Philippinen: Flutopfer erzählen
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Evakuierungszentrum in Pasig – Manila, Sonntag, 4. Oktober 2009
Marco arbeitet in einem Supermarkt im Zentrum von Manila. Er hat in Pasig gelebt, in der Nähe des Flusses. Marco ist verheiratet und hat drei Kinder. Seit einer Woche lebt er nun mit seiner fünfköpfigen Familie in dem Evakuierungszentrum von Pasig, einer lokalen Schule. Wie Hunderttausende aus Manila und Umgebung wurde auch er durch die Überschwemmungen vertrieben. Die ganze Familie sieht müde und verängstigt aus. Sie sitzt auf Kartonstücken. Marco redet leise, seine Augen sind aufgrund von Schlafmangel gerötet.
„Am Samstag, als das Wasser zu steigen begann, war ich wie immer im Supermarkt, in dem ich arbeite. Ich bekam eine SMS von meiner Frau: „Schnell, komm nach Hause, das Wasser steigt.“ Ich fragte meinen Chef, ob ich heimgehen durfte und lief zum nächsten Zug. Unglücklicherweise waren die Züge wegen der Überschwemmungen aber bereits blockiert. In der Stadt stand schon überall Wasser. Ich konnte nicht nach Hause. Ich hatte schreckliche Angst. Nach ein paar Stunden rief meine Frau mich an und sagte: „Ich bin im zweiten Stock und das Wasser steht mir bis zu den Hüften! Bitte komm!“. Aber ich konnte nichts tun.
Ich verbrachte die ganze Nacht im Freien, und erst am Sonntagmorgen schaffte ich es, hierher nach Pasig zu kommen, wo ich auf zwei meiner Kinder traf. Meine Frau und mein vier Monate altes Baby waren immer noch im Haus – mit so einem kleinen Kind konnte sie nicht hinaus. Ich bin dann zu ihnen, um sie zu retten. Der Wasserstand begann langsam zurückzugehen.
Wir haben Nahrungsmittel, Kleider und den Hygiene-Kit von MSF bekommen, aber wir leben immer noch hier in diesem Korridor. Es ist laut und windig… kein Platz für eine Familie…
Wir sind nun seit einer Woche hier und möchten am Montag zu unserem Haus zurück, selbst wenn es noch voller Schlamm und Müll ist. Wir haben Glück, dass wir unser aus überhaupt noch haben. Unsere Nachbarin hat alles verloren“.
Marcos Nachbarin Amy sitzt neben der Familie. Sie wirkt müde und nervös, und während sie spricht, füllen sich ihre Augen mit Tränen.
„Es war furchtbar, als das Wasser kam. Es ging so schnell, dass manche Menschen in ihrem Haus gefangen waren und nicht raus konnten. Man hörte sie nach Hilfe rufen. Manche mussten das Dach ihres Hauses durchbrechen, um zu flüchten… Es war schrecklich…
Ich habe alles verloren. Mein Haus wurde durch die Überschwemmung einfach weggespült. Ich konnte nichts mitnehmen, als ich weglief, außer den Kleidern, die ich trug. Ich habe nichts mehr und auch kein Geld. Ich habe als Kellnerin gearbeitet und zwei US-Dollar am Tag verdient. Ich könnte in mein Dorf zurück, das ich vor zwei Jahren verlassen habe. Das könnte ich versuchen. Ich weiss nicht, was ich tun soll. Ich habe alles verloren.“