Unsere Werte

Malawi, 2019.

Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) ist eine private Organisation mit internationaler Ausrichtung. Die Organisation besteht aus Ärztinnen, Ärzten und Pflegefachkräften, aber auch Vertreter zahlreicher anderer Berufsgruppen wie Logistiker:innen, Administrator:innen, Finanz- und Personalverantwortliche oder Supply Chain Manager sind in den Einsätzen tätig. Alle verpflichten sich ehrenwörtlich den Prinzipien der Organisation.

Die MSF-Charta

MSF hilft Menschen in Not, Betroffenen von natürlich verursachten oder von Menschen geschaffenen Katastrophen sowie von bewaffneten Konflikten, ohne Diskriminierung und ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, religiösen, philosophischen oder politischen Überzeugung.

Im Namen der universellen medizinischen Ethik und des Rechts auf humanitäre Hilfe arbeitet MSF neutral und unparteiisch und fordert völlige und ungehinderte Freiheit bei der Ausübung ihrer Tätigkeit.

Die Mitarbeitenden von MSF verpflichten sich, die ethischen Grundsätze ihres Berufsstandes zu respektieren und völlige Unabhängigkeit von jeglicher politischen, wirtschaftlichen oder religiösen Macht zu bewahren.

Als Freiwillige sind sich die Mitarbeitenden von MSF der Risiken und Gefahren ihrer Einsätze bewusst und haben nicht das Recht, für sich und ihre Angehörigen Entschädigungen zu verlangen, ausser denjenigen, die MSF zu leisten imstande ist.

Die zehn Prinzipien von MSF

 

  1. Die Arbeit von MSF ist vor allem medizinischer Natur und umfasst hauptsächlich Hilfsmassnahmen für notleidende Menschen, ungeachtet dessen, in welchem Land sie sich befinden. Denn in zahlreichen Regionen auf der ganzen Welt ist das Gesundheitssystem nicht funktionsfähig, sei dies wegen Krieg, Natur- oder von Menschen verursachten Katastrophen oder ganz einfach wegen fehlender finanzieller oder logistischer Mittel.

    Eines der Hauptziele von MSF ist es deshalb sicherzustellen, dass alle Zugang zu medizinischer Grundversorgung haben. Die medizinischen Tätigkeiten umfassen aber mehr als die Grundversorgung.

    Bei einer akuten Krise braucht es manchmal neben der medizinischen Arbeit weitere Hilfsmassnahmen in Bereichen wie Wasserversorgung, Nahrungsverteilung, Bau von Unterkünften oder sanitäre Anlagen.

    Diese Arbeit konzentriert sich auf Krisensituationen, in denen ein früher existierendes soziales Gleichgewicht nicht mehr besteht und auf Situationen, in denen Menschenleben bedroht sind.

    Der medizinische Tätigkeitsbereich umfasst vorwiegend Chirurgie, Impfungen und die Behandlung von bestimmten Krankheiten, die gravierende Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben. Dazu gehört zum Beispiel die Tuberkulose, insbesondere deren multiresistente Formen.

    Dank bedeutender technischer Mittel, der grossen Erfahrung und ständiger Präsenz vor Ort spielt MSF heute in Forschung und Entwicklung eine wichtige Rolle.

    Um auch nach der Überwindung von Krisensituationen medizinische Qualitätsarbeit zu gewährleisten, hat MSF sich zusätzlich in Bereichen wie der Sanierung und dem Aufbau von Gesundheitseinrichtungen, der medizinischen Ausbildung und der Gesundheitsförderung spezialisiert.

  2. MSF hat seit Gründung der Organisation stets Handlungsfreiheit und Meinungsfreiheit miteinander verbunden.

    MSF möchte die Lebensbedingungen der Menschen weltweit verbessern und hält sich somit stets das Recht vor, für all diejenigen zu sprechen, die dies nicht können oder denen kein Gehör geschenkt wird. Zudem verurteilt die Organisation öffentlich Menschenrechtsverletzungen, wenn ihre Mitarbeitenden unmittelbar Zeugen davon werden.

    Die Organisation sieht die öffentliche Stellungnahme, die seit den 1970er Jahren ein wichtiges Instrument darstellt, als moralische Verantwortung. Neben den grossen Informationskampagnen kann die Berichterstattung auch diskretere, aber genauso effiziente Formen annehmen – wie z.B. die Lobbyarbeit, die direkt auf die Entscheidungsträger auf höchstem Niveau abzielt.

    Die Effizienz und das schnelle Handeln von MSF sowie die Präsenz der internationalen Freiwilligen der Organisation vor Ort haben dazu beigetragen, dass die Organisation zum bevorzugten Ansprechpartner für zahlreiche Regierungen und internationale Instanzen geworden ist, wie z.B. für das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung (IKRK).

    Der direkte Kontakt der Freiwilligen mit den Menschen in Not umfasst auch Nähe und Zuhören. Die Organisation sieht es als ihre Pflicht an, die Öffentlichkeit auf Krisen aufmerksam zu machen, die Menschenleben bedrohen.

    Wenn die Freiwilligen von MSF Zeugen von schweren Menschenrechtsverletzungen werden, wie die gewaltsame Umsiedlung von Bevölkerungsgruppen, die Vertreibung von Flüchtlingen, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschheit oder Kriegsverbrechen, so kann MSF von der Möglichkeit Gebrauch machen, diese Verstösse gegen internationale Abkommen öffentlich zu kritisieren und bekanntzumachen.

    In Ausnahmefällen können sich die Freiwilligen von MSF im Interesse der Opfer dazu entscheiden, die Öffentlichkeit nicht zu informieren oder aber auch zu berichten, ohne vor Ort zu helfen, wenn zum Beispiel die humanitäre Hilfe missbraucht und gegen die Bedürftigen eingesetzt wird.

  3. Der Einsatz von MSF wird unter Achtung der medizinischen Ethik durchgeführt. Dies schliesst insbesondere die Pflicht ein, durch die Behandlung niemandem zu schaden (weder einer Einzelperson noch einer Gruppe) und human, unparteiisch und unter Wahrung des Arztgeheimnisses jeder Person in Not zu helfen.

    Die Berufspflicht und der medizinische Einsatz werden auch vom humanitären Völkerrecht geschützt, das vorsieht, dass niemand für die Ausübung einer medizinischen Tätigkeit unter Beachtung der Berufsregeln bestraft werden kann, egal zu wessen Gunsten und unter welchen Umständen die Hilfeleistung erbracht wurde.

    Es hält auch fest, dass Personen, die medizinische Arbeit leisten, nicht gezwungen werden dürfen, gegen ihre Berufspflicht zu handeln.

  4. MSF vertritt die Grundsätze der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts. Unter anderem beinhalten diese:

    - Die Pflicht, die Grundfreiheiten jedes einzelnen zu achten, einschliesslich des Rechts auf körperliche und geistige Unversehrtheit, sowie die Gedankenfreiheit und das Recht, sich frei zu bewegen, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 festgehalten wurde;

    - Das Recht der Bedürftigen auf Hilfe sowie das Recht der humanitären Organisationen, unter den folgenden Bedingungen Hilfe leisten zu können: unabhängige Ermittlung der Bedürfnisse, freier Zugang zu den betroffenen Menschen, Kontrolle über die Verteilung der Hilfe, Achtung der humanitären Immunität.

  5. Grundlage für die Unabhängigkeit von MSF ist die geistige Unabhängigkeit. Sie ist Vorbedingung für die Analyse- und Handelsfreiheit, das heisst, für die unabhängige Auswahl der Einsätze, ihrer Dauer und der Mittel, um sie durchzuführen.

    Diese Unabhängigkeit zeigt sich auf der Ebene der Organisation als Ganzes und bei den einzelnen Freiwilligen.

    MSF verfolgt eine Politik der strikten Unabhängigkeit gegenüber jeder Institution oder Macht, sei sie politischer, religiöser, wirtschaftlicher oder anderer Natur, und lehnt es ab, von einer Regierung als aussenpolitisches Instrument benutzt zu werden.

    Da diese Unabhängigkeit auch für die Finanzen gelten soll, bemüht sich MSF, möglichst viele private Mittel zu sammeln, eine breite Streuung der institutionellen Geldgeber zu erreichen, und behält sich vor, Finanzierungen abzulehnen, welche die Unabhängigkeit der Organisation gefährden könnten.

    Die Freiwilligen von MSF sind ihrerseits zu Zurückhaltung aufgefordert und müssen durch ihre persönliche Haltung dazu beitragen, die Unabhängigkeit von MSF zu wahren.

  6. Unparteilichkeit ist die Basis der Projekte von MSF und untrennbar mit Handlungsfreiheit verbunden. Gleichberechtigung und Verhältnismässigkeit sind die Leitprinzipien der Unparteilichkeit:

    - Gleichberechtigung in Bezug auf politische Orientierung, Herkunft, Religion, Geschlecht und weitere Kriterien;

    - angemessene Hilfe, die der Dringlichkeit der Bedürfnisse entspricht. Die Menschen, die am stärksten und am unmittelbarsten in Not sind, haben für MSF Vorrang.

  7. MSF ergreift keine Partei bei bewaffneten Konflikten und ist in diesem Sinne dem Prinzip der Neutralität verpflichtet.

    Es gibt jedoch Extremfälle, insbesondere bei schweren Menschenrechtsverletzungen, bei denen unsere Hilfe nutzlos ist und der Gang an die Öffentlichkeit das letzte Mittel ist, um den betroffenen Bevölkerungsgruppen zu helfen. Unter solchen Umständen verzichtet MSF darauf, sich an die strenge Auslegung der Neutralität zu halten und berichtet von den Ereignissen, um die öffentliche Meinung zu mobilisieren und so diesen Machtmissbräuchen Einhalt zu gebieten und damit die Situation der betroffenen Menschen zu verbessern.

  8. Für die Menschen in Not muss MSF alle zur Verfügung stehenden Mittel und Ressourcen mobilisieren.

    MSF verpflichtet sich, die Fähigkeiten und Mittel, die der Bewegung zur Verfügung gestellt werden, so gut wie möglich zu nutzen. Die Verteilung der Hilfe wird direkt überprüft und ihre Auswirkungen regelmässig analysiert.

    MSF informiert sowohl die unterstützten Bevölkerungsgruppen als auch die Spenderinnen und Spender laufend über die Projekte.

  9. MSF ist eine Organisation, die sich auf die Freiwilligenarbeit stützt. Dieser Aspekt fordert vor allem:

    - ein individuelles Engagement für die Menschen in Not. Jede/r Freiwillige muss Verantwortung übernehmen;

    - Uneigennützigkeit, die den gemeinnützigen Charakter des Engagements der Freiwilligen unterstreicht.

    Die freiwillige Mitarbeit ist ein entscheidender Faktor im Kampf gegen falsche Kompromisse, Routine und Institutionalisierung.

  10. Das Engagement des einzelnen Freiwilligen für MSF geht über den individuellen Einsatz hinaus; es schliesst auch eine aktive Beteiligung am Vereinsleben der Organisation sowie die Achtung der Charta und der Grundsätze von MSF ein.

    Innerhalb der Strukturen von MSF hat jede/r Freiwillige und Mitarbeitende ein Mitspracherecht, was den Vereinscharakter der Bewegung garantiert und ausdrückt.

    MSF ist auch darum bemüht, ständig neue Freiwillige in die Organisation zu integrieren, um so eine gewisse Spontaneität, Innovation und anhaltende kritische Beurteilung der eigenen Arbeit zu erhalten.

 


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