Sinjar, Irak: Wiedereröffnung des Allgemeinspitals in Sinuni
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MSF hat in Zusammenarbeit mit der irakischen Gesundheitsbehörde die Tätigkeit im Allgemeinspital von Sinuni im Distrikt Sinjar aufgenommen. Die Vertriebenen, vorwiegend Jesiden, die allmählich in die Region zurückkehren, sollen so Zugang zu dringend benötigten Spitalbehandlungen erhalten.
Seit der Eroberung der Region 2014 durch den Islamischen Staat (IS) und der darauffolgenden militärischen Offensive zur Rückeroberung des Gebiets ist der Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung für die Einwohner des Distrikts Sinjar extrem schwierig geworden. Es hatte sich gezeigt, dass in Sinuni, der am dichtesten bevölkerten Stadt des Distrikts, viele Leistungen wie Rettungsdienste, Geburtskliniken und pädiatrische Stationen nicht mehr funktionsfähig waren.
«Seit Ende 2015 und der Vertreibung des Islamischen Staates (IS) kehrt ein bedeutender Teil der vertriebenen Bevölkerung allmählich in ihre Heimat am Fusse des Berges Sinjar zurück. Die hauptsächlich jesidischen Rückkehrer haben grosses Leid erfahren und sind oft von psychischen Beschwerden betroffen», berichtet Marius Martinelli, der für Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) als Projektleiter tätig war.
Der Zugang zu medizinischer Versorgung war bis anhin sehr limitiert oder erschwert. Es war beeindruckend mitzuerleben, wie wir nach der Rehabilitierung eines Spitals gleich vom ersten Tag an regelrecht von Patienten überrannt wurden. Im ersten Monat hatten wir 900 Konsultationen in der Notaufnahme.
Seit Juli 2018 unterstützt MSF das Allgemeinspital in Sinuni. Die Organisation sanierte die Notaufnahme und leitet diese nun; ausserdem betreibt sie die einzige Geburtsklinik mit Operationssaal in der Region sowie einen Rettungsdienst für Überweisungen in andere Einrichtungen. «Die Zahl der Patientinnen in der Geburtsklinik steigt seit der Eröffnung stetig. Derzeit werden in unserer Einrichtung wöchentlich ungefähr 25 Entbindungen durchgeführt», berichtet die medizinische Leiterin Priscillah Gitahi.
Besonders berührt hat mich die grosse Dankbarkeit, die uns die Bevölkerung für die angebotene medizinische Versorgung entgegenbrachte.
MSF-Teams berichten ausserdem, dass sich viele Jesiden in diesem Teil des Irak aufgrund der erlebten Gewalt nur ungern in weit entfernte Einrichtungen in Städten wie Mossul oder Tal Afar überweisen lassen.
Grosser Bedarf nach psychologischer Betreuung
Bis Ende 2018 wird MSF in Sinuni auch Angebote für die psychische Gesundheit einführen, denn die Nachfrage nach traumabezogener psychologischer Beratung sowie nach psychiatrischer und pharmakologischer Behandlung ist gross.
Die Menschen kehren trotz dem Ende der militärischen Offensive im November 2015 nur langsam in den Distrikt Sinjar zurück. Die Einwohnerzahl des Distrikts beträgt ungefähr 100’000, die Mehrheit von ihnen Jesiden, während vor dem Konflikt die multiethnische Bevölkerung ungefähr 400’000 Personen zählte.
Die nur zögerliche Rückkehr in den Distrikt Sinjar hat mehrere Gründe. Dazu gehören die weitläufige Zerstörung von Infrastruktur und Wohnhäusern, insbesondere südlich des Höhenzugs Dschabal Sinjar, und der stark eingeschränkte Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen.
Die Arbeit von MSF im Irak:
MSF ist seit 1991 im Irak tätig. Mithilfe von über 1500 Mitarbeitenden bietet MSF eine kostenlose und hochwertige Gesundheitsversorgung für alle Menschen ungeachtet ihrer Ethnie, Religion, politischen Zugehörigkeit oder ihres Geschlechts.
MSF bietet primäre und sekundäre Gesundheitsversorgung. Dazu gehören prä- und postnatale Versorgung, die Behandlung von chronischen Krankheiten, Operationen und Rehabilitation für Kriegsverletzte, psychologische Betreuung und Gesundheitsaufklärung. MSF arbeitet derzeit in den Gouvernements Erbil, Diyala, Ninawa, Kirkuk, Al-Anbar sowie in Bagdad.
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