arbeit auf beiden Seiten der Frontlinie im Osten des Landes fort, auch in der Region der selbsternannten Volksrepublik Donetsk. Seit dem Ausbruch des Konflikts hat MSF mehr als 350 Gesundheitseinrichtungen auf beiden Seiten der Frontlinie mit Spenden von Medikamenten und medizinischem Material unterstützt. Seit Mai 2014 führten die Teams von MSF mehr als 102‘000 ärztliche Konsultationen durch und stellten medizinisches Material zur Versorgung von mehr als 23‘000 Kriegsverletzten bereit sowie Medikamente zur Behandlung von mehr 61‘000 chronisch Kranken. MSF betreibt seit 2011 auch ein Programm für resistente Tuberkulose in der Region Donetsk, in dessen Rahmen momentan 196 Patienten und Patientinnen in Haftanstalten versorgt werden.
MSF ist eine internationale, humanitäre Nicht-Regierungsorganisation, die kostenlose humanitäre und medizinische Hilfe für Betroffene von Konflikten, Naturkatastrophen und Epidemien leistet sowie für Menschen, die vom Gesundheitssystem ausgeschlossen sind. MSF wurde 1971 gegründet und ist derzeit in mehr als 60 Ländern aktiv. MSF ist neutral, unparteiisch und unabhängig von jeglichen politischen, militärischen oder wirtschaftlichen Interessen. Die Organisation leistet Hilfe aufgrund der Bedürfnisse der Menschen und unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe sowie religiöser oder politischer Zugehörigkeit. MSF akzeptiert für die Arbeit in der Ukraine keine staatlichen Gelder, die Aktivitäten werden ausschliesslich aus privaten Spenden finanziert.