Äthiopien: MSF fordert Ermittlungen nach Ermordung von Mitarbeitenden in Tigray
© Igor Barbero/MSF
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Nach der brutalen Ermordung von drei Mitarbeitenden von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) in der äthiopischen Region Tigray fordert die Organisation die unverzügliche Aufnahme von Ermittlungen und die Respektierung des Schutzes von humanitärem Personal. Als Reaktion auf den Mord an ihren Mitarbeitenden schliesst Ärzte ohne Grenzen die Projekte in Abi Adi, Adigrat und Axum, im Zentrum und Osten von Tigray. MSF-Teams in anderen Teilen der Region werden weiterhin Menschen in akuter Not unterstützen.
«Auch fast zwei Wochen nach der Ermordung unserer Kollegin und unserer Kollegen hat niemand die Verantwortung für die Tat übernommen und die Umstände ihres Todes bleiben unklar», sagt Teresa Sancristoval, Projektleiterin von Ärzte ohne Grenzen. «Deshalb fordern wir eine sofortige Untersuchung von den zuständigen Stellen, um die Fakten des Vorfalls, der zu ihrem Tod führte, zu klären und uns einen detaillierten Bericht über die Geschehnisse und die Verantwortlichen zu liefern. Unterdessen haben wir die äusserst schmerzhafte, aber notwendige Entscheidung getroffen, unsere Aktivitäten in mehreren Gebieten von Tigray auszusetzen.»
Die drei getöteten Teammitglieder trugen MSF-Kleidung, die sie als Mitarbeitende der Organisation auswies, und waren in einem deutlich gekennzeichneten Fahrzeug unterwegs. Sie waren seit Februar 2021 in dem Gebiet tätig, in dem sie ausschliesslich medizinische und humanitäre Hilfe leisteten, in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht und im Dialog und Einvernehmen mit allen beteiligten Parteien. «Die Ermordung von María, Tedros und Yohannes ist ein tragisches Beispiel für die völlige Missachtung von Menschenleben, die unsere Teams in diesem Konflikt erlebt haben», sagt Sancristoval. «Das Ausmass der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung und die Gräueltaten, die in Tigray begangen werden, sind absolut schockierend.»
Seit Beginn des Konflikts in Tigray im November 2020 wurden Mitarbeitende von Hilfsorganisationen direkt angegriffen, Gesundheitseinrichtungen und Krankenwagen geplündert, zerstört oder für militärische Zwecke missbraucht. Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen wurden bedroht und geschlagen und waren Zeugen von bewaffneten Übergriffen auf Gesundheitseinrichtungen, die von MSF-Teams unterstützt wurden. Hilfsorganisationen, darunter auch Ärzte ohne Grenzen, wurden wiederholt bei öffentlichen Äusserungen diffamiert und ihre Aktivitäten ungerechtfertigter Weise in Verdacht gebracht. Das hat die Sicherheit der Teams vor Ort gefährdet.
«Wenn Ärzte ohne Grenzen und andere Hilfsorganisationen weiterhin in Tigray und dem Rest Äthiopiens arbeiten sollen, müssen alle Konfliktparteien dafür sorgen, dass sie in Sicherheit arbeiten können», sagt Sancristoval. Sie fügt hinzu: «Die Konfliktparteien müssen die Verantwortung dafür übernehmen, dass ein Vorfall wie die Ermordung unserer Kolleginnen und Kollegen nie wieder passiert. Humanitäre Organisationen müssen die Möglichkeit haben, unabhängig und unparteiisch Hilfe zu leisten.»
Weiter betont die Projektleiterin von Ärzte ohne Grenzen, dass sie eine Lücke hinterlassen werden: «Wir wissen, dass zahllose Patient*innen unversorgt bleiben und einige sterben werden. Wir wissen, dass die Belastung für das Wenige, was vom Gesundheitssystem übriggeblieben ist, erdrückend sein wird. Unseren Teams muss es erlaubt sein, humanitäre Hilfe für die Menschen in den von der Krise betroffenen Gebieten zu leisten.»
© Igor Barbero/MSF