Ärzte ohne Grenzen betont erneut, wie wichtig die UNRWA für das Überleben der Not leidenden Menschen in Gaza und im Libanon ist

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Morgen tagt die Aussenpolitische Kommission des Ständerates (APK-S), um ihre Empfehlung zu verschiedenen Vorstössen zur Finanzierung der UNRWA (Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge) abzugeben.

In den letzten Wochen wurde die Rolle der UNRWA mehrfach öffentlich diskutiert. So äusserte beispielsweise Nationalrätin Jacqueline de Quattro in einem Interview mit RTS, dass humanitäre Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) die Aufgaben der UNRWA übernehmen könnten. Ähnlich äusserte sich heute Laurent Wehrli, Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, in einem Artikel in Le Temps.

Diese Einschätzungen entsprechen jedoch nicht der Realität: Die UNRWA ist zentral für die humanitäre und medizinische Versorgung von Millionen von Menschen, insbesondere im Gazastreifen.

Aus diesem Anlass möchten wir aus Sicht einer medizinischen humanitären Organisation nochmals auf vier zentrale Punkte hinweisen, die diese Dringlichkeit unterstreichen.

1. Humanitäre Katastrophe in Gaza

Unsere Teams vor Ort erleben, wie die Lage im Gazastreifen täglich kritischer wird: Übertragbare Krankheiten wie Kinderlähmung oder Hautinfektionen nehmen zu, während Nahrung, sauberes Wasser und Schutz fehlen. Selbst in sogenannten sicheren Zonen und Spitälern sind die Menschen nicht sicher vor Luftangriffen. Die medizinische Versorgung wird so zusehends eingeschränkt und dies, obwohl wir mit dem nahenden Winter mit einem Anstieg der Zahl der Patient:innen rechnen.

2. Ärzte ohne Grenzen kann die UNRWA nicht ersetzen – auch nicht im medizinischen Bereich

Die UNRWA ist der grösste Gesundheitsdienstleister im Gazastreifen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist für ihre grundlegende medizinische Versorgung auf das UN-Hilfswerk angewiesen. Dazu gehören die Behandlung chronischer Krankheiten, medizinische Versorgung von Müttern und Kindern sowie Impfungen. Am 9.11.2024 beispielsweise leisteten die über 1100 Gesundheitsmitarbeitenden der UNRWA 17'400 medizinische Konsultationen. Diese Tätigkeiten könnten wir nicht übernehmen – vor allem nicht im heutigen Umfeld im Gazastreifen, wo auch unsere humanitären Hilfeleistungen von israelischen Behörden behindert werden.

3. Ausweitung des Konflikts auf den Libanon

Die Luftangriffe auf den Libanon haben gerade in den letzten Tagen nochmals zugenommen. Wir von Ärzte ohne Grenzen sind seit Wochen daran, unsere humanitären Aktivitäten auszuweiten. Dennoch reicht die humanitäre Hilfe bei weitem nicht aus. Es braucht jetzt mehr Hilfe und nicht weniger, und dazu gehören auch die Tätigkeiten der UNRWA für die palästinensischen Geflüchteten im Libanon.

4. Unterstützung für die wichtigste UN-Organisation vor Ort

Der Entscheid des israelischen Parlaments vom 28. Oktober, Aktivitäten der UNRWA in Israel und in von Israel kontrollierten Gebieten zu verbieten, bedroht die ganze humanitäre Infrastruktur vor Ort und stellt einen Angriff auf den Multilateralismus dar. Die UNRWA ist für die Verteilung der gesamten UN-Hilfe im Gazastreifen zuständig und spielt auch eine wesentliche Rolle im Westjordanland sowie für palästinensische Geflüchtete in den Nachbarländern. Es ist nun wichtiger denn je, dass auch die Schweiz die wichtigste UN-Organisation vor Ort und somit die internationale Gemeinschaft unterstützt.