Strom marsch! Vier Gründe, warum die Teams von Ärzte ohne Grenzen in Nigeria auf Solarenergie setzen
© Michel Godonou / MSF
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Seit 2022 arbeitet Ärzte ohne Grenzen im Bundesstaat Bauchi und unterstützt das Pediatrische Spital Kaffin Madaki bei der Behandlung von Kindern mit Unterernährung und Krankheiten wie Malaria. Doch die unzuverlässige Stromversorgung war ein groses Hindernis. Um dieses Problem zu beheben, haben wir vor kurzem ein Solarsystem installiert, das eine konsistentere Gesundheitsversorgung gewährleistet und gleichzeitig unser Ziel unterstützt, unseren CO2-Fußabdruck in den zunehmend vom Klimawandel betroffenen Regionen zu verringern.
1. Der Klimawandel setzt den Menschen stark zu
«Dieses Jahr hatten wir wegen heftiger Regenfälle mit Überschwemmungen zu kämpfen. Davor litten wir unter einer monatelangen Trockenperiode, die von Jahr zu Jahr schlimmer zu werden scheint und zu Ernteausfällen führt. Unsere Familie leidet immer wieder unter Nahrungsmittelknappheit. Und nun musste ich meinen zweijährigen Sohn, Abubakar Adamu, ins Spital bringen», sagt Aishahtu, die aus einem kleinen Dorf im Bundesstaat Bauchi im Norden Nigerias stammt.
So wie Aishahtu geht es vielen Menschen in Nordnigeria, wo der Klimawandel zu mehr Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung führt. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen beobachten derzeit eine alarmierende Zunahme von Mangelernährung. Die Zahl der Kinder, die in Bauchi in Ernährungszentren stationär versorgt werden muss, hat sich seit 2023 mehr als verdoppelt.
Von diesen schwer mangelernährten Kindern leiden zudem 76 Prozent unter Malaria. Wärmere Temperaturen und sich verändernde Niederschlagsmuster begünstigen die Ausbreitung von malariaübertragenden Mücken. «Die Klimaveränderung und die daraus resultierenden längeren Hitze- und Trockenperioden haben schwerwiegende Folgen für die Gesundheit unserer Patient:innen», sagt Dr. Gezibwa Ahadi, unser Medizinischer Leiter des Projekts in Bauchi.
Es sind vor allem die Kleinsten, die leiden, und immer häufiger kommt es in Bauchi zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Es führt kein Weg an einer Senkung der CO2-Emissionen vorbei!
2. Instabile Stromversorgung
Im Kinderspital Kafin Madaki in Ganjuwa (Bauchi) unterstützt unser Team das Gesundheitspersonal bei der Versorgung schwer kranker Kinder. Für die Behandlung vieler schwerkranker Patient:innen ist man auf empfindliche medizinische Geräte wie Sauerstoffkonzentratoren angewiesen. Eine stabile Stromversorgung ist daher unabdingbar.
Das Stromnetz in Ganjuwa ist jedoch instabil, und es kommt immer wieder zu Stromausfällen. Seit der Aufnahme seiner Tätigkeit im Spital im Jahr 2022 hat unser Team daher abwechselnd während jeweils 18 Stunden am Tag zwei Dieselgeneratoren betrieben.
Nun hat Ärzte ohne Grenzen eine Solaranlage für das Spital entwickelt und installiert. Diese besteht aus 96 Solarpanels, die zum Teil aus recycelten Materialien hergestellt wurden. Die Umstellung auf Solarenergie verringert die Abhängigkeit des Spitals von Generatoren, die bis anhin täglich 200 Liter Diesel verbrauchten, beträchtlich.
3. Bessere Versorgung der Patient:innen
Die Solaranlage sollte 75 Prozent des Strombedarfs decken. Doch mittlerweile deckt sie den gesamten Bedarf, und die Generatoren kommen nur noch selten als Überbrückung zum Einsatz.
«Dank der Installation von Solarpanels ist die Stromversorgung des Spitals deutlich stabiler geworden. Für die Behandlung von mangelernährten Kindern auf der Notfallstation, wo es oft um Leben und Tod geht, ist dies unerlässlich», so Dr. Ahadi.
Es gibt aber noch weitere Vorteile. Zuvor verbrauchte das Spital jeden Monat 5500 bis 6000 Liter Diesel. «Dank der erneuerbaren Solarenergie dürften unsere CO2-Emissionen um 160 Tonnen pro Jahr sinken», sagt Joshua Halem Iorfa, unser Energiespezialist in Nigeria. Die Solaranlage im Kinderspital führt nicht nur zu einem besseren CO2-Fussabdruck, sondern auch zu tieferen Betriebskosten. Dadurch stehen mehr Mittel für die Verbesserung der medizinischen Versorgung zur Verfügung.
4. Das globale Engagement von Ärzte ohne Grenzen
Dieses Projekt in Bauchi ist Teil der weitreichenden Bemühungen von Ärzte ohne Grenzen, sich weltweit – nicht nur in Nigeria – stärker für den Umweltschutz einzusetzen.
Wir haben uns verpflichtet, unsere globalen Kohlenstoffemissionen bis 2030 um 50 Prozent gegenüber 2019 zu reduzieren. Als medizinische Nothilfeorganisation mit Projekten in über siebzig Ländern ist das kein leichtes Unterfangen. Doch es werden bereits konkrete Massnahmen umgesetzt, damit wir dieses Ziel erreichen.
So haben die Teams in dem von uns unterstützten Spital in Zurmi, im Bundesstaat Zamfara (Nigeria), 436 Solarpanels fast fertig installiert. Und das ebenfalls von uns unterstützte Spital Nilefa Kiji in Maiduguri wird bereits seit Dezember 2023 mit Solarstrom betrieben. Weitere Projekte in anderen Spitälern auf der ganzen Welt werden aktuell umgesetzt oder sind in Planung.
In fast all unseren Einsatzgebieten spüren die Menschen die Auswirkungen des Klimawandels. Wenn wir dieser Entwicklung nicht entschieden entgegenwirken, werden sich die Gesundheitskrisen und humanitären Notlagen weiter verschlimmern.
Das Team in Bauchi hat gezeigt, dass eine ökologischere Gesundheitsversorgung nicht nur möglich ist, sondern sich auch positiv auf die Gesundheit der Menschen auswirkt – eine Win-Win-Situation für Mensch und Umwelt.
© Michel Godonou / MSF