Syrien: Willkürliche Angriffe auf Zivilisten in Idlib

Ein Kind kehrt mit den von MSF verteilten Decken zum Zelt zurück. Camp in Nordwestsyrien, Januar 2020

Syrien3 Min.

Willkürliche Angriffe auf Wohngebiete in der Provinz Idlib haben am vergangenen Dienstag zahlreiche Opfer gefordert. In drei von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Krankenhäusern berichteten Mediziner von 18 Toten, die zu ihnen gebracht wurden, sowie 185 Verletzten.

«Dieser willkürliche Beschuss mit Bomben und Granaten am Dienstag kann praktisch nur von der syrischen Regierung und ihren Verbündeten ausgegangen sein», sagt Meinie Nicolai, Geschäftsführerin des Einsatzzentrums von Ärzte ohne Grenzen in Brüssel. «Wir wissen nicht, wie wir erreichen können, dass sie diese wahllosen Angriffe stoppen. Wir wissen nicht, wie wir erreichen können, dass sie humanitäres Völkerrecht einhalten. Wir haben von den Kriegsparteien in Syrien und ihren Verbündeten schon etliche Male gefordert, die Verstösse gegen humanitäres Völkerrecht einzustellen, auch vor dem UN-Sicherheitsrat.

Angriff auf Schulen und Kindergärten

Am Nachmittag und Abend des 25. Februar fielen Bomben und Granaten auf Gebiete in und um die Städte Idlib und Maarat Misrin, in denen sich sehr viele Vertriebene aufhielten. Mindestens zwei Schulen und zwei Kindergärten, die geflohene Familien beherbergten, wurden getroffen.

Mindestens zwei Schulen und zwei Kindergärten, die geflohene Familien beherbergten, wurden getroffen.

Drei von Ärzte ohne Grenzen unterstützte Krankenhäuser in der Gegend versuchten, mit dem außergewöhnlich hohen Zustrom an Verletzten klarzukommen. Einer der Chirurgen im «Idlib Surgical Hospital» berichtete dem Team von Ärzte ohne Grenzen: «Einige der Verletzten hatten abgetrennte Gliedmassen, es gab neurologische und viele andere Verletzungen. Es war eine dramatische Situation in der Stadt. Dazu das Geräusch von Bombeneinschlägen und Sirenen, die Menschen hatten Panikattacken. Es war ein schrecklicher, blutiger Tag.»

Zwei der Krankenhäuser – «Idlib Central» und Maarat Misrin – schickten erste Auszüge aus den Patientenregistern. Darin sind 66 Patienten mit schweren oder lebensbedrohlichen Verletzungen aufgeführt, die grössere chirurgische Eingriffe erforderten. Mindestens 14 der schwerverletzten Patienten waren Kinder.

Zudem wurde auch die direkte Umgebung von beiden Krankenhäusern beschossen. Geschosse schlugen weniger als 100 Meter entfernt ein. Vier Mediziner des Krankenhauses «Idlib Central» erlitten durch die Explosionen leichte Verletzungen.

«Wie viele Mütter müssen ihr Baby im Arm halten, während überall Bomben fallen? Wie viele Väter müssen ihre Kinder beruhigen und sie zum Lachen bringen, während überall Feuer ausbricht?», fragt Cristian Reynders, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen für Nordwestsyrien.

Die Menschen in Idlib hoffen nur noch, am Leben zu bleiben. Ihre Hoffnungen werden von Minute zu Minute, von Tag zu Tag geringer.

Cristian Reynders, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Nordwestsyrien

Ärzte ohne Grenzen hat in den vergangenen Wochen medizinische Notfallversorgung an die drei Krankenhäuser geliefert. Eine der Einrichtungen unterstützt Ärzte ohne Grenzen bereits seit einem Jahr. Ärzte ohne Grenzen hat keine eigenen Mitarbeiter in diesen Krankenhäusern.

Im Nordwesten Syriens betreibt Ärzte ohne Grenzen eine Spezialklinik für Opfer von Verbrennungen. Mobile Kliniken der Organisation bieten allgemeine medizinische Hilfe und Gesundheitsversorgung für Mütter an. Die Teams verteilen Hilfsgüter an Vertriebene und verbessern die Versorgung mit Wasser, Toiletten und Waschgelegenheiten. Sie unterstützen mehrere Krankenhäuser und zwei Impfzentren in der Umgebung von Idlib und Aleppo und haben Co-Management-Partnerschaften mit drei Krankenhäusern. Auch im Nordosten Syriens leistet Ärzte ohne Grenzen in den Provinzen Rakka, Al Hasaka und Aleppo medizinische Hilfe. 

Wir verlangen mit äusserster Dringlichkeit, dass die Regeln des Krieges endlich eingehalten werden. ZivilistInnen und zivile Infrastruktur müssen geschützt werden. Dieser Appell richtet sich an die syrische Regierung und ihre Unterstützer, inklusive ihres wichtigsten militärischen Verbündeten Russland, ebenso wie an die oppositionellen Gruppen und die Türkei.

Meinie Nicolai, Geschäftsführerin des Einsatzzentrums von Ärzte ohne Grenzen in Brüssel