Noma entstellt Gesichter und zerstört Leben
© Claire Jeantet - Fabrice Caterini/INEDIZ
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Im Nordwesten von Nigeria behandelt MSF an Noma erkrankte Patienten. Die vernachlässigte und besonders verheerende gangränöse Krankheit greift Mund und Gesicht an und zerstört die Haut und die Knochen. Infizierte Personen, die nicht behandelt werden, sterben oft innert wenigen Tagen. Die Überlebenden leiden unter extrem schmerzhaften und stigmatisierenden Folgeschäden.
Das Gesicht des 20-jährigen Bilya trägt die Spuren der Krankheit. Er infizierte sich, als er ein Jahr alt war, und seine Oberlippe und Nase wurden in Folge der bakteriellen Erkrankung komplett zerfressen. Dieser Patient im Noma-Spital gehört zu den wenigen Überlebenden, denn 90 % der Infizierten sterben innerhalb von weniger als zwei Wochen.
Die vernachlässigte und wenig bekannte Krankheit trifft vor allem Kinder unter fünf Jahren, die in teilweise extremer Armut leben. Noma beginnt mit einer Entzündung des Zahnfleisches und greift dann auf Kiefer, Wangen, Nase oder Augen über. Die Überlebenden leiden unter grossen Schmerzen und haben Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und beim Atmen.
Gewisse Personen laufen weg, wenn sie mein Gesicht sehen. Ich werde nicht als Mensch wahrgenommen.
Als der kleine Umar ins Spital in Sokoto kam, war die Hälfte seines Gesichts schon zerstört. Er ist nun sechsjährig und erholt sich langsam von einem chirurgischen Eingriff. Er hofft, danach wieder mit den anderen Kindern spielen zu können und weniger unter seiner Verstümmelung und der Stigmatisierung zu leiden. Die betroffenen Familien wissen im Allgemeinen nicht, was mit ihren Kindern geschieht. Sie ahnen auch nicht, dass die Zeit, die vergeht, bis sie Hilfe suchen, ihr grösster Feind ist. Obwohl Noma mit Antibiotika einfach und wirksam behandelt werden kann, wird die Krankheit oft nicht diagnostiziert und die Kinder sterben.
Mangelernährte Kinder mit schlechter Mundhygiene oder mit einer Krankheit wie Masern sind besonders gefährdet, wie eine neuere Studie von MSF zeigt. Auch der fehlende Zugang zu Gesundheitseinrichtungen ist ein Risikofaktor, der sich direkt auf die Wahrscheinlichkeit, dass die Krankheit rechtzeitig erkannt wird, auswirkt. Ein weiteres Hindernis in der Bekämpfung der Krankheit ist das fehlende Wissen der Bevölkerung über Ursachen und Symptome, da so die Prävention und die frühzeitige Erkennung erschwert werden.
Bilya, dessen Gesicht stark entstellt ist, leidet seit seiner frühesten Kindheit unter der Stigmatisierung. Deshalb ist er ins Noma-Spital in Sokoto gekommen. Ein internationales Team von Chirurgen, Anästhesisten und Pflegefachpersonen führt hier viermal im Jahr rekonstruktive chirurgische Eingriffe für Noma-Überlebende durch. Das Spital, das MSF in Partnerschaft mit dem nigerianischen Gesundheitsministerium führt, betreibt auch Aufklärungsarbeit und Gesundheitsförderung, macht neue Fälle ausfindig und bietet psychologische Unterstützung an.
Wenn du Noma hattest, kann es sein, dass dich sogar dein eigener Bruder ausgrenzt
Hadiza ist 40 Jahre alt und erkrankte wie Bilya in ihrer Kindheit an Noma. Die Hoffnung auf einen chirurgischen Eingriff, der ihr Gesicht und ihre Würde wiederherstellt, begleitete sie ihr ganzes Leben. Im Noma-Spital in Sokoto hat sie andere Menschen kennengelernt, die ebenfalls an den Folgen dieser Krankheit leiden, und erhält endlich die nötige Behandlung.
Mehr Informationen: https://noma.msf.org/
© Claire Jeantet - Fabrice Caterini/INEDIZ