Tripolis: Internierte Flüchtlinge sind zwischen den Fronten gefangen. Sie müssen freigelassen und in Sicherheit gebracht werden
© Sara Creta/MSF
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Die Situation in Tripolis ist extrem besorgniserregend. Seit Mitte der Woche hat sich der Beschuss durch schwere Waffen und Luftangriffe in dicht bewohnten Gebieten verstärkt. Die Weltgesundheitsorganisation berichtet von mindestens 58 Toten und 275 Verwundeten. Laut der Internationalen Organisation für Migration wurden mehr als 8000 Menschen durch die Kämpfe vertrieben.
Viele Bewohner von Tripolis sind seit mehr als vier Tagen ohne Wasser und Strom. Medizinische Einrichtungen berichten über Engpässe bei Personal und medizinischem Material, was es zu einer Herausforderung macht, alle Verletzten zu versorgen. Nach Berichten wurden während der Kämpfe drei Ärzte und ein Krankenwagenfahrer im Einsatz getötet.
Situation in den Internierungslagern für Geflüchtete
Tausende Geflüchtete sind in Internierungslagern in Tripolis gefangen, die zum Teil nahe an den Frontlinien liegen. Die Menschen in diesen Lagern haben keine Chance, sich selbst in Sicherheit zu bringen. Sie sind völlig abhängig von den Behörden und humanitären Helfern, die sich um ihre grundlegendsten Bedürfnisse kümmern. Vor allem die Versorgung mit Essen und Trinkwasser ist dramatisch schlecht, einige in den Lagern berichten, seit Tagen nichts zu essen bekommen zu haben.
Die schweren Gefechte in Tripolis müssen […] die EU endlich wachrütteln: Libyen ist nicht sicher. Das ist jetzt nicht mehr zu ignorieren. Zivilisten, insbesondere Geflüchtete, sind in akuter Gefahr.
«Die schweren Gefechte in Tripolis müssen […] die EU endlich wachrütteln: Libyen ist nicht sicher. Das ist jetzt nicht mehr zu ignorieren. Zivilisten, insbesondere Geflüchtete, sind in akuter Gefahr», sagt Philipp Frisch von Ärzte ohne Grenzen Deutschland. «Unsere Teams in Tripolis beobachten, dass tausende Flüchtlinge und Migranten in Internierungslagern nahe der Kampfzone eingesperrt sind – in einem Elend, das direkt mit der Politik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten und ihrer Unterstützung für die libysche Küstenwache zusammenhängt. Eine der letzten verzweifelten Fluchtrouten ist der Weg über das Mittelmeer. Ohne Seenotrettungsschiffe ist das Leben der Menschen auf See ebenso gefährdet wie im Konfliktgebiet in Tripolis. […] Menschen vor dem Ertrinken zu retten ist ein humanitärer Imperativ und nicht verhandelbar.»
In Deutschland fordern Abgeordnete eine europäische Seenotrettung
In Deutschland haben 210 Abgeordnete des Deutschen Bundestages heute ihren Osterappell zur Flüchtlingspolitik an die Bundesregierung gerichtet. In dem Brief fordern sie eine europäische Seenotrettung, einen Verteilmechanismus für Gerettete und die Möglichkeit ihrer Aufnahme in Kommunen in Deutschland sowie Evakuierung und Resettlement von Geflüchteten aus Internierungslagern in Libyen.
Menschen vor dem Ertrinken zu retten ist ein humanitärer Imperativ und nicht verhandelbar.
«Die Bundeskanzlerin und ihr Kabinett müssen dringend für eine zügige Ausschiffung Geretteter in sichere Häfen sorgen und vor allem verhindern, dass Menschen weiterhin ins Konfliktgebiet zurückgebracht werden», sagt Philipp Frisch. «Denn genau das tut die libysche Küstenwache – befähigt und unterstützt durch Deutschland und die EU-Staaten.»
MSF sorgt für Basisversorgung in Tripolis
MSF-Teams sorgen in Tripolis für eine Basisgesundheitsversorgung für die Menschen in Internierungslagern und für vertriebene Libyer, für Nahrungsmittel und Wasser – und überweisen Kranke und Verletzte wenn nötig in medizinische Einrichtungen. Am Donnerstag waren sie für medizinische Konsultationen in dem Internierungslager Tajoura und gaben im Lager Sabaa dringend benötigte Nahrungsmittelrationen für fünf Tage aus. Die Teams stellen zudem in den Internierungslagern Medikamente gegen Tuberkulose und andere Erkrankungen bereit, damit die Behandlungen trotz des Konfliktes fortgesetzt werden können.
© Sara Creta/MSF