Geburtshilfe - ein wesentlicher Bereich unserer medizinischen Hilfe

Eine junge Frau hält zwei kleine Babies in ihren Armen.

Mutter-Kind-Gesundheit4 Min.

Neues Leben auf die Welt bringen – das ist einer der wesentlichen und oft schönsten Bereiche unserer medizinischen Hilfe. In über 25 Ländern weltweit betreiben wir spezielle Programme zur Müttergesundheit, deren Ziel die Senkung der Mütter- und Säuglingssterblichkeit ist.

Viele Frauen gebären ohne medizinische Begleitung und Unterstützung und sind damit bei Komplikationen einem lebensgefährlichen Risiko ausgesetzt. Jeden Tag sterben im Schnitt 830 Frauen an Folgen von Komplikationen im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft. 99 Prozent davon leben in Ländern des globalen Südens. Die meisten dieser Todesfälle wären vermeidbar. 

In unseren Projekten arbeiten wir mit Hebammen, traditionellen Geburtshelfer:innen und Gynäkolog:innen zusammen, um sichere Schwangerschaften und Entbindungen zu gewährleisten. Wir bieten sowohl Schwangerschaftsvor- und nachsorge, als auch Geburtshilfe und geburtshilfliche Notfallversorgung.

Eine Frau untersucht den hochschwangeren Bauch einer Patientin.

Sia Kallon prüft in Sierra Leone den Herzschlag eines ungeborenen Babys. «Hebamme zu sein und Menschen auf die Welt zu bringen, ist wunderbar», sagt sie.

© Peter Bräunig

Häufige Ursachen für Müttersterblichkeit und was wir dagegen tun

Komplikationen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt können für Mutter und Kind tödlich sein. Das sind die häufigsten Probleme:

Postpartale Hämorraghie (Nachgeburtsblutung)

Nach einer schwierigen Entbindung kann es zu einer starken Blutung, der sogenannten postpartalen Blutung, kommen. Oft wird sie durch eine Uterusatonie, also die Unfähigkeit der Gebärmutter, sich zusammenzuziehen, verursacht. Frauen können wegen falscher oder fehlender Behandlung verbluten.

Um Blutungen nach der Geburt vorzubeugen, müssen Risikofaktoren erkannt werden. Wir schulen Geburtshelfer:innen darin, Warnzeichen zu erkennen. Manchmal hilft es, prophylaktisch das Hormon Oxytocin zu verabreichen, das Wehen auslöst. Bei starken Blutungen werden die Gebärmutter massiert, um eingeschlossene Blutgerinnsel zu lösen und Patientinnen mit Infusionen behandelt.

Infektionen

Während der Schwangerschaft oder bei unhygienischen Bedingungen auch während der Entbindung kann es zu Infektionen kommen. Diese können zu Gebärmutter- und/oder Beckenentzündungen, im schlimmsten Fall sogar zum Tod der Mutter oder des Babys führen. Zu den Symptomen gehören Fieber, Schüttelfrost und Unterleibsschmerzen. 

Ein hygienisches Umfeld und der Zugang zu sauberem Wasser während der Entbindung sind essenziell. Wir betreiben Geburtskliniken, z.B. in Afghanistan, um Geburten in einer angemessenen, sicheren Umgebung zu ermöglichen.

Präeklampsie

Hoher Blutdruck und Eiweiss im Urin weisen auf eine Präeklampsie hin. Unbehandelt führt sie zur Eklampsie – eine der häufigsten Todesursachen bei Müttern. Komplikationen wie Krämpfe, Schwellungen, plötzliche Gewichtszunahme und Kopfschmerzen gefährden das Leben der Mutter.

Eingriffe bei Eklampsie müssen der Situation angepasst werden. Krampfanfälle während der Geburt können lebensgefährlich sein. Qualifiziertes Personal und Medikamente sind deshalb unerlässlich. Wir bieten in Gebieten mit schwacher Infrastruktur wie Syrien eine Notfallversorgung an, um bei Bedarf einen Kaiserschnitt durchzuführen oder Blutdruckmedikamente zu verabreichen.

Komplikationen bei der Geburt

Hat das Baby einen grossen Kopf oder liegt es in einer ungünstigen Position, kann es zu einem Wehenstau kommen. Gleiches geschieht oft bei jungen oder unterernährten Müttern, deren Geburtskanal zu schmal für das Baby ist. Wehenanomalien führen unter Umständen zu einer verlängerten Wehendauer, die mehr als 24 Stunden dauern kann. Das erhöht die Gefahr für eine postpartale Hämorrhagie.

Geschultes Personal ist unerlässlich, um zu erkennen, wann ein Eingriff nötig wird. Je nach Situation müssen intravenöse Flüssigkeiten oder Antibiotika verabreicht werden. Unsere Chirurg:innen führen in Ländern wie der Zentralafrikanischen Republik oder Pakistan Kaiserschnitte durch.

Unsichere Schwangerschaftsabbrüche

Ein Schwangerschaftsabbruch ist immer schwierig. Neben der schweren Entscheidung gibt es in vielen Ländern strenge oder restriktive Gesetze. Restriktive Gesetze oder Traditionen führen aber nicht dazu, dass weniger Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Sie resultieren lediglich in einer höheren Zahl unsicher vorgenommener Abbrüche. Weltweit sind das jedes Jahr etwa 25 Millionen. Mehr als 22 800 Frauen und Mädchen sterben an den Folgen. Rund sieben Millionen Frauen und Mädchen müssen aufgrund der Folgen eines unsachgemäss durchgeführten Abbruchs medizinisch behandelt werden.

Wir versorgen Frauen mit modernen Verhütungsmitteln und bieten sowohl medizinische Nachsorge nach unsachgemässen Abbrüchen als auch sichere Schwangerschaftsabbrüche an. Für uns sind sichere Schwangerschaftsabbrüche elementarer Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Eine Frau, die sich zu diesem Schritt entschliesst, soll nicht verurteilt werden. Sie braucht eine ausgebildete medizinische Ansprechperson, die ihr zuhört und ihre Fragen beantwortet – sie braucht eine gute medizinische Betreuung. 

Die Bereitstellung von Verhütungsmitteln trägt dazu bei, ungewollte Schwangerschaften und damit ggf. unsichere Schwangerschaftsabbrüche zu reduzieren, die für Frauen mit schlechtem Zugang zu medizinischer Versorgung gefährlich sein können.

In einem Zelt wird eine junge Frau von einer MSF Mitarbeiterin auf ihren Puls untersucht.

In unserer mobilen Klinik in Äthiopien untersucht unsere Mitarbeiterin die 20-jährige Nomadin Faadumo, die eine Stunde zur Nachgeburtsuntersuchung lief. Viele Frauen nutzen keine Nachsorgeuntersuchungen, weil Kliniken zu weit weg sind.

© Susanne Doettling/MSF