Zeugenberichterstattung eines Patienten
© Alexander Glyadyelov
3 Min.
Mein Name ist Nikiwe Mahlaba. Ich bin 30 Jahre alt und lebe in Thunzini, in dem von Häuptling Tsekwane regierten Distrikt Shiselweni im Königreich Swasiland. Ich bin alleinerziehend und habe zwei Kinder. Mit ihnen und meiner übrigen Familie lebe ich in einem Haus mit zwei Räumen.
Zusammen mit meinen beiden Brüdern und meiner Mutter sind wir sechs Personen. Meine Mutter sorgt für unser Einkommen, denn sie unterstützt uns mit ihrer Rente. Für drei Monate bekommt sie 600 Lilangeni (54Euro).
Zum ersten Mal hatte ich Tbc im Jahr 2002. Ich hustete stark und schwitzte nachts. Ich verlor an Gewicht und fühlte mich einen ganzen Monat lang sehr schwach. Als ich die Klinik in Lavumisa aufsuchte, gab man mir ein Medikament gegen Erkältung, das allerdings keinerlei Besserung brachte.
Dann ging ich zum Röntgen in das Spital in Matsanjeni. Dort wurde festgestellt, dass ich Tbc hatte. Im Februar jenes Jahres begann ich mit der Behandlung. Ganze sechs Monate lang musste ich ein Medikament einnehmen, bis ich endlich geheilt war.
2006 hatte ich einen Rückfall. Als Erstrang-Behandlung gab man mir zwei Monate lang Streptomycin-Spritzen. Ein ganzes Jahr lang nahm ich Tabletten. Diese Behandlung machte ich im Tbc-Zentrum in Manzini. Während der gesamten Behandlungsdauer konnte ich nicht arbeiten. Erst im Juli 2007 kam ich wieder zurück.
Letztes Jahr im August musste ich wegen unentwegtem Husten wieder aufhören zu arbeiten. Ich dachte, ich sei erkältet, und hoffte, der Husten ginge vorbei. Aber er hörte nicht auf. In einer Klinik nach der andern suchte ich Hilfe. Es ging mir immer schlechter.
Nicht mehr arbeiten zu können, war ein harter Schlag für mich. Ein Auskommen zu finden ist nicht leicht, und ich muss doch für meine Kinder sorgen. Ich fühle mich erbärmlich, von meiner alten Mutter abhängig zu sein. Sie ernährt mich und meine Kinder. Sie war die ganze Zeit mein Rückhalt.
Dieses Jahr im Januar ging ich in die Ambulanz des Spitals in Matsanjeni. Man überwies mich in die Tbc-Abteilung, wo ich geröntgt wurde. Die Krankenschwester gab mir zwei Flaschen mit, in die ich hineinhusten und die ich am nächsten Morgen zurückbringen sollte. Die Proben sollten ins Labor geschickt werden, wo eine Bakterienkultur angelegt wurde. Als ich die Flaschen am Morgen darauf zurückbrachte, gab man mir eine weitere Flasche zum Hineinhusten, zur Untersuchung des Auswurfs. Die Ergebnisse lagen nachmittags vor: ich hatte Tbc.
Auf die Ergebnisse der Kultur auf dem DST-Nährboden musste ich noch warten. So etwas dauere etwa zwei Monate, hiess es. Im April kamen dann die Ergebnisse. Man sagte mir ich hätte resistente Tbc. Derzeit werde ich mit Zweitrang-, auch Reserve-Medikamente genannten Medikamenten, behandelt: Kanamycin-Injektionen und Medikamente zum Einnehmen (Pyrazinamid und Ethambutol).
Die Kanamycin-Spritzen soll ich neun Monate lang bekommen. Bisher habe ich erst vier Monate hinter mir, aber die Schmerzen sind schon jetzt unerträglich. Ich wünschte, es gäbe Tabletten als Ersatz für diese schmerzhaften Spritzen. Ich sehe, dass andere Patienten, die auch diese Injektionen bekommen, von den Nebenwirkungen taub werden. Dann habe ich grosse Angst. Was wird wohl auf die Dauer mit mir geschehen?
Es ist ein schreckliches Dilemma: Diese Tbc-Behandlung hat Nebenwirkungen, das stimmt. Aber was ist besser, von der Behandlung taub werden oder gar nicht behandelt werden und sterben? Bestimmt würden die meisten Menschen lieber leben wollen.
Die Leute haben Angst vor mir. Sie reden nicht mit mir wegen meiner arzneimittelresistenten Tbc. Das ist schrecklich für mich, und ich fühle mich sehr einsam. Zum Beispiel ging in Lavumisa, wo Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) eine 1-Zimmer-Wohnung für mich gemietet hat, einer der Mieter zur Vermieterin und sagte ihr, ich hätte eine gefährliche Tbc, die unheilbar ist. Man müsse deswegen etwas unternehmen. Er sprach auch mit den anderen Mietern. Diese fingen an, mir aus dem Weg zu gehen. Ich fühlte mich wie Dreck.
Es ist extrem wichtig, seinen HIV-Status prüfen zu lassen, wenn man Tbc hat, denn beides kommt oft gemeinsam vor.
Tbc ist heilbar, wenn man sich Spritzen geben lässt und Tabletten nimmt. Man darf die Behandlung nicht abbrechen, bevor der Arzt das sagt. Ich habe einige Tbc-Patienten gesehen, die, alle Hoffnung verloren hatten, als sie ihre Tbc-Behandlung begannen. Sie glaubten, sterben zu müssen. Manche kamen im Rollstuhl, aber heute hat sich ihre Gesundheit stark verbessert.
© Alexander Glyadyelov